Feusi Fédéral, Ep. 158

Gerhard Schwarz: «Liberale brauchen mehr Mut»

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19.12.2024

Der Publizist und Ökonom Gerhard Schwarz über den Liberalismus in der Schweiz und was es braucht für mehr Freiheit im Land. Der frühere NZZ-Wirtschaftschef und Direktor von Avenir Suisse erläutert, warum die «neue Völkerwanderung» eine Herausforderung für den Liberalismus darstellt und wieso Verträge mit der EU, die das politische System tangieren, für ihn nicht infrage kommen.

«Es braucht Mut und Zivilcourage»

Gerhard Schwarz hat mit René Lüchinger und Peter Schürmann ein Buch über den Liberalismus in der Schweiz geschrieben, das die Entstehung, die Eigenheiten und die Herausforderungen der freiheitlichen Idee in der Schweiz nachzeichnet. 

Für Schwarz hat der Liberalismus kein klares Programm und er ist eigentlich nicht mehrheitsfähig. Damit freiheitliche Ideen trotzdem Gewicht bekommen, müssten die Liberalen mehr Mut zu grundsätzlichen Gedanken aufbringen. Liberale seien nicht gegen den Staat, aber für einen schlanken Staat. «Die, die es nicht brauchen, werden auch nicht vom Staat gestützt, das ist die Grundphilosophie.» Das zu vertreten, dafür brauche es leider ziemlich viel Mut und Zivilcourage.

Herausforderung «Völkerwanderung»

Zu den Herausforderungen gehört aber nicht nur ein wachsender Staat, sondern auch eine «Völkerwanderung». Aus Afrika komme ein «unglaublicher Bevölkerungsdruck», letztlich genau deshalb, weil der Westen wegen seiner freien Marktwirtschaft so erfolgreich sei. «Hunderte von Millionen nehmen fast jedes Risiko auf, um der Armut zu entkommen.» Diesem Druck standzuhalten sei unglaublich schwierig. «Ich glaube, wir müssen versuchen, da dagegen zu halten, weil sonst unsere Gesellschaft untergeht.»

Die Schweiz als «Unikat»

Gerhard Schwarz schaut skeptisch auf die derzeit verhandelten Rahmenverträge: «Ich bin gegen Isolation, aber auf der anderen Seite halte ich aber unser politisches System für so eigenwillig und eigenständig, dass es nicht in die Welt der anderen Staaten passt.» Das politische System der Schweiz sei ein absolutes Unikat, das erstens den Erfolg des Landes begründe und zweitens freiheitlicher und selbstbestimmter als jedes andere politische System in Europa sei. «Wir können mehr mitreden als alle anderen.»

Dieses System solle die Schweiz unbedingt behalten, findet Schwarz. «Alles, was bei den Abkommen unser politisches System tangiert, ist aus meiner Sicht das No-Go. Das sollten wir nicht akzeptieren.» Wenn das verlangt werde, dann müsste man den Deal ablehnen.

Keine bessere Alternative zum Liberalismus

Warum bleibt Schwarz trotz der Herausforderungen ein Liberaler? Im Buch fordert er einen «robusten Liberalismus», und zwar «nach wie vor – nicht, weil er das Paradies auf Erden verspricht, nicht weil er in irgendeinem Sinne perfekt oder ideal wäre, sondern allein deswegen, weil es keine bessere, menschengerechtere, menschenwürdige Alternative zu ihm gibt, weder in der Theorie noch – erst recht – in der Praxis.»


René Lüchinger, Peter Schürmann, Gerhard Schwarz: Ringen um Freiheit, Liberalismus in der Schweiz, NZZ Libro, Zürich 2024, 38.-, hier bestellen.

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