Somms Memo #13 - Steht Trump vor Comeback?

image 15. Dezember 2021 um 11:00
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Warum das wichtig ist: Das ist bad news für Joe Biden – das ist bad news für manche Republikaner. Sollte Trump 2024 antreten wollen, kommen sie kaum an ihm vorbei. Wiederholt sich die Geschichte? Erst elf Monate im Amt, muss Biden bereits um seine Wiederwahl bangen – angenommen er möchte sich 2024 überhaupt um eine zweite Amtszeit bewerben, was angesichts seines hohen Alters nicht ausgemacht ist. Selten hat sich die Stellung eines Präsidenten so rasch zersetzt wie im Fall von Biden: Inkompetenz, Pech, Erfolglosigkeit. Politische Leichen pflastern seinen Weg. Nichts verdeutlicht seinen Absturz wohl besser als die Tatsache, dass die amerikanischen Meinungsforschungsinstitute wieder Umfragen vornehmen, wo sie Biden gegen Trump antreten lassen, den Vorgänger. Das ist sehr unüblich. Wer in Amerika als Präsident nicht wiedergewählt wird, verschwindet im Orkus – oder auf einer Ranch, wo er Enkel betreut und Memoiren diktiert. Nicht so Trump. Als Untoter zog er es vor, seine politischen Feinde (und Freunde) Nacht für Nacht heimzusuchen.
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Nun scheint sich das Gespenst von neuem in einen Kandidaten aus Fleisch und Blut zu verwandeln. Dafür kann Trump aber nichts. Dass Meinungsforscher und Journalisten sich für ihn interessieren – das liegt allein an Biden und seiner zerschlissenen Präsidentschaft. Zur Stunde ist offen, ob er sie noch retten kann. Drei Krisen setzen ihm zu:
  • Corona. Biden hatte angekündigt, am 4. Juli 2021, pünktlich zum Nationalfeiertag, sei die Pandemie erledigt. Davon ist wenig zu spüren. In Bidens Amtszeit sind mehr Amerikaner an Corona gestorben als unter Trump.
  • Inflation. Jahrelang von der Bildfläche verschwunden, ist sie zurück. Inzwischen hat sie auf 6,8 Prozent zugenommen. Verantwortlich sind in erster Linie die Energiepreise. Doch Biden sieht wie einer aus, der von Wirtschaft nichts versteht.
  • Kriminalität. Black Lives Matter (BLM) eine marxistische, militante Bewegung hat dafür geworben, der Polizei die finanziellen Mittel zu entziehen. Mit Erfolg. Die Demokraten machten mit. Die Folge: Rekordmässig steigende Kriminalität in vielen Städten. Mehr Morde, mehr Diebstähle, mehr Chaos.
Und Biden, der als Kandidat so erwachsen, so grossväterlich gewirkt, dem man zugetraut hatte, das aufgebrachte Land zu beruhigen, ist in den Augen vieler Amerikaner zu einem verstockten, konfusen Mann geworden, dessen Alter nur noch eines bedeutet: Dass er zu alt ist.
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Sein Problem dürfte jedoch tiefer gehen – und es ist nicht sein Problem allein, sondern es bringt die ganze demokratische Partei in Gefahr. Das legen Studien nahe, die zeigen, wie die Demokraten bei einzelnen, für sie entscheidenden Wählergruppen spürbar an Rückhalt verloren haben, – so spürbar, dass ihre Regenbogen-Koalition von Minderheiten zusammenzubrechen droht:
  • In den Wahlen von 2020 haben die Demokraten im Vergleich zu 2016 erstaunlich viele schwarze Wähler an Trump verloren.
  • Noch ausgeprägter fielen ihre Verluste bei den Latinos aus: Trump sprach so viele Latinos an wie noch kein republikanischer Kandidat.
Gewiss, nach wie vor wählen rund 90 Prozent aller Schwarzen demokratisch, ebenso sind es noch über 60 Prozent der Latinos, doch der Trend zeigt für die Demokraten nur nach unten.
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Diese Entwicklung ist viel dramatischer, als man meint. Denn die Demokraten verlieren nicht bloss Wähler, sondern die Gewissheit, dass ihnen aus demographischen Gründen die Zukunft gehört. Jahrelang glaubten sie an diese Theorie: Je mehr sich das weisse Amerika in eine multikulturelle Gesellschaft verwandelt, desto unschlagbarer werden die Demokraten. Denn wen sonst als die Demokraten sollten diese vielen ethnischen Minderheiten wählen? Waren die Republikaner nicht alles Rassisten? Deshalb meinten die Demokraten, die Schwarzen, die Hispanics, ja, die Asiaten im Sack zu haben; und aus dem gleichen Grund erfüllte sie die schier unaufhaltsame Immigration auch nicht mit Sorgen, sondern eher mit Genugtuung. Es kamen neue Menschen, es kamen neue Wähler. Stattdessen müssen sie nun feststellen, dass dem nicht so ist. Viele Demokraten haben es gar nicht gemerkt – was die Sache für sie noch riskanter macht. Selbstverliebtheit und Selbstgerechtigkeit. Dabei müsste ihnen keine Bevölkerungsgruppe mehr Kopfzerbrechen bereiten als die Latinos: Hier haben sie nicht einfach an Unterstützung verloren, hier kündigt sich ein Exodus an. Das offenbart sich, wenn man in die Details geht:
  • In Texas, einem Staat, wo die Theorie der strukturellen demokratischen Mehrheit am ehesten aufzugehen schien, hat Biden enorm an Unterstützung verloren. Bloss 35 Prozent der Latinos halten seine Amtsführung für gut. Nur 29 Prozent heissen seine Einwanderungspolitik gut. Das sind unterirdische Werte.
  • Käme es 2024 zu einem erneuten Duell zwischen Biden und Trump würden 44 Prozent Biden wählen, aber 43 Prozent Trump. Eine extreme Verschiebung. 2020 gewann Biden 63 Prozent der Latinos für sich, Trump bloss 33 Prozent.
Politik ist nicht einfach Statistik. Die Demokraten lagen falsch, als sie damit rechneten, ihre Wählerschaft wachse unaufhörlich, solange immer mehr Leute nach Amerika einwanderten. Einwanderer sind nicht einfach Schafe – sondern Menschen wie alle Einheimischen auch, mit eigenen Interessen und mit einem eigenen Kopf. Ob die Demokraten, die sich zusehends zu einer Partei der amerikanischen Oberschicht verwandeln, in der Lage sind, die nötigen Schlüsse zu ziehen, scheint fraglich. Zu gönnerhaft gehen sie mit Minderheiten um. Freundlich, aber herrisch, wie seinerzeit auf der Plantage. Ich wünsche Ihnen einen abwechslungsreichen Tag. Markus Somm

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