Somms Memo
Der Nationalrat im Bananenland – oder wie man Geld über jenen ausschüttet, die es nicht brauchen, aber es zahlen
Cédric Wermuth (SP, AG) im Nationalrat. Selten so gut gelacht. Bild: Keystone
Die Fakten: Der Nationalrat will die Prämienverbilligungen (einmalig) ausweiten und 2023 die AHV-Renten vollständig der Teuerung angleichen. Am Montag entscheidet der Ständerat.
Warum das wichtig ist: Auch Heuchler müssen sterben – und Populisten ebenso. In Zeiten der Inflation die Staatsausgaben zu erhöhen, ist falsch. Selbst wenn Wahlen anstehen.
In Bananenrepubliken verteilen die Politiker Bananen, um die Bürger bei Laune zu halten, in der Schweiz, einer Republik auf dem Weg ins Nirwana der Bananen, schüttet man Prämienverbilligungen aus und verwöhnt die Rentner mit Geld, das sie (in ihrer Mehrheit) einfach nicht brauchen.
Willkommen in Bern, der Hauptstadt der Bananen.
Worum geht es?
Um die Folgen der steigenden Preise (Strom, Gas, etc.) abzumildern, hat der Nationalrat gestern zwei Massnahmen beschlossen
- Der Bund erhöht 2023 seinen Beitrag an die Krankenkassenprämienverbilligungen der Kantone um 30 Prozent – ohne dass die Kantone ihre Leistungen zurücknehmen dürfen. Es handle sich um eine «einmalige» Sache, wurde versprochen. Das kostet den Bund rund eine Milliarde Franken
- Ebenso sollen alle Renten der AHV, IV sowie die Ergänzungsleistungen vollständig der Teuerung angepasst werden. Das bringt Mehrausgaben im besten Fall von 250 Millionen Franken, im schlechtesten von 2,5 Milliarden über die nächsten zehn Jahre hinweg. Das träfe ein, wenn die 2023 («einmalig») heraufgesetzten Renten das neue Rentenniveau begründeten, von dem aus auch die künftigen Anpassungen vorgenommen würden. Dann wird es richtig teuer
Bananen-Massnahmen von Bananen-Parteien. Die beiden Motionen stammen von der SP (Prämien) und der Mitte (AHV), und diese beiden sorgten auch geschlossen dafür, dass die Vorstösse durchkamen, wenn auch knapp. SVP und FDP stimmten dagegen. Am Montag beschliesst der Ständerat.
Worin liegt das Problem?
- Leiden einfache Leute – insbesondere die Rentner – nicht unter brutal steigenden Preisen?
- Ist es nicht eine Frage des sozialen Gewissens, jetzt, in Stunden der Not, etwas dagegen zu tun?
Drei Argumente, die aufzeigen, warum wir es mit einer Bananenpolitik zu tun haben:
1. Man schüttet wahllos Geld aus, ohne genau zu wissen, ob jene, die es bekommen, es auch wirklich brauchen.
Prämienverbilligungen erhalten heute schon fast 30 Prozent der Bevölkerung. Dass hier nicht gezielt Armut bekämpft wird, liegt auf der Hand. 30 Prozent der Bevölkerung des reichsten Landes der Welt können gar nicht arm sein. Und solange Studenten von den Kantonen mit aufdringlichen Briefen dazu bewegt werden, Prämienverbilligungen in Anspruch zu nehmen – auch wenn ihre Eltern höchste Einkommen beziehen, – solange ist klar, dass hier nicht Sozialpolitik, sondern sozialdemokratische Politik betrieben wird.
Der SP ist unser halb-privates Gesundheitssystem schon längst ein Graus. Sie will es verstaatlichen. Die Prämienverbilligungen bahnen den Weg, weil sie den Bürgern den falschen Eindruck vermitteln, das System selbst sei aus den Fugen geraten.
2. Das gleiche gilt für die AHV. Schon heute werden die Renten in der Regel alle zwei Jahre angepasst – der Lohnentwicklung und der Teuerung zugleich, wobei deren Durchschnitt massgebend ist. Man spricht vom Mischindex. In den vergangenen Jahren sind meistens die Löhne rascher gestiegen als die Preise, so dass die Rentner sich zunehmender Kaufkraft erfreuten. Jetzt ist es wohl anders, aber so dramatisch verschlechtert hat sich die Lage für die Rentner bisher nicht. Zumal Altersarmut in der Schweiz kaum mehr vorkommt – und weiter im Abnehmen begriffen ist. Das 19. Jahrhundert ist lange vorbei.
Selbst das Bundesamt für Statistik, das ziemlich sozialdemokratisch geprägt ist, veröffentlichte neulich den Befund, wonach 72 Prozent der Rentner mit ihren finanziellen Verhältnissen zufrieden bis sehr zufrieden sind – wogegen nur 54 Prozent der aktiven Bevölkerung das so sagen würden.
Zwar kommt das BFS auf eine Armutsquote von rund 14 Prozent bei den AHV-Bezügern, aber das ist ein Wert, der umstritten hoch liegt, das besonders, weil nur das Einkommen berücksichtigt wurde. Wenn man das Vermögen miteinbezieht, dann geht es den meisten Rentner gut bis sehr gut. Vor allem in unserem Land, wo die Alten oft in eigenen Häusern leben, während sich die Jungen das kaum mehr je leisten können.
Last but not least werden immer mehr Ergänzungsleistungen ausgerichtet, womit man präzise jenen hilft, die es wirklich nötig haben.
Kurz, der volle Teuerungsausgleich für Renten bringt wenig. Man wirft Millionären Almosen hin. Populismus im Zeichen der Banane.
3. Taktisch betrachtet gibt es nichts Dümmeres, als jetzt beim Publikum den Eindruck zu erwecken, die AHV-Rentner befänden sich in einer Notlage.
Dieser Vorwurf geht allein an die Mitte. Denn die SP hat erreicht, was sie immer will: Mehr fremdes Geld ausgeben und sich dafür von jenen bedanken lassen, die es am Ende zahlen. Die Mitte dagegen, die unter ihrem konservativen Präsidenten Gerhard Pfister einmal trat, wieder eine bürgerliche Partei zu werden, also eine Partei für den Bürger und nicht für den Staat, muss sich Fragen gefallen lassen.
Am Sonntag stimmen wir über eine Rentenaltererhöhung für die Frauen ab, was, man kann das drehen, wie man will, einen Sozialabbau bedeutet, er mag noch so geringfügig sein – und auf lange Sicht sich als sozial erweisen, weil wir so die AHV sichern. Ausserdem soll die Mehrwertsteuer für die AHV angehoben werden, was Rentner genauso trifft – auch das kann man leicht als unsoziale Massnahme denunzieren. Was die SP ja ausgiebig tut.
Die Mitte heisst beide Vorlagen gut und hat sich dafür auch durchaus engagiert. Indem sie aber die SP dabei unterstützt, die Sozialausgaben («einmalig») zu steigern, bestätigt sie das «Narrativ» der Linken, wonach die Armen immer ärmer, und die Not im Land immer grösser wird – und, das ist der entscheidende Punkt – es nichts Besseres gibt als den Staat auszuweiten. Wenn am Sonntag also ein weiterer Sozialabbau droht, dann sagen wir doch lieber Nein.
Was ist in Gerhard Pfister, einer der klügsten Politiker des Landes, gefahren, dass er so einen Unsinn mitmacht?
Gerhard Pfister (ZG), Präsident der Mitte. Bild: Keystone
Auf Bananen, genauer: auf ihren Schalen, kann man auch ausrutschen.
Oder wie es Aaron Sorkin gesagt hat, einer der grössten Drehbuchautoren Amerikas:
«Wenn ich mir überlege, wann ich als Autor am glücklichsten bin, dann sind das nicht die Momente, wo ich eine Arie für einen Schauspieler schreibe oder einen grossen politischen Standpunkt vorlege. Am glücklichsten bin ich, wenn ich einen lustigen Weg für jemanden gefunden habe, auf einer Bananenschale auszurutschen.»
So muss es der SP gegangen sein. Selten so gut gelacht.
Ich wünsche Ihnen einen wunderbaren Tag
Markus Somm