Die Fakten: Frauen werden Lehrerinnen und Ärztinnen, Männer Bauarbeiter oder Ingenieure.
Warum das wichtig ist: Wenn Frauen wählen, was sie wollen, dann haben vielleicht selbst Feministinnen damit zu leben.

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Ich habe vergangene Woche eine deutsche Studie vorgestellt, die aufzeigte, dass Frauen, wenn sie auf einer Dating-App nach Partnern suchen, Männer in Männerberufen bei weitem bevorzugen.
- Sie treffen sich um 40 Prozent lieber mit einem Ingenieur zwecks Anbahnung sexueller oder gar ehelicher Beziehungen
- Während der Primarlehrer – gesetzt den Fall, dass er sich je fortpflanzen möchte – besser einen anderen Job erwägen sollte. Er muss auf der App rund 300-mal mehr Bewerbungen verschicken, bis er eine Frau daten kann, als ein Ingenieur
Warum ist das so?
- Man muss es für die Angehörigen unserer heutigen sexuellen Multioptionsgesellschaft wieder einmal hervorheben: eine Liebesbeziehung, zumal eine heterosexuelle, lebt anscheinend immer noch davon, dass Mann und Frau für zwei unterschiedliche Geschlechter gehalten werden – von den meisten Menschen, abgesehen von Nemo.
Ärger und Freude am Unterschied: Das verleiht dem Ganzen das Knistern,
- wenn der Mann einfach nie einsehen will, warum er auf der Autobahn 60 km/h fahren muss, solange sie neben ihm sitzt,
- und die Frau sich nie sich damit abfinden kann, dass viele Männer lieber den ganzen Tag schweigen, bis am Abend ein Goal fällt; als ob sie sich nach wie vor auf der Jagd befänden, wo man tagelang – und schweigsam – auf der Lauer sass, bis das Mammut vorbeikam
Klischees? Keine Frage, aber so häufig auftretende, dass man sie auch als Realität bezeichnen darf.
Mit anderen Worten, wie diese Studie belegt: Es sind die Frauen selbst, die dafür sorgen, dass fortpflanzungswillige Männer Frauenberufe eher meiden. Und umgekehrt.
- Gewiss, es mag da und dort noch Vorurteile geben, wenn ein 99-jähriger Arbeitgeber eine junge Frau nicht einstellt, weil sie Frau ist. Aber das sind mittlerweile Dinosaurier-Fälle.
Formal sowieso, aber auch kulturell: In der Regel wählen auch Frauen mittlerweile jenen Beruf, der ihnen am meisten zusagt. Man spricht von Präferenzen – und diese unterscheiden sich offensichtlich, was die Geschlechter betrifft.
- 89 Prozent der Primarlehrer in der Schweiz sind Frauen
- So gut wie 100 Prozent der Bauarbeiterinnen sind Männer

Natürlich kann man nun versuchen, mit allerlei Präventionskampagnenoder «geschlechtsneutralen» Erziehungsmethoden das zu ändern. Viel Glück.
Wenn wir die Hochburgen der Gleichstellung betrachten – insbesondere die skandinavischen Länder, dann erweist sich, dass je freier und gleichberechtigter Frauen und Männer sind, desto «konservativer», sprich: sexistischer die Menschen ihr Leben einrichten, zumal was die Berufswahlanbelangt.
- Es sind die autoritären, unfreien Länder, wo gerade die Frauen nichts zu sagen haben, geschweige denn zu wünschen, wo es viele weibliche Ingenieure gibt, so zum Beispiel im Iran. Ausgerechnet. Ingenieurinnen unter dem Schleier
- Damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich habe nichts gegen weibliche Ingenieure, im Gegenteil. Wenn eine meiner drei Töchterdieses Fach studiert hätte, würde ich mich sehr glücklich schätzen. Mein Urgrossvater war Ingenieur, mein Grossvater, mein Vater ebenso. Einzig ich habe versagt – und bin Historiker geworden
Stattdessen studieren meine Töchter Medizin, Jura und Ökonomie. Nicht, weil ich oder meine Frau ihnen das aufgetragen oder sie falsch erzogen hätten, sondern weil sie das wollten.
Triumph der Präferenz. Natürlich können sich diese ändern – und irgendwann wird Primarlehrer womöglich von neuem ein Männerberuf (wie er das von etwa 1830 bis 1945 war). Wenn das aber geschieht, dann nicht, nachdem irgendeine Behörde oder eine Feministin das verordnet hätte, sondern weil Männer und Frauen das so selber entschieden.
Ein ähnliches Bild offenbart sich mit Blick auf die Karriere. Wenn alle Statistiken nach wie vor belegen, dass Frauen in Spitzenpositionen der Wirtschaft und Gesellschaft seltener anzutreffen sind als Männer, dann kommt oft die Kritik auf:
- Das ist unfair
- Hier liegt Diskriminierung vor
In einzelnen Fällen mag das zutreffen. Aber nicht jedes Mal, wenn ein Geschlecht (oder eine Minderheit) in irgendeinem Bereich gemäss ihrem Bevölkerungsanteil untervertreten ist, muss das heissen, dass hier jemandem Unrecht widerfahren ist.
- Präferenzen wirken sich hier ebenfalls aus
- Was, wenn weniger Frauen – aus welchen Gründen auch immer – an einer Karriere interessiert sind? Aus freien Stücken?
Tatsächlich kommt eine Studie der britischen Soziologin Catherine Hakim zu genau diesem Schluss. Dabei stützt sie sich auf eine repräsentative Umfrage, wo Männer und Frauen ihre Vorlieben angeben, was Arbeit und Familie anbelangt.
Hakim unterscheidet drei Lebensentwürfe:
- Die einen Befragten nennt sie «familienzentriert». Ihnen gilt die Familie alles. Vor die Wahl gestellt, ob sie Kinder betreuen oder eine Karriere verfolgen möchten, wählen sie immer die Kinder
- «Adaptiv»: diese Leute möchten beides kombinieren – und sie sind dazu bereit, in beiden Bereichen allenfalls Kompromisse einzugehen
- Was für die letzte Gruppe nicht in Frage kommt: Sie sind unter allen Umständen «karrierezentriert». Wenn sich das berufliche Fortkommen nicht mit einer Familie vereinbaren lässt, verzichten sie lieber auf Kinder

So weit, so gut. Der springende Punkt ist nun, dass Männer und Frauen sich ungleich auf diese drei Gruppen verteilen, was nicht ganz überrascht, wenn man sich ab und zu mit männlichen und weiblichen Exemplaren des Homo Sapiens unterhält:
- 20 Prozent der Frauen bezeichnen sich selbst als familienzentriert
- 60 Prozent sind adaptiv
- Und 20 Prozent stellen sich auf eine Karriere ein – selbst, wenn das ein Leben ohne Kinder bedeuten würde
Und die Männer? Surprise, Surprise:
- 60 Prozent streben eine Karriere an – auch auf Kosten der Familie
- Wogegen bloss 10 Prozent den Beruf der Familie unterordnen würden
- 30 Prozent schliesslich halten sich für adaptiv
Das ist ein wesentlicher Unterschied. Drei von vier Menschen, die sich unbedingt eine Karriere wünschen, sind Männer. Kein Wunder, gibt es mehr männliche Chefs als weibliche; der Pool an Interessenten ist schlicht grösser.
Mit Diskriminierung von Frauen oder dem toxischen Wirken von Old-Boys-Netzwerken hat es also wohl nichts zu tun, wenn die meisten CEOs in unserem Land nach wie vor Männer sind. Sondern mit Präferenzen, kurz: mit Freiheit.
Selbstverständlich kann sich das im Lauf der Zeit wandeln. Und meine drei Töchter stehen ja erst am Anfang ihrer Karriere. (Von den zwei Söhnen berichte ich ein anderes Mal.)
Oder um es mit dem verstorbenen Erzbischof von Kapstadt, Desmond Tutu, zu sagen:
«Du wählst Dir keine Familie aus. Sie ist ein Geschenk Gottes für Dich, wie Du eines bist für Deine Familie.»
Ich wünsche Ihnen einen post-feministischen Nachmittag
Markus Somm