Vom Nähmaschinenhersteller zum Auto-Pionier
Automontage 1935 bis 1974 in Biel/Bienne.
Der US-Bundesstaat Kalifornien gilt als automobile Trendsetterregion, die Schweiz folgt unmittelbar dahinter, vor New York, Florida oder auch Deutschland, was die Akzeptanz für neue Strömungen der Autokäufer anbelangt. Kombis statt profane Limousinen, Minivans statt nüchterne Personentransporter, imponierende SUV`s statt Kombis («Caravan»), mit Allrad vorwärts kommen, statt im 2WD stecken bleiben. Der europäische GM-Ableger Opel war immer zuvorderst dabei, wenn es darum ging, neue Segmente käufertauglich zu machen, und in der Schweiz lange Zeit die Automarke schlechthin.
1934 hatte die Wirtschaft einen Tiefpunkt erreicht. Zum Schutz vor übermässigem Kapitalexport erliess der Bund Importrestriktionen, die unter anderem auch die Einfuhr von Automobilen empfindlich beschnitten. 1935 kam Opels Muttergesellschaft General Motors der Schweiz zu Hilfe.
Automontage 1935 bis 1974 in Biel/Bienne.
40 Jahre Montage Suisse
Als sich die Eidgenossenschaft um das Schicksal der Arbeitslosen sorgte und sich um die Ansiedlung neuer Industrien bemühte, sah sich GM nach geeigneten Anlagen zur Errichtung eines Automobil-Montagewerkes um, und fand in Biel/Bienne den perfekten Standort in Steinwurfweite vom Bahnhof. Nach Einstellung der Produktion 1974 – total rund 300 000 Autos welche u.a. auch nach Italien und Österreich exportiert wurden -, konnte GM mit der Kernmarke Opel seine Position in der Schweiz als Nummer Eins dank dem guten Ruf «Opel der Zuverlässige», innovativen Modellen und einer treuen Händlerschaft weiter halten und bis zur aufkommenden «Premiumisierung» auf 15 % Marktanteil ausbauen. Gemäss Duden bedeutet Premium «ausserordentliche Qualität»; ein von Journalisten erfundenes Siegel, welches die Luxusmarken für ihr Marketing gerne übernahmen, ohne dem Anspruch «Qualität» immer zu genügen. Jedenfalls kam Opel unter Druck, und Premium spaltete bald einmal die automobile Gesellschaft. Die Chancen, die Bastion der grossen Opel, wie seinerzeit den Kapitän erfolgreich zu verteidigen, versickerten im Image als so genannter Volumenhersteller. Mittlerweile stehen in den Tiefgaragen mehr BMW und Mercedes als Opel. Der Calibra von 1989, im Anschluss an das populäre Manta-Coupé war ein Gegensteuerversuch, gedopt mit der Variante Calibra Turbo 4x4 anno 1992. Davor schon kam der Lotus Omega, kurzzeitig die schnellste Limousine der Welt.
Den SUV-Trend in Europa läutete Opel ein, gedopt mit der Luxusvariante Monterey 1992.
Innovationen
Der Hersteller mit Sitz nahe dem Frankfurter Flughafen konterte die aufkommende Premiummania früh mit dem ersten SUV einer europäischen Marke, dem Frontera 1991, und setzte noch bevor die Elitemarken reagierten, mit dem luxuriöseren Opel Monterey eins obendrauf. Das Engagement war erfolgreich, aber nicht stabil genug. Dank dem 1999 lancierten Minivan Zafira mit flexiblem Siebensitz-System vermochte Opel die Position im Markt zu halten, aber die Übermacht «Premium» reagierte schnell. Opels Innovationen kosteten Geld, und als GM 2008 in die Finanzkrise geriet und Insolvenz anmelden musste, befand sich die Marke mit dem Blitz im Strudel. 2017 verkauften die Amerikaner ihre europäischen Töchter Opel/Vauxhall an die französische PSA-Gruppe, welche seit 2021 zusammen mit Fiat Chrysler Automobiles unter dem Namen Stellantis als drittgrösster Autohersteller der Welt agiert. Und damit den innovativen Opelanern im Entwicklungszentrum in Rüsselsheim neue Chancen für Wachstum bietet. Der einst den Schweizer Markt dominierende Autohersteller, welcher 1862 mit der Herstellung von Nähmaschinen begann, dann zum grössten Velohersteller weltweit wurde, und schliesslich zur meistverkauften Automarke u.a. auch in Deutschland, steht vor einem vielversprechenden Neuanfang, kann von deutschen, italienischen, französischen und amerikanischen Eigenheiten sowie gemeinsamen Teile-Einkäufen profitieren. Daraus lassen sich über die Opel-Ingenieure interessante neue Projekte in die Stellantis-Strategie einbringen.
Der Lotus Omega galt 1991 als schnellste Limousine der Welt.
Viele Jahre ein zugkräftiger Slogan im Autobusiness.