Augiasstall in Sommarugas Departement
Bürgerlicher Herakles gesucht
Simonetta Sommaruga hinterlässt einen Augiasstall, der dringend ausgemistet werden muss. (Bild: Keystone)
Der Rücktritt von Simonetta Sommaruga macht den Weg frei für die Bürgerlichen, das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) zu übernehmen. Seit Bundesrat Adolf Ogi das Infrastruktur-Departement Ende 1995 verliess, wurde es nicht mehr im bürgerlichen Sinn geführt.
Die Folge: Es ist zum Departement für Mangel, Stillstand und Regulierung geworden. Ein Augiasstall mit zahlreichen heiligen Kühen. Das einzige, was noch läuft, sind die Schaffung von Verordnungen, Weisungen und Konzepten im Wochentakt, die Subventionen für links-grüne NGOs und die Ausgaben für externe Berater. Bürgerlich hiesse, den Menschen im Land, ihrem Wissen und ihren Interessen, den Gemeinden und den Kantonen mehr zu vertrauen als den Bürokraten.
Der missglückte Anlauf
Es gab den Versuch eines bürgerlichen Kurswechsels schon einmal. Doris Leuthard (CVP) übernahm das Departement 2010. Sie sorgte aber nicht für den erwarteten, von links-grün befürchteten Politikwechsel, im Gegenteil. Die Zentralisierung der Raumplanung, die Bevorzugung des öffentlichen Verkehrs, der Stillstand beim Ausbau der Strasseninfrastruktur, die Abschottung der Staatsbetriebe SBB, der Post und des Staatssenders SRG und die überbordende Regulierung besonders im Umweltbereich gingen ungehindert weiter.
Leuthard hat in der Energiepolitik von einer Gesamtsicht, die auch auf grosse (Atom-)Kraftwerke setzte und damit die Stromversorgung sicherstellen wollte, zu einer links-grünen Träumerei namens «Energiestrategie 2050» gewechselt. Das hat die Importabhängigkeit der Schweiz verschlimmert statt behoben und direkt in die heutige Stromversorgungskrise und den acht Flugzeugturbinen von Birr (AG) geführt, die uns für Millionen im Winter mit 70’000 Liter Öl pro Stunde vor dem Blackout schützen sollen und dabei die Umwelt verschmutzen wie nichts in der Schweizer Strompolitik zuvor.
Eine neue Energiestrategie
Es ist Zeit für einen bürgerlichen Kurswechsel. In der Energiepolitik braucht es eine neue Strategie, die statt auf sinkendem Stromverbrauch auf realistischen Zahlen beruht, die alle von einem steigenden Strombedarf ausgehen. Das bedeutet die Rückkehr zur Energiestrategie von 2007. Sie beruhte auf den vier Säulen Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Ersatz und Neubau von Grosskraftwerken zur Stromproduktion (inklusive Kernkraftwerke) sowie Energieaussenpolitik. Der erste Schritt wäre, der Blackout-Initiative, welche die bewährte Technologieoffenheit in der Verfassung festschreiben will, einen indirekten Gegenvorschlag entgegenzusetzen.
In der Klimapolitik könnte ein bürgerlicher Bundesrat statt auf kaum erreichbare Ziele und wirkungslose Subventionen auf Rahmenbedingungen setzen, welche den bereits laufenden Ausstieg aus fossilen Energien beschleunigen. Dazu müsste viel mehr als heute in die ergebnisoffene Forschung in allen Technologiebereichen investiert werden. Die ETH müsste sich dazu wieder an wissenschaftlicher Neugierde orientieren und auf Innovation ausrichten, statt Professoren beschäftigen, die Technologie im Grunde ablehnen und lieber grüne Politik machen. Und auch eine international koordinierte Besteuerung von CO₂ könnte die technologische Entwicklung beschleunigen. Kostenwahrheit ist ein liberales Anliegen – Steuern und Subventionen sind es nicht. Weil Kostenwahrheit Innovation zulässt.
Weg von der zentralen Planung
Die Raumpolitik müsste von allen zentralistischen «Aktionsplänen» und «Strategien» befreit werden. Es müsste wieder die Rahmengesetzgebung werden, als die sie eigentlich vorgesehen ist. Die häufig ohne rechtliche Grundlage am Parlament vorbei verabschiedeten Pläne, wie die «Bodenstrategie», das «Landschaftskonzept», der «Sachplan Verkehr», die «Strategie Nachhaltige Entwicklung» oder das «Raumkonzept Schweiz» sind punkto Rechtsgrundlagen und auf Zweckmässigkeit und Wirksamkeit zu überprüfen, auf wenige Prinzipien zu vereinfachen oder ganz zu streichen.
Bundesamt für Stillstand
Das Bundesamt für Raumentwicklung muss, statt grüne Stillstandspolitik zu betreiben, ehrliche Grundlagen dafür liefern, wo und wie die bald zehn Millionen Bewohner der Schweiz leben sollen. Die Umsetzung ist den Kantonen zu überlassen. Nur föderalistisch kommen die unterschiedlichen Bedingungen und Herausforderungen in den verschiedenen Landesgegenden zum Tragen. Und nur so wird die Raumordnungspolitik von jenen gemacht, die dafür demokratisch gewählt sind – und abgewählt werden können.
Ähnliches gilt für das Bundesamt für Umwelt. Durchtränkt von grüner Ideologie träumt man trotz anderslautenden Parlaments- und Volksentscheiden immer noch vom Totalumbau der Gesellschaft und der Wirtschaft. Und wenn man auf Hindernisse stösst, macht man eine Kampagne und unterstützt links-grüne Organisationen, welche von aussen Druck zugunsten der Politik des Bundesamtes machen.
Diplomierte Innovationsverhinderer
Nichts zeigt das besser als die endlose Verlängerung der Hindernisse für die Gentechnologie, mit denen man im Bundesamt gut und gerne weitermacht. Innovationsverhinderung und obrigkeitliche Bürgerbehinderung ziehen sich durch das ganze Amt.
Die echten Probleme der Bevölkerung, die in der Natur lebt, unter anderem mit dem Wolf oder dem Luchs, lässt man liegen. Auch hier wäre die Lösung: mehr Föderalismus und weniger Bundesamt.
Es wird behindert statt verflüssigt
Bei der Verkehrsinfrastruktur steht die Schweiz vor riesigen Herausforderungen, weil die Bevölkerung nahezu ungebremst wächst. Weder im Bundesamt für Verkehr, noch im Bundesamt für Strassen scheint man sich deshalb übermässig Sorgen zu machen. Priorität hat der öffentliche Verkehr, obwohl die Verfassung die freie Wahl des Verkehrsmittels vorsieht und Bahn und Bus nicht in allen Lebenslagen die beste Lösung sind. Und statt nüchtern Fakten darzustellen, wird im UVEK gerne getrickst, damit die Statistik in die links-grüne Ideologie passt.
Verkehrsbehinderung, Tempo-30 auch auf Hauptstrassen und die Verhinderung von jedem sachlich noch so begründeten Strassenausbau scheinen die wichtigsten Ziele zu sein. Die SBB und die anderen Staatsbahnen sind heilige Kühe, die kosten dürfen, was sie wollen. Kosten-Nutzen-Analysen sind Mangelware. Und wenn solche Untersuchungen gibt, leiden sie an ideologischer Schlagseite.
Noch mehr heilige Kühe
Das Gleiche gilt für Post und SRG, bei denen die Frage gestellt werden muss, was denn in einem völlig veränderten Umfeld noch ihre Aufgabe sein soll. Nur ein lukrativer Rückzugsort für ausgediente Politiker zu sein, genügt da nicht. Der Staat hat aus bürgerlicher Sicht nur das anzubieten oder zu finanzieren, was Private nicht zu produzieren im Stande sind. Weil nur so die «kollektive Intelligenz» (Simonetta Sommaruga anlässlich ihres Rücktritts) zum Tragen kommt.
Das Infrastruktur-Departement leidet an Dutzenden von Doppelspurigkeiten. Die meisten Themen werden gleich von mehreren Bundesämtern abgedeckt, was den Aufwand an Personal, Sitzungen und Abläufen vervielfacht. Ein Beispiel: Verkehrspolitik ist nicht nur beim Bundesamt für Verkehr und dem Bundesamt für Strassen angesiedelt. Das Bundesamt für Umwelt macht ebenfalls «Mobilität», genauso wie das Bundesamt für Raumentwicklung. Ob Bildung, Wirtschaft oder Gesundheit: das UVEK mischt sich überall ein.
Im Stall des Augias
Das UVEK ist ein bürokratisch-ideologischer Augiasstall geworden. Es braucht nun einen bürgerlichen Herakles, um ihn auszumisten. In der Sage erledigte der Halbgott die Aufgabe, indem er die Fundamente des Stalls an einer Seite aufbrach und durch einen Kanal das Wasser von zwei nahen Flüssen durch den Stall leitete. Damit würde er heute gegen zahlreiche Umweltvorschriften verstossen. Aber auch im UVEK ist es mit einer einfachen Mistgabel nicht getan.