Buch zum Umgang mit Amerika

Unvernunft, Fahrlässigkeit oder Vorsatz?

Trumps Handeln wirkt häufig erratisch, aber trifft das auch zu? Bild: Keystone
Trumps Handeln wirkt häufig erratisch, aber trifft das auch zu? Bild: Keystone

Vorbemerkung: Dieser Tage haben Nebelspalter-Verwaltungsratspräsident Konrad Hummler (früherer Teilhaber der Bank Wegelin) und Ivan Adamovich als Mitautor (CEO der Private Client Bank) eine Analyse zum Start der zweiten Amtszeit von Donald Trump und dessen Zielen veröffentlicht. Der Nebelalter veröffentlicht nachfolgend die Einleitung der 76-seitigen Publikation mit dem Titel «Vom Umgang mit Amerika» (Link zur Bestellseite). Herausgeberin ist die Progress Foundation Zürich. 

Vom Umgang mit Amerika*

Auf den ersten und auch den zweiten Blick erscheinen die meisten Handlungen, die US-Präsident Donald Trump seit Jahresbeginn getätigt hat, erratisch, beinahe besessen, schlecht fundiert, masslos, beleidigend, rücksichtslos, töricht und oft sogar selbstschädigend.

Vieles war zwar im Wahlkampf in gewohnt markigen Worten angekündigt worden, doch erwartete man aufgrund langjähriger entsprechender Erfahrungen dann die Ausführung in deutlich moderaterer Form oder eher: gar nicht.

Nun, nach etwas mehr als 100 Tagen der neuen Präsidentschaft, zeigt sich: Donald Trump ist daran, seine eigenen Versprechungen zu übertreffen. Und er scheint sich prinzipiell nicht davor zu scheuen, seinem Land Schmerzen zuzufügen. Trump nennt das «bittere Medizin», die es vorübergehend halt brauche, wenn man zu grösseren, höheren Zielen aufbrechen wolle.

In ihren Erwartungen getäuscht haben sich beispielsweise die internationalen Finanzmärkte. Dort herrschte bis noch vor sehr kurzer Zeit eine Art «drôle de guerre»: auffällige Gelassenheit, vielleicht gespielt-gequält, vielleicht aber durchaus zuversichtlich, weil man in Donald Trump letztlich einen Mann der Wirtschaft wähnte.

«Er wird sich wohl nicht selbst schaden wollen», so die (ziemlich rationale) Hoffnung. Die Zuspitzung der Ereignisse zu einem Handelskrieg Anfang April 2025 zerstörte dann das so wichtige Vertrauen in einigermassen stabile Verhältnisse und führte zu einem gigantischen Preisfindungsprozess an den Märkten.

Die Volatilitäten, also das Mass für Unsicherheit, schnellten empor, die Investitionsfreude erlosch. Innert weniger Tage herrschte Chaos, anscheinend ausgelöst durch einen einzigen Menschen. Auch das ist historisch. Mit dem Aussetzen der radikalsten Massnahmen beruhigte sich die Lage zumindest vorübergehend, doch der Vertrauensverlust bleibt.

Cui bono? Wem nützt das? Ist Donald Trump einfach ein «Dealmaker», der hochriskant spielt? Der unglaublich bluffen kann? Und der sich später mit deutlich weniger zufrieden geben wird, also quasi rational vorgeht oder mindestens rationale Ziele hat? Oder ist er umgekehrt einer, der Angelegenheiten nicht zu Ende denkt und Nebenwirkungen seiner Handlungen ausblendet? Oder aber nochmals anders: Sind wir Zeugen eines systematischen Vorgehens mit wohlvorbereiteten Teilschritten, sozusagen nach Drehbuch abgewickelt?

Wir werden im Folgenden von Letzterem ausgehen, also dass hier planvoll und systematisch vorgegangen wird. Nicht, weil uns das besonders sympathisch wäre oder weil wir es uns wünschen würden. Überhaupt soll Normatives von dieser Analyse möglichst ferngehalten werden.

Vielmehr geht es darum, die namentlich in Europa grassierende Fehleinschätzung und Unterschätzung der Person Donald Trump, welche aus einer Mischung von Dämonisierung der Gegenseite einerseits und Kaschierung eigenen Unvermögens andrerseits resultiert, zu korrigieren.

Die Idee, dass alles nach einem relativ konsistenten Plan verlaufen könnte, getragen und entwickelt von mehr als nur einer einzigen Person, ist auf dem alten Kontinent kaum vertreten. Folgen wir dieser Idee und testen die bisherigen Ereignisse daran, nicht zuletzt, um darauf basierend dann einige Szenarien Prognosen und strategische Konsequenzen ableiten zu können.

*Die Autoren sind diesbezüglich nicht ganz unbefangen, erfuhren sie doch die Folgen einer dramatischen Unterschätzung amerikanischer Entschlossenheit aus nächster Nähe. Vgl. dazu Schönig/Straumann «Paria inter Pares, Das Ende der Bank Wegelin», Stämpfli 2023

Vom Umgang mit Amerika

76 Seiten, 2025. Herausgegeben von der Progress Foundation Zürich, 2025.

Preis: 10 Franken plus Versandkosten.

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