Gestern wollten Kommunisten an verschiedenen Orten Veranstaltungen zur Solidarität mit Palästina abhalten.
Die Fakten: Aufgrund des öffentlichen Aufschreis haben die Universitäten Bern und Zürich die zur Verfügung gestellten Räume wieder zurückgezogen.
Warum das wichtig ist: Anfang dieser Woche sorgte ein Dozent der Universität Bern für Aufsehen, als er sich öffentlich über den Angriff der Hamas freute. Der «Nebelspalter» berichtete.
- Mit dem Rückzug aus den kommunistischen Veranstaltungen wollen sich die Universitäten gegen den Vorwurf der Nähe zum Terrorismus wehren.
Gestern zirkulierte in den sozialen Medien ein Plakat mit der Aufschrift: «Solidarität mit Palästina: Intifada bis zum Sieg». Darauf wird auf eine Kundgebung verwiesen, die auf der Polyterrasse bei der ETH in Zürich stattfinden soll. Danach sollte es in einem Raum der Universität Zürich einen Austausch geben.

Hinter der Aktion stand die Gruppierung «International Marxist Tendency», die diesen Event zeitgleich in vier verschiedenen Städten durchführen wollte: Zürich, Bern, Basel, Fribourg.
Daraus wurde jedoch nichts. Die Universitäten haben die Bewilligung für die Benutzung der Räume zurückgezogen.
Stellungnahme:
— Universität Zürich (@UZH_ch) October 12, 2023
Die UZH toleriert keinen Aufruf zu Gewalt. Daher stellt Sie dem studentischen Verein «Marxistische Studierende Zürich» keine Räumlichkeiten für die heute Donnerstag geplante Veranstaltung zur Verfügung. Der von den Veranstaltern «Der Funke» und «IMT» verbreitete…
Herr Dietsche, was ist ein Kommunist im heutigen Zeitalter genau?
Ein Kommunist ist jemand, der eingesehen hat, dass der Kapitalismus nichts mehr zu bieten hat, dass es den Bruch braucht mit diesem System und dass man sich organisieren muss, um eine neue Gesellschaft aufzubauen.
Wie sieht Ihr politisches Engagement aus?
Wir organisieren zurzeit alle Kommunisten hier draussen und sprechen direkt mit Ihnen. Das machen wir nicht auf der Bühne des Parlaments. Das machen wir auf der Strasse und bei Streiks – überall, wo junge radikalisierte Leute sind. Wir sind da und organisieren sie, gerade jetzt mit dem Ausbruch des Krieges.
Warum setzen Sie sich als Kommunist für Palästina ein?
Bei diesem Krieg geht es um eine imperialistische Nation Israel, die seit Jahrzehnten Krieg führt gegen ein unterdrücktes Volk. Wir sind voll auf der Seite des unterdrückten Volks, der palästinensischen Bevölkerung.
«Um den Kampf gegen den Imperialismus erfolgreich zu Ende zu führen, braucht es die Methode Klassenkampf, die letztendlich zum weltweiten Sozialismus führt.»
Wir sagen: Um den Kampf gegen den Imperialismus erfolgreich zu Ende zu führen, braucht es die Methode Klassenkampf, die letztendlich zum weltweiten Sozialismus führt.
Israel zog sich aus Gaza zurück und überliess es Palästina. Jetzt greift Hamas aus Gaza Israel an. Warum verteidigen Sie diesen Angriff?
Seit den 1990er-Jahren – und speziell unter Netanjahus Regierung – hat sich die Zahl der Siedler verdreifacht. Das ist die reaktionärste Regierung Israels, die das palästinensische Volk immer härter unterdrückt. Am 7. Oktober wurde zurückgeschlagen.
Würden Sie den Angriff als Terror bezeichnen?
Die Bezeichnung «Terror» hilft uns nicht weiter. Wenn man ein Volk jahrzehntelang unterdrückt – in den letzten Jahren noch brutaler –, dann wird irgendwann zurückgeschlagen. Das ist nur verständlich. Wir haben nichts mit Hamas zu tun. Wir haben andere Methoden.
Sie setzen sich für die Befreiung des palästinensischen Volks ein. Hamas unterdrückt die Palästinenser in Gaza. Ist Hamas daher auch ein Stück weit Ihr Gegner?
Wir verteidigen das Recht auf Selbstverteidigung unterdrückter Völker. Das palästinensische Volk darf sich mit allen Mitteln gegen die imperialistischen Nationen verteidigen. Aber wir sagen: Die Methoden der Hamas erlauben nicht die Befreiung der palästinensischen Bevölkerung. Nochmals: Wir haben nichts mit der Hamas zu tun.
Wie beurteilen Sie die Schweizer Berichterstattung zu Israel?
Dass alle grosse Zeitungen mit dem Finger auf Hamas zeigen und auf alle, die auf die Seite von Palästina stellen, zeigt ja, auf welcher Seite die grossen Zeitungen in der Schweiz stehen. Und auch die Uni-Rektorate stehen auf der Seite des israelischen und westlichen Imperialismus’.
«Die ganze Situation entblösst die Heuchelei des Bundesrats und aller Parteien.»
Es ist völlig heuchlerisch, dass jetzt mit dem Finger auf Hamas gezeigt wird, während Israel und der westliche Imperialismus seit Jahrzehnten unterdrückte Völker zerbomben und auf der ganzen Welt für Elend verantwortlich sind. Die ganze Situation entblösst die Heuchelei des Bundesrats und aller Parteien.
Sie kommen gerade von der Universität Bern. Beschreiben Sie kurz, was vorgefallen war.
Wir wollten eine Veranstaltung durchführen, wo wir darüber diskutieren wollten, wie wir unsere Solidarität gegenüber Palästina ausüben können. Dafür hatten wir die Erlaubnis der Universitäten Bern, Zürich und Fribourg.
«Das ist ein Angriff auf das Recht der Meinungsfreiheit.»
Dann wurde uns aber mitgeteilt – eine Uni nach der anderen –, dass das nicht mehr gehe. Die Veranstaltungen wurden uns verboten. Das ist ein Angriff auf das Recht der Meinungsfreiheit.
Haben die Unis damit Stellung bezogen?
Ja, gegen das unterdrückte Volk von Palästina und für die herrschende Klasse in der Schweiz, in Israel und in der USA.
Wie geht es jetzt weiter mit ihrem Engagement?
Das Dringendste ist jetzt der Kampf gegen diesen Krieg. Wir müssen uns hier in der Schweiz organisieren, um für die Befreiung von Palästina zu kämpfen. Das machen wir, indem wir zu Demos aufrufen und indem wir Arbeiter und Schüler organisieren, die sich für die Befreiung von Palästina einsetzen wollen.
«Wir müssen uns organisieren, um die herrschende Klasse in der Schweiz zu stürzen.»
Wir müssen uns organisieren, um die herrschende Klasse in der Schweiz zu stürzen. Das muss weltweit geschehen: weltweiter Kommunismus. Dann gibt es keine Unterdrückung und keine Ausbeutung mehr.
Die herrschende Klasse stürzen – was bedeutet das genau?
Der bürgerliche Staat verteidigt letztendlich die Interessen der herrschenden Klasse und wird unsere Probleme nicht lösen. Das sieht man in allen wichtigen Fragen. Darum sind wir für den Sturz des bürgerlichen Staates und den Aufbau einer Arbeiterregierung in der Schweiz und weltweit. Das ist der weltweite Sozialismus, der dann in den Kommunismus führen wird.