Printausgabe

Wohlfahrtsstaat

image 14. April 2023 um 07:00
Markus Grolik
Markus Grolik
Die Schweiz verkommt zur Dolce-Vita-Gesellschaft. Es dreht sich alles um die ausgeglichene Work-Life-Balance. Selbstverwirklichung vor Leistung; das darf aber nur gedacht, nicht laut gesagt werden! Wie lange geht das gut? – Die Arbeitsmoral von jungen Menschen steht immer wieder in der Kritik. Sie würden nur Dienst nach Vorschrift machen, seien viel zu wählerisch beim Job, und die Freizeit gehe sowieso über alles.
Teilzeitarbeit steht in der Schweiz hoch im Kurs. Das hat damit zu tun, dass das Steuersystem und der Wohlfahrtsstaat zum Teil falsche Anreize setzen. Wer viel arbeitet, ist der Dumme. Das Lamento ist bekannt: Die Schweiz, so heisst es, ist familienpolitisch ein Entwicklungsland. Die Mütter fehlen auf dem Arbeitsmarkt, darum müssen jedes Jahr Zehntausende ausländische Arbeitskräfte geholt werden. Man kann das Problem nur mit Elternurlaub und Gratiskrippen lösen, dann werden die Mütter Vollzeitjobs annehmen. So wie in den Hochsteuerländern Schweden und Frankreich, die als Vorbilder in der Familienpolitik gelten.
Trotz alledem hat die heutige Generation ihre eigenen Probleme. Statt sich ins Burnout hineinzuarbeiten, legt sie Wert darauf, ihren Job effizient zu erledigen. Was bedeutet, sich ausreichend Zeit für sich selbst zu nehmen. Und in vielen Haushalten gibt es heute meistens zwei Autos, eines davon ein Van. Üblich ist auch die Arbeit einer wöchentlich engagierten Reinigungsfrau, und die Umgebungsarbeiten werden vom Gärtner erledigt. Unsere Grossmütter würden sich im Grabe umdrehen – welche ist wohl die glücklichere und gesündere Generation? Das darf aber nur gedacht, nicht laut gesagt werden!
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