Somms Memo

Eine 13. AHV-Rente für die Goldküste. Vom Unsinn einer linken Idee.

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22.01.2024
Verzweifelter Rentner. Bild: zukunft-sichern
Verzweifelter Rentner. Bild: zukunft-sichern

Die Fakten: Die Gewerkschaften möchten eine 13. AHV-Rente einführen. Am 3. März wird abgestimmt.
 
Warum das wichtig ist: Selten hat die Linke so einen Unsinn verlangt. Wenn die Bürgerlichen verlieren, dann sind sie selber schuld.

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Es gibt ein Gesetz, das Alexis de Tocqueville (1805-1859) aufgestellt hat, ein Franzose und vielleicht einer der grössten politischen Denker aller Zeiten; man spricht vom «Tocqueville-Effekt». Und der wirkt sich so aus:

  • Revolutionen brechen nicht dann aus, wenn es den Menschen wirklich schlecht geht, also wenn sie hungern, frieren und verzweifeln
     
  • Sondern oft dann, wenn sich die Menschen besser fühlen und sich die meisten ihrer Sorgen objektiv erledigt haben. Dann werden die Menschen richtig unzufrieden, dann steigen sie auf die Barrikaden

Sollte am kommenden 3. März das Fiasko eintreten, und Schweizer Volk und Stände stimmen der Initiative der Gewerkschaften zu, die für alle eine 13. AHV-Rente fordert, dann dürfte sich Tocqueville mit Genugtuung in seinem Grab drehen.
Er wurde einmal mehr bestätigt.
 
Denn das Problem, das die Gewerkschaften lösen wollen, – die Altersarmut – haben wir längst gelöst.

  1. Ist in der Schweiz keine Altersgruppe reicher als die Leute über 65, wenn man Einkommen und Vermögen berücksichtigt
     
  2. Steht uns mit den Ergänzungsleistungen ein bewährtes Mittel zur Verfügung, um jenen gezielt zu helfen, die sonst nicht über die Runden kämen

Dazu ein paar Zahlen:

  • 1 687 000 Menschen, die in der Schweiz wohnen, bezogen 2021 eine Altersrente der AHV (sowie 784 000, die im Ausland leben)
  • 220 000 von ihnen erhielten Ergänzungsleistungen, das heisst, ihre Rente reichte nicht zum Leben aus. (Wer seinen Wohnsitz im Ausland hat, bekommt keine EL)
  • 220 000 von 1,7 Millionen: das sind 12,5 Prozent


Und wegen 12,5 Prozent sollen 87,5 Prozent nun ebenfalls eine 13. Rente bekommen?
 
Wenn das nicht Unsinn ist, dann heisse ich Pierre-Yves Maillard.
 
220 000 Menschen sind zu arm, um ihre alten Tage in materieller Sicherheit zu verbringen. Das ist schlimm genug – aber genau deshalb haben wir ja die EL geschaffen. Wenn eine sozialpolitische Massnahme konkret und sozial hilft, dann die EL. Das Geld kommt dorthin, wo man es am meisten braucht. Was will man mehr von einem modernen Sozialstaat?

  • Wir dürfen stolz darauf sein
  • Gerade die Linke

Zumal es sich bei den EL um Sozialleistungen handelt, auf die jedermann einen Rechtsanspruch hat.

  • Entgegen der Gräuelpropaganda der Gewerkschaften muss also niemand aufs Amt kriechen und dort um Hilfe betteln. Das Einzige, was man von ihm verlangt, ist eine Darlegung seiner finanziellen Verhältnisse. Das scheint mir zumutbar.

    Erleben wir das nicht alle auch? Jedes Jahr, wenn wir die Steuererklärung ausfüllen und den Behörden sämtliche finanziellen Geheimnisse zu offenbaren haben – auf Franken und Rappen genau
  • Ebenso stimmt es nicht, dass es Rentner gibt, die kaum Einkommen haben, aber trotzdem keine EL erhalten, weil sie im eigenen Haus wohnen. Wenn überprüft wird, ob jemand EL zugute hat, wird Wohneigentum nicht angerechnet – sondern allein das übrige Vermögen (wer mehr als 100 000 Franken besitzt, erhält keine EL, bei Ehepaaren sind es 200 000)
  • Schliesslich werden auch die KrankenkassenprämienHeizkosten und der Mietzins einbezogen, und falls sie steigen, laufend angepasst


Kurz, niemand muss in diesem Land mehr hungern und frieren, wenn er alt ist, – wie das vor gut 100 Jahren noch häufig vorkam.

Das war jene Zeit, genauer: 1925, da das Volk deshalb eine Verfassungsgrundlage für eine staatliche Altersversicherung guthiess. Deren Umsetzung liess allerdings auf sich warten, erst 1947 überstand eine Vorlage die Volksabstimmung, 1948 wurde die AHV eingeführt.

  • In erster Linie das Verdienst von Bundesrat Walther Stampfli (1884-1965), – ein Freisinniger!
     
  • Was die Linke aber nicht daran hinderte, die AHV als eine ihrer eigenen, grössten Errungenschaften anzusehen


Who cares? Tatsächlich hatte die Arbeiterbewegung gut 50 Jahre für eine AHV gekämpft. Im Grunde hätte die AHV der Abschluss ihrer politischen Tätigkeit sein können, der Sozialstaat war damit etabliert, was folgte, war bloss die technische und finanzielle Vervollkommnung.
 
Natürlich läuft es in der Politik nie so – siehe Tocqueville.

  • Manchmal gibt es für einen Politiker nichts Schlimmeres, als die Aufgabe erledigt zu haben, für deren Erledigung er jahrelang eingetreten war
     
  • Er gleicht einem reichen Römer, der nach einer stundenlangen Orgie nicht mehr essen kann, weil er schon so viel zu sich genommen hat. Vor lauter Verzweiflung nimmt er ein Brechmittel, und behauptet, er sei am Verhungern


Darunter leiden jetzt die Gewerkschaften und ihre Verbündeten bei der SP.
 
Denn der Schweizer Staat gibt inzwischen für nichts mehr aus als für die soziale Wohlfahrt.

  • Allein beim Bund sind es heute rund 25 Milliarden Franken
  • Dabei haben sich die Sozialausgaben seit 1995 verfünffacht (Bund)

 
Wäre es nicht an der Zeit, die Linke würde anerkennen, dass sie in Sachen Sozialstaat alles erreicht hat? Und so gut wie alle Spuren der einstigen Altersarmut beseitigt sind?
 
Stattdessen fordert sie nun aus Verzweiflung eine 13. AHV-Rente für die hart gebeutelten Bewohner der Goldküste.
 
Mag sein, dass der eine oder andere von ihnen sich keine Orgie mehr leisten kann.
 
Oder wie es der unsterbliche Obelix gesagt hat:
 
«Mit den Römern ist’s wie mit den Austern: allzuviel ist ungesund!»
 
 
Ich wünsche Ihnen einen fantastischen Wochenbeginn
 
Markus Somm

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