Somms Memo
Ramaswamy for President? Vielleicht würde er uns in den Dritten Weltkrieg führen.
Vivek Ramaswamy, Superstar des Isolationismus.
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Die Fakten: Vivek Ramaswamy will bis 2028 die Militärhilfe an Israel einstellen, Taiwan den Chinesen überlassen und Putin einen Teil der Ukraine abtreten.
Warum das wichtig ist: Wenn dieser Mann Präsident der USA wird: Dann hat er entweder noch vieles zu lernen oder er macht aus der Welt eine Hölle.
Dass er einen Fehler gemacht hat und dass er das weiss, verriet Vivek Ramaswamy, als er seine Republikanische Konkurrentin Nikki Haley auf X (früher Twitter) als
- Nimarata Randhawa «entlarvte»
- «Keep lying Nimarata Randhawa», schrieb er, lüg nur weiter
«Entlarven» in Anführungsstrichen, weil jedermann weiss, dass Haley genauso wie Ramaswamy aus Indien stammt – und früher einen indischen Namen trug: Nimarata Randhawa.
Während sie in ihrer Familie schon immer Nikki gerufen wurde, erwarb sie den englischen Namen Haley von ihrem Mann, als sie diesen 1996 heiratete. Vor 27 Jahren. Wie Millionen von amerikanischen Frauen nahm sie den Namen ihres Mannes an.
So gesehen war es überflüssig, sie zu «entlarven», aber natürlich war es eine Beschimpfung, weil Ramaswamy ihr zu unterstellen schien, sie habe durch Heirat ihre Herkunft zu verschleiern versucht.
Wenn Inder auf Inder prügeln, und Angehörige von Minderheiten sich als Angehörige von Minderheiten beleidigen, dann zeigt das zwei Dinge:
1. Die Inder haben sich gut in Amerika integriert – andernfalls würden sie sich wie andere Minderheiten in der Öffentlichkeit als «Brüder und Schwestern» schonen, selbst wenn sie sich hassten. Sie würden sich hinter einem kollektiven Opferstatus verschanzen.
Tatsächlich ist in den USA keine Einwanderergruppe so erfolgreich wie die Inder: Ihr Einkommen lag 2019 mit 123 700 $ doppelt so hoch wie der Durchschnitt. Auf Rang 2 folgten mit 97 000 $ die Amerikaner aus Taiwan
2. Vivek ist nervös. Sehr nervös.
Mit gutem Grund. Was der Unternehmer und junge Kandidat für die US-Präsidentschaft neulich über seine aussenpolitischen Prioritäten von sich gab, brachte nicht nur Nikki Haley gegen ihn auf, sondern so gut wie das gesamte aussenpolitische Establishment der USA.
- Das will nichts heissen. Das gleiche Establishment hat in den vergangenen Jahren wiederholt schwere Fehlerbegangen (Irak-Krieg, Afghanistan)
- Und dennoch liegen die Kritiker richtig. Sollte Ramaswamy Präsident werden und seine Doktrin umsetzen: Es wäre ein Höllenritt
- Amerika überliesse die Welt den Diktatoren, es verriete seine Freunde, es gäbe auf, was es seit 1945 errungen hat, es zöge sich ins Schneckenhaus der Selbstgenügsamkeit zurück
America First, America Last. Für die übrigen Länder im Westen, wie auch die Schweiz, wäre das alles sehr gefährlich. 1 Prozent unseres BIP für Verteidigungsausgaben, wie neuerdings angestrebt, reichten dann wohl nicht mehr aus. 5 Prozent wäre besser.
- Die Ukraine «ist keine Priorität für die USA», sagt Ramaswamy. Er würde mit Putin Frieden schliessen, und dabei den aktuellen Frontverlauf als neue Grenze zwischen Russland und der Ukraine akzeptieren. Ausserdem würde er Putin, weil der sich ja so überaus korrekt verhalten hat, noch zusichern, dass die Ukraine nie der Nato beitritt. Als «Gegenleistung» erwartet Ramaswamy, dass Putin sein «Bündnis» mit China aufgibt – was die Chinesen sicher gerne einräumen, weil sie so viel Angst vor Ramaswamy, dem Drachentöter, haben. Wenn man Neville Chamberlain, dem britischen Premierminister, einst Appeasement gegenüber Hitlervorgeworfen hat, was soll man Ramaswamy vorhalten? Irrsinn, Dummheit oder Naivität?
- Ramaswamy will Taiwan nur so lange noch verteidigen, bis die USA selber genügend Chip-Fabriken besitzen. Das dürfte 2028 der Fall sein: Xi Jinping, der chinesische Staatspräsident, kann seine Angriffspläne dementsprechend neu datieren. Neulich sprach er von 2027 als jenem Zeitpunkt, da das chinesische Militär bereit sein müsste, Taiwan zurückzuerobern. Neuer D-Day wäre also 2028. Natürlich würden Japan und Südkorea das klaglos hinnehmen – weil sie Präsident Ramaswamy für einen so beeindruckenden Aussenpolitiker halten. Mumpitz. Beide Länder rüsteten zum Krieg. Wollen die USA das?
- Am verheerendsten wäre allerdings, was Ramaswamy mit Israel vorhat. Er möchte die Militärhilfe, die die USA seit Jahrzehnten gewährt, bis 2028 auslaufen lassen. Wenn auch Israel über eine starke Armee verfügt und wirtschaftlich ein Powerhouse darstellt: Es würde dessen Existenz aufs Spiel setzen, und Amerika liesse einen der besten und loyalsten Verbündeten im Stich, den es noch hat.
Auf dem Silbertablett böte Ramaswamy den ganzen Nahen Osten dem Iran an, einem Verbrecherregime, das wiederholt die Vernichtung Israels angedroht hat.
Und in Moskau und Peking lachte man sich tot. Iran ist ein zuverlässiger Verbündeter der beiden Grossmächte. Der Nahe Osten stünde bald unter chinesischem Einfluss
Um einen historischen Vergleich zu ziehen: Was Ramaswamy für eine intelligente Aussenpolitik hält, wäre etwa so, wie wenn Amerika 1943 den Deutschen und den Japanern Frieden angeboten hätte:
- Dabei wäre der aktuelle Frontverlauf für die neuen Grenzen massgebend gewesen: Das östlichste Bundesland läge heute also auf der Krim,
- und die Japaner würden über halb China herrschen
- Vielleicht hätten die Deutschen zugesichert, das eine oder andere KZ zu schliessen. Dafür dankte ihnen der amerikanische Präsident
Ramaswamy for President? Möglicherweise hat er sich zu Herzen genommen, was Henry Kissinger, ein etwas erfahrener Aussenpolitiker, einmal gesagt hat:
«Nächste Woche kann es keine Krise geben. Meine Agenda ist bereits voll.»
Ich wünsche Ihnen einen prächtigen Tag
Markus Somm