Was wollen wir?
Freie Gedanken, freie Märkte, freie Menschen.Der Nebelspalter will den Nebel spalten, in den uns Politiker, Beamten, Pressesprecher, Manager und leider auch manche Journalisten und Wissenschaftler hüllen. Wir suchen nach der Wahrheit. Wir hassen den Nebel und das Nebulöse. Wir recherchieren hartnäckig, aber fair, wir ziehen Menschen in der Verantwortung zur Rechenschaft, ohne sie zu zerstören, wir decken auf, ohne zu übertreiben. Wir sind erstens Journalisten, und zweitens Journalisten.
Der Nebelspalter sorgt für eine klare Sicht.
Der Nebelspalter hat einen Standpunkt: Wir sind liberal, dass es kracht, wir glauben an den freien Willen und den freien Menschen. Je mehr Menschen für sich selbst entscheiden können, wie sie ihr Leben führen möchten, desto besser ist eine solche Gesellschaft. Dafür stehen wir ein. Deshalb glauben wir mit mehr Überzeugung und Leidenschaft an den Markt und den Wettbewerb der Ideen als an den Staat. Deshalb kämpfen wir für einen Staat, der sich nicht überschätzt und alles zutraut, sondern sich auf die wesentlichen Dinge beschränkt. Wir sind bürgerlich im ursprünglichen Sinne des Wortes. Der Bürger prägt den Staat, nicht der Staat den Bürger.
Der Nebelspalter ist schweizerisch.
Seit 1875 setzt er sich für dieses kuriose, eigensinnige, vielleicht erstaunliche Land ein. Nicht unkritisch, nie von sich selbst berauscht, aber stets mit Liebe und Selbstvertrauen. Wir glauben an den schweizerischen Sonderfall, der darin besteht, dass hier die Bürgerinnen und Bürger mehr in die Politik eingreifen können als fast überall sonst. Wir sind Radikaldemokraten. Was immer Volk und Stände beschliessen, es mag uns noch so gegen den Strich gehen, wir verteidigen es, als hätten wir es selbst vorgeschlagen. Wir sind Föderalisten: Wir glauben an den kleinen Raum, wir schätzen das Übersichtliche, die Kantone und die Gemeinden, wir sind verliebt in die Institutionen unseres Landes, die nichts anderes tun, als die Macht zu brechen. Niemand regiert die Schweiz. Alle regieren sie.
Der Nebelspalter ist weltoffen.
Wir glauben an die freie, unabhängige Schweiz, ohne uns einzubilden, auf einem eigenen Planeten zu leben. Wir wissen, was den Erfolg dieses Landes ausmacht: Offenheit und Eigensinn zugleich. Die Alpen haben uns einsam gemacht, die Alpen haben Menschen von überall her zu uns gebracht. Seit Jahrhunderten war dieses Land mitten in Europa offen für Ideen, Güter und Menschen. Daraus haben wir Nutzen gezogen, das hat uns reich gemacht. Freier Handel und freie Menschen. Dafür setzt sich der Nebelspalter ein. Wir sind weltoffen, dass es durch alle Türen und Fenster zieht, wir bestehen auf einem schweizerischen Sonderfall, bis es wehtut.
Der Nebelspalter hat Humor.
In Zeiten wie diesen, wo manche sich derart unversöhnlich in den Haaren liegen, dass es ihnen schwerfällt, miteinander überhaupt zu sprechen, setzen wir auf die Debatte und den Witz. Wir gehen keinem Streit aus dem Weg, wir reden mit allen, wir sind offen für alle Standpunkte – aber wir haben auch einen. Und so selbstbewusst wir diesen auch vertreten – so selbstironisch möchten wir bleiben. Niemand weiss, wo Gott hockt. Wir debattieren hart, aber im Wissen, dass auch das Gegenüber recht haben könnte. Humor hilft. Nur wer sich hin und wieder nicht ernst nimmt, ist ernsthaft. Der Nebelspalter ist der ungeladene Gast, der ausspricht, was niemand hören will, aber alle wissen; er ist der Narr, dem man die Wahrheit verzeiht, weil er über alle lacht, – auch über sich selbst.
Der Nebelspalter. Klar liberal.
Geschichte des «Nebelspalter»
Der Nebelspalter wurde 1875 von Jean Nötzli in Zürich als «Illustriertes humoristisch-politisches Wochenblatt» gegründet. Er gilt seit der Einstellung des englischen Punch (1841–2002) als das älteste existierende Satiremagazin der Welt. Der programmatische Name Nebelspalter war im 19. Jahrhundert eine geläufige Bezeichnung für einen Hut, wie ihn auch die allegorische Figur auf dem Seitenkopf der ersten Jahrgänge trägt.
Speerspitze der Geistigen Landesverteidigung
Seine erste grosse Blütezeit erlebte der Nebelspalter ab den 1930er Jahren, als er sich unter der Leitung des legendären Carl «Bö» Böckli gegen den die totalitären Ideologien der Nationalsozialisten und Kommunisten wehrte. Unmittelbar nach Hitlers Machtergreifung 1933 wurde der Nebelspalter im Deutschen Reich verboten. Parallel dazu schnellte in der Schweiz die Auflage in die Höhe. Als der Rorschacher Verleger Ernst Löpfe-Benz 1922 den Nebelspalter übernommen hatte, betrug die bezahlte Auflage nur noch 364 Exemplare. 1945 belief sie sich auf 30’000. Der Nebelspalter hatte angesichts des Dritten Reiches ein Selbstverständnis als «Speerspitze der geistigen Landesverteidigung» entwickelt, das er im Kalten Krieg gegenüber dem Kommunismus bis in die späten 1960er Jahre aufrechterhielt.
Schweizer Talentschmiede
Seine Popularität verdankte der «Nebi», wie er von Fans genannt wird, zu einem wesentlichen Teil dem damaligen Chefredaktor Carl Böckli (1889–1970), der mit seiner Doppelbegabung als Zeichner und Texter in der Tradition Wilhelm Buschs anzusiedeln ist. Unter dem Kürzel «Bö» fertigte er bis 1962 Tausende Cartoons, Zeichnungen und Texte. Bis in die 1970er Jahre stieg die wöchentliche Auflage auf 70’000 Exemplare. Über Jahrzehnte figurierte der Nebelspalter als satirisch-humoristisches Leitmedium und als Talentschmiede der Schweiz, mit der Künstlerbiografien verknüpft sind, etwa jene von bekannten Zeichnern wie René Gilsi, Jakob Nef, Fritz Behrendt, Werner Büchi, Nico Cadsky, Horst Haitzinger, Felix Schaad als auch von Satirikern wie César Keiser, Franz Hohler, Lorenz Keiser, Peter Stamm oder Linard Bardill.
Krise und Erholung
Mit der rasanten Entwicklung und den grossen Umbrüchen der Schweizer Medienlandschaft im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts hatte der Nebelspalter Mühe mitzuhalten. Karikaturen, Kolumnen und andere satirische Formen wanderten mehr und mehr in die Tagespresse und in die audiovisuellen Medien ab. In den 1990er Jahren schlug unter Chefredaktor Iwan Raschle die radikale Neuausrichtung des Nebelspalter im Stil der deutschen Titanic fehl. Die Auflage sackte von 34’000 Exemplaren auf 17’000 ab, durch das schrumpfende Inseratenvolumen verschärfte sich die Krise zusätzlich. Es folgten mehrere Wechsel in der Chefredaktion und 1996 der Verkauf des Titels an den Basler Friedrich Reinhardt Verlag. Ende April 1998 wurde bei einer Auflage von 8’000 seine Einstellung angekündigt.
1998 übernahm der Thurgauer Verleger Thomas Engeli den Titel in letzter Minute. Ihm gelang es, den Abonnenten- und Leserschwund aufzuhalten und eine gegenläufige Entwicklung einzuleiten. Unter Marco Ratschiller, Chefredaktor von 2005 bis 2020, stieg die bezahlte Printauflage gegen den Branchentrend um über 50% von 9’626 auf 15’441 Abonnenten. Der Titel schaffte es zudem, namhafte Exponenten der aktuellen Schweizer Autoren- und Satireszene wie Andreas Thiel, Pedro Lenz, Simon Enzler, Gion Mathias Cavelty, Lisa Catena oder Reto Zeller für das Magazin zu gewinnen.
Schritt ins digitale Zeitalter
Mit der Übernahme des «Nebelspalter» durch die Nebelspalter AG vollzieht das älteste existierende Satiremagazin den Schritt ins digitale Zeitalter. Die Nebelspalter AG ist eine Firma, die von Markus Somm zusammen mit über sechzig Investoren ins Leben gerufen worden ist und an der auch der frühere Verleger Thomas Engeli beteiligt ist. Während die Printausgabe bis auf weiteres unverändert erscheint, hat der neu lancierte digitale «Nebelspalter» zum Ziel, die Zukunft des älteste Satire-Zeitschrift für die kommenden hundert Jahre abzusichern.
Liste der Nebelspalter-Herausgeber
Jean Nötzli, Zürich, 1875–1902
Johann Friedrich Boscovits, Zürich, 1902–1914
Jean Frey AG, Zürich, 1914–1921
Ernst Löpfe Benz AG, Rorschach, 1921–1996
Friedrich Reinhardt AG, Basel, 1996–1998
Engeli & Partner Verlag, Horn, 1998–2020
Nebelspalter AG, seit 2021
Liste der Nebelspalter-Chefredaktoren
Jean Nötzli, 1875–1900
Edwin Hauser, 1900–1912
Paul Altheer, 1914–1927
Carl «Bö» Böckli, 1927–1952 (Bildredaktion bis 1967)
Franz Mächler, 1952–1984
Werner Meyer-Léchot, 1984–1993
Iwan Raschle, 1993–1996
Jürg Vollmer, 1996–1998
Hans Suter, 2000–2004
Marco Ratschiller, 2005–2020
Markus Somm, seit 2021