Printausgabe
Schneebauer Knüsel rettet den Wintersport
Pascal Coffez
Milchbauer Knüsel hat ein Problem: Seine furzenden Kühe zerstören den Planeten. Zum Glück kann dieses Problem gelöst werden. Es ist einmal mehr der Sport, der aus unserer Mutter Erde einen besseren Planeten und aus Milchbauer Knüsel einen Schneebauer macht.
Bin ich hier richtig?
Kommt drauf an, was Sie wollen. Setzen Sie sich doch bitte.
Also, ich bin Milchbauer …
… und das ist doch schön. Was wollen Sie denn bei uns auf der Berufsberatung? Sie haben ja schon einen tollen Job.
Toll, das war einmal. Heute werde ich angefeindet wegen Massentierhaltung und CO2-Ausstoss und so.
Dann werden Sie doch Gemüsebauer.
Haben Rüebli denn keine Seele? Ich will endlich etwas Sinnvolles tun.
Warten Sie mal, wir haben da ein neues agronomisches Berufsbild mit Potenzial: Kennen Sie sich aus mit Schnee?
Nein, ich nehme keine Drogen.
Ich rede vom Schnee, der vom Himmel fällt – früher in rauen Mengen, heute etwas zurückhaltender.
Ja, ich weiss, meine furzenden Kühe sind an der Klimaerwärmung mitschuldig.
Papperlapapp! Sehen Sie die Erderwärmung doch mal positiv! Für Ihre Berufsaussichten ist der Mangel an Schnee jedenfalls ein Segen. Ich sehe Sie in naher Zukunft als glücklichen Schneebauer.
Hat es Ihnen ins Hirn geschneit? Schnee kann man doch nicht säen, und Absatzmärkte gibt es auch weit und breit keine.
Sie sind zum Glück ein richtig dummer Bauer. Sie werden bestimmt die grössten Schneehaufen ernten! Erstens: Säen brauchen Sie den Schnee nicht, er fällt ja immer noch moderat vom Himmel und wird mittels Kanonen auch hervorgeballert. Zweitens: Dank der von Ihren Kühen verursachten Klimakatastrophe gibt es einen grossen Absatzmarkt. Skigebiete, Langlaufloipen und unser Marco Odermatt: Sie alle lechzen richtig nach dem Snowfarming.
Und wie funktioniert dieses Schneefarming?
Ich zitiere von der Website des Instituts für Schnee- und Lawinenforschung: «Gegen Ende Winter werden an geeigneten Standorten im Freien mehrere Meter mächtige Haufen aus Schnee produziert und mit einer Isolierschicht, z. B. Sägemehl oder Hackschnitzel, bedeckt. Der so konservierte Schnee dient als Basis für die Präparation von Langlaufloipen, Skipisten oder Sprungschanzen am Anfang des Folgewinters.» Die studierten Schneeforscher folgern daraus: «Snowfarming ermöglicht weitgehend einen wetterunabhängigen frühen Start in die Wintersaison.»
Für meine Milchkühe erhalte ich vom Bund Direktzahlungen …
… und die fliessen bald auch für Ihre Schneehaufen. Skifahren ist hierzulande systemrelevant und ein Menschenrecht. Die Gondeln wurden vollgepfercht, als unten im Flachland wegen Corona alles stillstand. Die Gondeln fuhren, als wir zu Hause aus Angst vor einem Blackout nur kalt duschten. Damit die Schweiz läuft, müssen die Gondeln laufen. Und die Gondeln laufen nur, wenn es genügend Schnee hat.
Ich verstehe. Aber wenn der einheimische Schneemarkt einmal gesättigt sein sollte, dann habe ich keine Exportmöglichkeiten.
Sie sind mir ja ein richtig dummer Bauer – und ein Jammeri noch dazu! Die anderen Alpenländer wollen doch auch Schnee! Zudem sind Saudi-Arabien und Katar ebenfalls an Importen interessiert.
Sie sind mir ja ein Lustiger: Für was sollten die Golfstaaten denn Schnee brauchen?
Für das Gleiche wie wir: für Pisten, Loipen und Schanzen. 2029 werden die Asien-Winterspiele in Saudi-Arabien stattfinden. Die Wüsten und Berge der Region würden «zum Spielplatz des Wintersports», haben die Scheichs verkündet. Wer ganze Fussballstadien herunterkühlt, ist bestimmt auch bereit, Schnee zu importieren. Für Sie als künftiger Schneebauer ist das eine Chance!
Schneeflöckchen, Weissröckchen. Ich werde Retter des globalen Wintersports, Held der skibesessenen Schweiz, Snowfarmer. Schluss mit furzenden Kühen und CO2-Ausstoss.