Somms Memo

Wie die FDP die Wahlen gewinnt. Eine Gebrauchsanleitung

image 8. September 2023 um 10:10
Thierry Burkart am Tag der FDP in Freiburg. (Bild: Keystone)
Thierry Burkart am Tag der FDP in Freiburg. (Bild: Keystone)
Die Fakten: Kein Parteipräsident ist beliebter als Thierry Burkart. Das zeigt das SRG-Wahlbarometer. Warum das wichtig ist: Mit diesem Pfund lässt sich wuchern. Empfehlungen eines freisinnigen Wählers. Es bleiben 6 Wochen, um die Schweiz zu retten. Vor einer Mitte-Links-Regierung. OK, das mag etwas übertrieben sein, zumal die Mitte, selbst wenn sie die FDP bei den Wahlen überholen sollte (wie das neueste Wahlbarometer nahelegt), nicht umgehend auf zwei Sitze im Bundesrat käme:
  • Gerhard Pfister, der schlaue Präsident der Mitte, hat bereits mehrfach klargestellt, dass man amtierende Bundesräte nicht abwählen würde. Ob er sich daran hält, ist eine andere Frage. Mit dem Essen kommt der Appetit
  • Auf jeden Fall stiege der Druck auf die FDP, sich in ein, zwei Jahren freiwillig von ihrem zweiten Sitz zu trennen und ihn der Mitte zu überlassen
Mit anderen Worten, am 22. Oktober, wenn wir das neue Parlament wählen, geht es für den Freisinn um alles oder nichts – und davon ist auch die Schweiz betroffen, zumal ihr liberaler und konservativer Teil, der nach wie vor die erdrückende Mehrheit darstellt.

Was tun? Zuerst eine ungeschminkte Zustandsanalyse:
  1. Der Freisinn hat zwar ein paar gute Leute – aber man sieht sie nicht, hört sie nicht, nimmt sie kaum wahr
  2. Der Freisinn wirkt inhaltlich viel zu bleiern, zu altklug, kaum sympathisch, wenig leidenschaftlich. Wenn ich auf der freisinnigen Website das Wahlprogramm studiere, dann schlafe ich innert Sekunden ein, selbst wenn ich vorher hellwach war: Das Sekundenschlaf-Programm
  3. Man bleibt abstrakt und unverbindlich statt konkret und scharf: «Wirtschaft stärken, Wohlstand ausbauen» – wer ist dagegen? Niemand
  4. Man schwebt in den Wolken, weil man sich vor dem Boden der Realität fürchtet: «Sicherheit und Resilienz stärken» — Hää? So klingen zu teure Psychiater
  5. Die FDP kommt in den Medien viel zu wenig vor. Kein Journalist regt sich über sie auf, also wird auch nicht über sie berichtet
Das alles ist nur halb so wild – sofern man das Steuer herumreisst. Das ist möglich, Zeit genug bleibt.
The Big Picture: Dabei empfehle ich der Parteileitung, sich das neueste Wahlbarometer genauer anzusehen, das die Meinungsforscher des Sotomo-Instituts für die SRG vorgenommen haben. Es ist diese Woche erschienen. Auf diese Erkenntnisse kommt es an:
  • Kein Parteipräsident ist so populär wie Thierry Burkart. Keinem wird mehr zugetraut. 66 Prozent der Befragten sehen das so
  • Die beiden grössten Ärgernisse der freisinnigen Wähler sind: die Klimakleber und die Gender-Debatte
  • Wenn man die Wählerwanderungen betrachtet, dann fällt auf: Die FDP verliert in erster Linie an die SVP (0,5 Prozent) und nicht – und das ist ganz entscheidend – an die GLP (0 Prozent!)

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Daraus leite ich folgende Massnahmen ab:
  1. Thierry Burkart Superstar. Jeder Auftritt in den Medien oder im Publikum, den er absolviert, zählt doppelt. Ich weiss, der arme Mann ist jetzt schon viel unterwegs, trotzdem reicht es nicht. Die FDP sollte ihn von allem unnötigen Schrott entlasten und ihn behandeln wie einen Hollywood-Star: Eigener Wohnwagen, jeden Tag ein Glas Champagner
  2. Das Plakat: «Anpacken statt ankleben», das sich gegen die Klimakleber richtet, trifft genau jene, die den freisinnigen Wählern am meisten auf die Nerven gehen. Weiter so! Warum nicht den Gender-Irrsinn attackieren?
  3. Die FDP verliert an die SVP – nicht an die GLP! Das heisst: Um die Rechten muss sich die Partei kümmern – nicht um die Linken. Die FDP ist rechtsbürgerlich oder gar nicht. Wann immer Burkart den Mund aufmacht, gewinnt er zwanzig bürgerliche Wähler – wann immer eine linksbürgerliche Freisinnige repliziert, schlagen sich die Wähler in die Büsche
  4. Die Journalisten – lieben den Freisinn nicht, es sei denn, er bewegt sich nach links. Das muss man wissen. Damit lässt sich aber auch arbeiten: Die FDP sollte alle drei Tage die Mainstream-Medien aufs Blut reizen. Wie? Mit einem Plakat zur Energiepolitik zum Beispiel, wie jenes, das die FDP schon gemacht hat: «Wir machen die Schweiz stark! Kraftwerke bauen. Blackouts verhindern». Dieser Text ist OK, aber jetzt wird er mit einem Stausee illustriert. Falsch! Zeigen Sie ein schönes, neues Atomkraftwerk. Sie werden sich wundern, wie viele Medienanfragen Sie plötzlich erhalten


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Noch ist der Freisinn nicht verloren. Es kommt gut, wenn der Freisinn sich auf das besinnt, was er zweihundert Jahre lang am besten gekonnt hat: die bürgerliche, liberale Schweiz zu verteidigen. Mit Zähnen und Klauen – nicht mit Wischiwaschi und Hösitum. Oder wie es Elizabeth Taylor, die grosse Schauspielerin, gesagt hat: «Ich verliere nie meine Nerven, sondern reagiere einfach sehr schnell auf Bullshit». Ich wünsche Ihnen ein wundervolles Wochenende Markus Somm Wer es genauer wissen will: SRG-Wahlbarometer

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