Somms Memo
Xi Jinping, der chinesische Diktator, hat immer recht, selbst wenn er nicht recht hat. Corona als Fallstudie.
Xi Jinping, Generalsekretär der KP. Herr über Leben und Tod in China.
Die Fakten: Seit Tagen protestieren die Chinesen gegen die Corona-Politik der kommunistischen Regierung. Nach wie vor will sie keine westlichen Impfstoffe einsetzen.
Warum das wichtig ist: Der Null-Corona-Ansatz ist null und nichtig. Aber die KP, die Partei, die Partei hat immer recht.
Wer noch Zweifel hat am Nutzen der Corona-Impfung, sollte sich vielleicht einmal mit China beschäftigen
- Das Land kommt seit drei Jahren nicht mehr aus dem Lockdown heraus
- Unter anderem, weil die chinesischen Impfstoffe nichts taugen
- Und sich die KP aus Nationalismus und Rechthaberei weigert, westliche, viel wirksamere Impfstoffe zuzulassen
Gewiss, wir haben es gehört. Es gibt Nebenwirkungen, manchmal lästige, seltener schlimme. Und ja: Die Regierungen, auch unser Gesundheitsminister Alain Berset (SP), haben zu Anfang viel Unsinn erzählt, was die Impfung anbelangt. Ohne sich auf wissenschaftliche Daten zu stützen – die gar nicht vorlagen – behaupteten sie, nur der Wissenschaft zu folgen
- Das Virus breitet sich aus – ganz gleich, ob man geimpft ist oder nicht. Die Impfung dämmt die Pandemie also nicht ein – im Gegensatz zu dem, was die Politiker versprochen haben
- Das wussten die Hersteller der Impfstoffe (Pfizer, Moderna etc.) offenbar früh – und sie haben das nicht so klar gesagt, wie es angebracht gewesen wäre. Haben sie gelogen? Haben sie zu sehr gehofft? Oder das Geld gezählt? Wir wissen es nicht
- Sicher hätten es die Politiker besser wissen können, indem sie nur gesagt hätten, was sie wirklich wussten
Das hat in der Öffentlichkeit so viel Vertrauen zerstört, dass manche Leute nun glauben, die Marsmenschen hätten seinerzeit mit der Atombombe das Römische Reich in die Luft gesprengt.
Gleichwohl stimmt eben auch:
- Die Impfstoffe wirken, insbesondere bei älteren, also gefährdeten Menschen
- Sie schützen vor den heftigsten Symptomen und Krankheitsverläufen, sie sorgen dafür, dass man nicht gerade ins Spital muss, sie retten häufig vor dem Tod
- Eine Studie aus Brasilien, veröffentlicht im British Medical Journal, zeigt, dass die Impfungen von Pfizer und Moderna bei über 70jährigen Patienten zu 90 Prozent eine Spitaleinweisung unterbinden
Jedenfalls haben die Impfstoffe – ja, auch die ganz modernen, Hochgeschwindigkeits-geprüften mRNA-Impfstoffe – es uns erst ermöglicht, der Corona-Todesspirale zu entrinnen
- Diese Spirale war des Todes – nicht allein wegen der vielen realen Toten
- Sondern geradeso politischer Natur. Ohne das Gesicht zu verlieren, hätten sich auch unsere Politiker kaum mehr aus dem mentalen Corona-Lockdown zu befreien vermocht
- Die Impfstoffe gestatteten es ihnen, das Corona-Regime zu normalisieren – und am Ende das zu tun, was man von Anfang an hätte tun müssen: Gefährdete schützen – eine gut bekannte Minderheit, nämlich alle, die über 70 Jahre alt sind –, und die Mehrheit, insbesondere die Jungen, in Ruhe zu lassen
Wer sich bedroht fühlt, kann sich impfen, wer Nebenwirkungen befürchtet, kann es lassen, wer sich objektiv in Gefahr begibt, sollte es sich zwei Mal überlegen, ob er auf die Impfung verzichten will – am Ende indessen sind wir freie Menschen, deren IQ nicht systematisch tiefer liegt als der Durchschnitt unserer Politiker und Beamten.
In China sieht man das offensichtlich anders. In der Diktatur weiss nur ein Mensch alles besser – und das ist Xi Jinping, Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) sowie Staatspräsident der Volksrepublik China. Alle anderen sind chinesische Schafe, die man beliebig einsperren kann, wenn der böse Wolf hinter dem Baum seine Zähne fletscht.
In China, einem kommunistischen Staat seit 1949, gilt, was in der ebenfalls kommunistischen DDR sogar als eine informelle Nationalhymne gesungen wurde:
«Die Partei,
Die Partei, die hat immer recht.
Und, Genossen, es bleibe dabei.»
Seit in Wuhan (China) das Corona-Virus aufgetaucht ist, hat die KPC, genauer: Xi festgelegt, wie man im Jahr 2020 eine Pandemie bekämpft. Und was Xi im Frühling 2020 eingefallen ist, hat er offenbar nie mehr überdacht:
- Es gilt eine Null-Corona-Toleranz
- Erkrankt einer oder zwei der 1,4 Milliarden Chinesen an Corona, werden Millionenstädte abgeriegelt, Fabriken geschlossen, Menschen in ihre Häuser verbannt – koste es, was es wolle
- Dieser Ansatz wird noch heute angewandt
Wenn es je einen Politiker gab, der sich in die Knie geschossen hat und trotzdem behauptet, er hätte nur den Kopf getroffen, dann ist das Xi. Seine Wirtschaft: vor dem Ruin. Sein Ruf: in der Hölle. Sein Volk: in Aufruhr.
Zwar hat auch Xi versucht, mit Impfstoffen der Pandemie Herr zu werden. Aber weil Xi erstens ein kommunistischer Nationalist ist, und zweitens ein nationalistischer Kommunist, lag ihm viel daran, dass China seine eigenen Mittel entwickelte. Zu Xi’s Unglück erwiesen sich die kommunistischen Forscher leider als weniger talentiert als ihre Kollegen im kapitalistischen Westen:
- Die chinesischen Impfstoffe, wie etwa Sinovac oder Sinopharm, sind lausig
- Die bereits zitierte Studie aus Brasilien ergab, dass Sinovac bloss bei 50 Prozent der Patienten eine Wirkung zeigte (Pfizer, Moderna: 90 Prozent). Eine andere Untersuchung, die in The Lancet erschien (ein ebenso renommiertes medizinisches Journal), offenbarte, dass Sinovac nur zu 55 Prozent einer Hospitalisierung vorbeugte und zu 61 Prozent den Tod verhütete
Shit happens. Das kann passieren. Wäre Xi ein sterblicher Politiker, hätte er vermutlich stattdessen nun auf die westlichen Impfstoffe gesetzt. Weil er aber unsterblich ist, sollen die anderen Chinesen umso häufiger sterben: Die Einfuhr von Pfizer- oder Modera-Impfstoffen nach China bleibt verboten. Nie könnte die KP einräumen, dass sich die Chinesen ausserstande sehen, eine eigene effektive Impfung zu erfinden.
Das Reich der Mitte heisst so, weil es für die Chinesen nur eine Welt gibt, und die liegt mitten in China. Den Rest gibt es nicht. Das hatte man seinerzeit schon Marco Polo mitgeteilt (13. Jahrhundert).
«Die Partei,
Die Partei, die hat immer recht.
Und, Genossen, es bleibe dabei.
Sonne und Wind und sie geizte nie.
Wo sie war, war das Leben.
Was wir sind, sind wir durch sie.
Sie hat uns niemals verlassen.
Fror auch die Welt, uns war warm.»
Ich wünsche Ihnen einen wettermässig erträglichen Tag
Markus Somm
P.S. Mein Kollege Dominik Feusi hat den Röpke-Preis für Zivilgesellschaft gewonnen, eine renommierte Auszeichnung des Liberalen Instituts in Zürich. Damit wurde ein Journalist geehrt, der wie kein zweiter für die liberale Sache in diesem Land einsteht – ich kann das beurteilen, weil wir seit vielen Jahren eng zusammenarbeiten. Ich gratuliere Dominik Feusi von ganzem Herzen. Seine glänzende Preisrede, die er gestern im Zürcher Zunfthaus zur Saffran gehalten hat, erscheint am Samstag im Nebelspalter.