Somms Memo #28 - Abschied vom Rauchen
Warum das wichtig ist: Rauchen gefährdet Ihre Gesundheit. Jedes Jahr sterben rund 9500 Menschen daran. Doch welche Gegenmassnahmen wirken? Niemand weiss es genau. Die Bilanz ist durchzogen.
Seit Jahren bemühen sich Politiker, Ärzte, Lehrer und Behörden, den Jugendlichen das Rauchen auszutreiben. Zu Recht. Denn, so lehrt alle Erfahrung, wer in jungen Jahren anfängt, bleibt oft das ganze Leben lang süchtig. Die gesundheitlichen Folgen sind dramatisch. Wer raucht, erhöht sein Risiko beträchtlich, vorzeitig zu sterben.
Schon in den 1970er Jahren kamen deshalb politische Bewegungen gegen das Rauchen auf, insbesondere in den USA, aber auch in Westeuropa, in den 1980er Jahren übernahm die World Health Organization WHO eine führende Rolle, doch so richtig in Fahrt kam die Kampagne erst in den späten 1990er Jahren. Seither geht das Rauchen im Westen Jahr für Jahr zurück, während es sich an anderen Orten, etwa in Osteuropa, hartnäckig hält.
In Asien breitet sich das Rauchen gar weiter aus. China ist heute die internationale Hochburg des Lasters:
- Rund 350 Millionen Chinesen rauchen, Tendenz steigend
- Jeder dritte Raucher der Welt ist ein Chinese
- Selbst die chinesischen Ärzte rauchen: 41 Prozent der männlichen, 1 Prozent der weiblichen Ärzte
Die WHO hat ihren Kampf gegen das Rauchen laufend verschärft und ausgedehnt, es handelt sich wohl um eine der umfangreichsten Gesundheitskampagnen der Weltgeschichte.
Wenn man die Entwicklung im Westen betrachtet, dann zeigen sich durchaus Erfolge – dabei ergriffen alle westlichen Länder ähnliche Gegenmassnahmen, wie von der WHO empfohlen; die wichtigsten sind:
- Rauchverbote im öffentlichen Raum, im öffentlichen Verkehr, in Restaurants
- Präventionskampagnen, vor allem an Schulen
- Werbeverbote
- Immer radikalere, tödlichere Warnungen auf den Päckchen
- Preissteigerungen, Steuern
Auch die Schweiz folgte diesem Vorbild:
- 1998 untersagte die Swissair das Rauchen an Bord
- 2005 schloss die SBB ihre Raucherabteile
- 2010 wurde das Rauchverbot in allen Restaurants durchgesetzt
- Die Tabakwerbung wurde im Lauf der Jahre sukzessive eingeschränkt
- Die Preise gingen ständig in die Höhe
Damit einher ging eine gesellschaftliche Ächtung des Rauchens, die insbesondere in den oberen Mittelschichten verfing. Wer gut ausgebildet ist und einen prestigereichen Job ausübt, raucht in der Regel nicht mehr. Die Zeiten sind vorbei, wo man Bundesräte, Bankiers und Verwaltungsratspräsidenten in aller Öffentlichkeit rauchen sah.
Vollkommen akzeptiert war das Laster allerdings nie.
General Guisan, der Oberbefehlshaber der schweizerischen Armee im Zweiten Weltkrieg und vermutlich der beliebteste Schweizer Chef aller Zeiten, war ein Kettenraucher. Alle zehn Minuten, so berichten Zeitzeugen, habe er eine Zigarette angezündet. Davon sollte die Öffentlichkeit aber nichts erfahren. Der General fürchtete um seine Autorität. Deshalb sorgte er dafür, dass kaum ein Foto von ihm erschien, das ihn als Raucher zeigte. Die Zensur hatte viel zu tun, doch sie löste ihre Aufgabe tadellos: Es existieren ganz wenige Bilder des Generals, die ihn als Raucher verraten.
In den 1990er Jahren begannen die Schweizer Behörden das Rauchen zu bekämpfen, dreissig Jahre später – nach zahllosen Verschärfungen und Millionen von Franken, die man in die Prävention gesteckt hat – fällt die Bilanz allerdings ambivalent aus.
- 1992 rauchten noch 30,1 Prozent der Schweizer, die über 15 Jahre alt waren
- 1997, kurz vor Beginn der vielen Kampagnen, waren es 33,2 Prozent
- Gut zwanzig Jahre später sind es immer noch 27,1 Prozent (2017)
Das ist ein Rückgang von 20 Prozent. Ist das viel, ist es wenig? Darüber kann man sich mit Fug und Recht streiten. Fest steht: Im Verhältnis zu den Aufwendungen wirkt dieses Ergebnis eher enttäuschend. Wenn auch nicht ganz überraschend.
Aus liberaler Sicht ist das keine schlechte Nachricht:
Wahrscheinlich überschätzt man die Möglichkeiten des Staates, das individuelle Verhalten des Menschen mit Lenkungsabgaben (Preis, Tabaksteuer), Verboten oder gut gemeinten, öffentlich plakatierten Ratschlägen zu beeinflussen, geschweige denn zu ändern.
Nirgendwo offenbart sich das drastischer – und deprimierender – als bei der wichtigsten Zielgruppe aller Kampagnen, den Jugendlichen. Hier muss man geradezu von einem Fiasko sprechen:
- 1992 rauchten 30,9 Prozent der 15- bis 24jährigen
- 2017 waren es 31,7 Prozent. Ihr Anteil hat zugenommen
Kann sein, dass diese Zahlen die Initianten des Tabakwerbeverbotes wenig beeindrucken. Vielmehr dürften sie sich in ihrem Kampf bestärkt fühlen: Jetzt erst recht!
Wer die Sache dagegen nüchtern betrachtet, sieht sich – wie so oft – mit einem Trade-off konfrontiert:
- Gesundheit
- versus Wirtschaftsfreiheit
Wenn wir uns die Zahlen in aller Ruhe vor Augen führen und eine Güterabwägung vornehmen, dann fällt diese wohl so aus:
- das Tabakwerbeverbot bringt wenig, wenn überhaupt etwas
- gleichzeitig schränkt es die Wirtschaftsfreiheit erheblich ein
So gesehen empfehle ich ein Nein zu dieser gut gemeinten, aber wenig guten Initiative – sie bewirkt nichts – ausser die Illusion vorzuspiegeln, etwas bewirkt zu haben.
Rauchen ist und bleibt ein Laster – aber in einer liberalen Gesellschaft ist es nicht an uns oder dem Staat, anderen Menschen vorzuschreiben, wie sie ihr Unglück finden.
Manche sind unbelehrbar – und sie sind es gern.
Der britische Bildhauer Damien Hirst hat dazu alles Nötige gesagt:
«Rauchen ist die perfekte Methode, Selbstmord zu begehen – ohne zu sterben. Ich rauche, weil es schlecht ist, es ist so simpel.»
Ich wünsche Ihnen einen gesunden Tag
Markus Somm