Die Themen diese Woche:
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Grossbritannien macht vorwärts mit den Mini-Atomreaktoren
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Teurer Solar-Unsinn am Walensee: Projektabbruch
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Wirtschaftsführer warnen vor der Klimapolitik der EU
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Bruthitze in Belém
Grossbritannien macht vorwärts mit den Mini-Atomreaktoren
Worum geht es?
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Die britische Regierung hat bekannt gegeben, dass auf der Insel Anglesey in Nordwales die ersten drei Small Modular Reactors (SMR) Grossbritanniens gebaut werden sollen. Es handelt sich um Mini-Kernkraftwerke, die zentral gefertigt und dann vor Ort zusammengesetzt werden (siehe hier).
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Die SMR sind eine grosse Zukunftshoffnung der Atombranche. Sie sollen die Erzeugung von Atomstrom schneller, günstiger und sicherer als bisher machen.
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Den Zuschlag für die drei SMR in Nordwales bekam der britische Turbinenbauer Rolls-Royce (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Autokonzern). Er hat sich in einer Ausschreibung der britischen Regierung durchgesetzt.
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Der Bau der drei SMR soll schon nächstes Jahr starten. Laut den Plänen könnten sie Mitte der 2030er-Jahre ans Netz gehen.
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Bis jetzt haben erst China und Russland SMR in Betrieb genommen. In Europa haben nebst Grossbritannien einige andere Länder Pläne mit Minireaktoren angekündigt, unter anderem Tschechien (siehe hier), Schweden (siehe hier) und Frankreich (siehe hier).
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Der britische Premierminister Keir Starmer (Labour) kündigte an, dass Grossbritannien wieder eine führende Rolle bei der Kernenergie einnehmen wolle: «Wir nutzen alle Mittel, die uns zur Verfügung stehen, bauen Bürokratie ab, ändern die Planungsgesetze und unterstützen Wachstum, um das erste SMR des Landes in Nordwales zu realisieren.»
Kommentar: Keir Starmer ist mein «Held der Woche». Mit seinem beherzten Bekenntnis zur Atomkraft zeigt er, wie zukunftsgerichtete Energiepolitik geht: Er kündigt an, bürokratische Hindernisse aus dem Weg zu schaffen und alles zu unternehmen, um einer vielversprechenden Technologie zum Durchbruch zu verhelfen. Bundesbern sollte sich Starmer zum Vorbild nehmen. Denn auch in der Schweiz ist der Bau neuer Kernkraftwerke möglich, wenn man wirklich will. Und das ist dringend nötig.
Teurer Solar-Unsinn am Walensee: Projektabbruch

Worum geht es?
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Das Solarprojekt «Felsenstrom» in einem stillgelegten Steinbruch am Walensee wird nicht realisiert. Das haben das Elektrizitätswerk des Kantons Zürich (EKZ) und die St. Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke (SAK) mitgeteilt (siehe hier).
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Geplant war, rund 22’000 Solarpanels an einer 300 Meter hohen Felswand über dem See fast senkrecht an Seilen aufzuhängen und so Strom für rund 10’000 Haushalte zu erzeugen. Kostenpunkt: 30 bis 35 Millionen Franken.
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Es ist bereits der zweite Projektabbruch nach 2017. Damals wurden die Pläne aus Kostengründen aufgegeben.
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Doch nachdem das Parlament 2022 den «Solarexpress» lanciert hatte und in Aussicht stellte, alpine Solaranlagen mit bis zu 60 Prozent der Investitionskosten zu subventionieren, witterten die Projektpartner Morgenluft und lancierten «Felsenstrom» erneut (siehe hier).
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In der Folge formierte sich Widerstand. Auf der gegenüberliegenden Seite des Walensees erhoben Anwohner Einsprachen gegen die Pläne. Sie bemängelten die Zerstörung der Landschaft in einem geschützten Gebiet. Die im Prinzip erwartbare Gegenwehr führte zu Verzögerungen beim Projekt.
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Nun beerdigen das EKZ und die SAK «Felsenstrom» endgültig. Denn es sei wegen des Widerstands kaum realistisch, die Anlage bis 2030 fertigzustellen. Das wäre aber nötig, damit die Fördergelder des Bundes fliessen.
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Zudem sei das Projekt technisch noch nicht ausgereift, sagen die Projektpartner. In der Tat gibt es weltweit keine Solaranlage, die vor einer Felswand hängt.
Kommentar: Es war längstens klar, dass es sich bei «Felsenstrom» um Solar-Unsinn handelt, der auch mit vielen Bundessubventionen nicht rentabel sein kann. So gesehen hing das Projekt von Anfang an in den Seilen. Dennoch feierten die Medien die Pläne am Walensee nach der Lancierung grossflächig ab. Man liess das Publikum glauben, es brauche nur ein paar kühne Energieprojekte, dann würden sich die Stromprobleme der Schweiz in Luft auflösen. Jetzt, wo die Pläne bereits zum zweiten Mal scheitern, taucht das in den Zeitungen aber höchstens als Randnotiz auf.
Wirtschaftsführer warnen vor der Klimapolitik der EU

Worum geht es?
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Markus Kamieth, Vorstandsvorsitzender des deutschen Chemieriesen BASF, hat das CO₂-Emissionshandelssystem der EU als «Angriff auf die industrielle Basis Europas» bezeichnet (siehe hier).
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In diesem System müssen Unternehmen für den Ausstoss von Klimagasen Zertifikate kaufen. Die Kosten sollen ein Anreiz sein, diesen Ausstoss zu verringern. 2027 will die EU den Emissionshandel auf die Bereiche Gebäude und Verkehr ausweiten.
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Unternehmen in anderen Weltgegenden wie Amerika oder Asien müssen keine entsprechenden Bürden tragen und haben darum je länger je mehr einen Konkurrenzvorteil gegenüber der europäischen Industrie.
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Laut Kamieth entstehen für BASF durch die Ausweitung des Emissionshandels ab 2027 Zusatzkosten von jährlich rund einer Milliarde Euro. Dabei steht der Konzern wegen hoher Energiepreise bereits heute unter Druck. BASF musste im dritten Quartal 2025 einen Umsatzrückgang von drei Prozent bekanntgeben und hat bereits 1400 Arbeitsstellen abgebaut.
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Die europäische Industrie werde durch eine ideologisierte CO₂-Politik finanziell ausgequetscht, sagte Markus Kamieth. Das Ergebnis der Brüsseler Politik sei Deindustrialisierung.
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Zuvor hatte bereits Christian Kullmann, Chef des Chemieunternehmens Evonik, das CO₂-Handelssystem der EU einen «wirtschaftlichen Wahnsinn» genannt.
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Selbst Gewerkschaften kritisieren die Europäische Klimapolitik. «Das Konzept fliegt so nicht», sagte Michael Vassiliadis, Chef der deutschen Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie im September zum Emissionshandel (siehe hier). «Es bringt unsere Betriebe um.»
Kommentar: In ganz Europa ächzen Industrieunternehmen immer mehr unter hohen Energiepreisen und dem Klimaschutz der EU. Doch Brüssel zieht seinen Kurs bis jetzt eisern durch. Auch der Bundesrat will die Klimaziele der Schweiz ab 2030 mit einem Emissionshandelssystem erreichen, bei dem die Zertifikate immer knapper und darum teurer werden (siehe hier). Wann hört diese wirtschaftsfeindliche Politik endlich auf?
Um zum Schluss noch dies:

Ach ja, am letzten Samstag ging die 30. Weltklimakonferenz im brasilianischen Belém zu Ende. Was das Resultat war, habe ich schon wieder vergessen (siehe hier). Von «Rumble in the Jungle» war da jedenfalls keine Spur.
Auch viele Delegierte der rund 200 teilnehmenden Länder werden der Konferenz kaum nachtrauern. Es seien alle froh, von Belém abreisen zu können, hatte der deutsche Kanzler Friedrich Merz schon vor Konferenz-Schluss verlauten lassen – was ihm gehörigen Ärger brachte (siehe hier).
Aber in der Tat waren die Arbeitsbedingungen der Verhandler an dieser Konferenz – gelinde gesagt – speziell. Die hallengrossen Zelte auf einer alten Fluglandebahn, unter denen sie arbeiten mussten, konnten dem Regen zum Teil nicht standhalten. Es tropfte überall herunter.
Meistens aber war es unter den Zelten sauheiss – was angesichts der tropischen Lage Beléms keine Überraschung war (siehe hier). Einige Tage vor Konferenz-Ende sandte Simon Stiell, Exekutivsekretär des Uno-Rahmenübereinkommens über Klimaänderungen, deswegen sogar einen Brief an die Veranstalter der COP 30: «Um das Wohlergehen der Delegierten und des Personals zu gewährleisten und den reibungslosen Ablauf der Konferenz aufrechtzuerhalten, ist ein sofortiges Eingreifen dringend erforderlich.»
Doch die Bruthitze blieb. Ein Schelm, wer denkt, die Organisatoren hätten die Tagungsteilnehmer absichtlich schwitzen lassen, um sie den Schrecken der Erderwärmung hautnah spüren zu lassen.
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Alex Reichmuth
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