Bundeshaus-Briefing #12

PUK, Asylpolitik, Unternehmensentlastung und Fraktionsausflüge

image 3. Juni 2023 um 04:00
Gar nicht gleicher Meinung: Bundesrätin Karin Keller-Sutter und Ständerat Werner Salzmann (BE, SVP). (Archivbild: Keystone)
Gar nicht gleicher Meinung: Bundesrätin Karin Keller-Sutter und Ständerat Werner Salzmann (BE, SVP). (Archivbild: Keystone)
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Das gibt zu reden

Die erste Woche der Sommersession ist vorbei und der Einfluss des Wahljahres auf die Debatten ist unverkennbar. Der Ständerat will nun doch die Prämienverbilligung mit zusätzlichem Geld finanzieren – auch wenn dies an der Kostenentwicklung im Gesundheitswesen nichts ändert. Er hat im zweiten Anlauf zusätzliche 356 Millionen Franken pro Jahr bewilligt. Er will damit der Prämieninitiative der SP etwas entgegenstellen. Den Initianten genügt das natürlich nicht und ob der Gegenvorschlag im Abstimmungskampf eine Rolle spielen wird, ist fraglich. Vielmehr fürchten sich einige Ständeräte davor, im Wahlkampf als unsozial dargestellt zu werden.

Dass der Einfluss des Wahljahres ab und zu auch umgekehrt wirken kann, zeigten zwei andere Geschäfte. Der Ständerat lehnte den Nachtragskredit für den Teuerungsausgleich des Bundespersonals ab. Da Ueli Maurer dem Personal die 2,5 Prozent schon versprochen und mit deren Auszahlung schon begonnen hat, müssen die Mehrkosten von 31 Millionen Franken bei den Departementen eingespart werden. Bundesrätin Karin Keller-Sutter verteidigte das vollmundige Versprechen ihres Vorgängers wacker, aber erfolglos. Auch den Teuerungsausgleich für sich selbst (und die Fraktionsbeiträge) lehnte der Ständerat überraschend ab. Die Gegner verwiesen auf die angespannte Finanzlage des Bundes. Dies lasse zusätzliche Gelder für Parlamentarier nicht zu. Der Berner SVP-Ständerat Werner Salzmann forderte mehr «gesunden Menschenverstand» (Quelle):

«Leider hat sich der Bundesrat nicht an die gleichen Massstäbe gehalten und sich den Lohn und die Entschädigungen fürstlich erhöht und damit einen Teil des Parlamentes verführt, dasselbe für sich zu beanspruchen.»

Werner Salzmann (BE/SVP)
Ein Wahljahr kann also sowohl die Ausgaben erhöhen, als auch (in seltenen Fällen) solche kürzen. Gut möglich, dass nach den Wahlen der «gesunde Menschenverstand» wieder zu einem anderen Schluss führen wird.

Was nächste Woche aktuell wird

Der Bundesrat ringt derzeit um den sich selbst auferlegten Fahrplan für ein Verhandlungsmandat für neue Abkommen mit der Europäischen Union. Die Forderungen der Gewerkschaften (unter anderem Pflicht zu Gesamtarbeitsverträgen und flächendeckende Mindestlöhne) sind für die Wirtschaftsverbände nicht annehmbar. Im Aussendepartement zuckt man dazu mit den Schultern, im Wirtschaftsdepartement (und anderswo) hat man etwas dagegen.
Der Nationalrat bespricht am Mittwoch die Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) für die Vorgänge rund um die Rettung der Credit Suisse. Das Mandat ist breit gefasst. Wer Präsident dieses Gremiums wird, kann sich über Jahre profilieren. Entsprechend lange ist die Liste der Bewerber. Die Medien lancierten Kandidaturen von den Grünen, bessere Chancen haben Bewerber aus der Mitte. Am Donnerstag ist dann der Ständerat an der Reihe.
Am Donnerstag geht es um fünf Milliarden Franken zur Unterstützung der Ukraine «für die nächsten fünf bis zehn Jahre». Das Geld dürfte von Mitte-Links bewilligt werden. Ausgegeben ist es damit noch nicht. Aber der Bundesrat wird dies dann im nächsten Budget berücksichtigen (müssen). Das wird der eigentliche, finanzpolitische Test der Absichtserklärung.
Der Ständerat behandelt am Montag die Rückführung von abgewiesenen Asylbewerbern aus Algerien, Eritrea und die Weigerung Italiens, Dublin-Fälle zurückzunehmen. Es ist die erste grosse Asyldebatte für die neue Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider, bei der es nicht um die blosse Bewältigung des Zustroms von Flüchtlingen geht, sondern um deren Rückführung in ihre Heimatländer, wenn das Asylgesuch abgelehnt wurde.
Am Dienstag geht es um die Löhne in den Geschäftsleitungen und Verwaltungsräten von Krankenkassen. Überraschend hat die vorberatende Kommission des Ständerates einer Parlamentarischen Initiative von links zugestimmt, diese zu begrenzen. Das bedeutet: Die nationalrätliche Kommission darf sich an die Arbeit machen. Die ähnlich lautende Motion dürfte der Rat deswegen ablehnen.
Am Mittwoch kommt das Unternehmensentlastungsgesetz in den Ständerat. Die Vorlage ist ein Prestige-Projekt der Bürgerlichen. Inwiefern es tatsächlich die Unternehmen von administrativem Aufwand und Regulierung entlastet, ist offen. Die vorberatende Kommission ist gegen eine unabhängige Prüfung der Regulierungskostenabschätzung – und damit gegen den Kern der Vorlage.

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Favorit für das Präsidium der PUK: Ständerat Daniel Fässler (AI, Mitte). (Bild: Keystone)

Zu achten ist auf:

  • Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider: Wie schlägt sich die neue Asylministerin bei ihren früheren Kollegen im Ständerat? Was tut die Sozialdemokratin für die Rückführung von abgewiesenen Asylbewerbern, ausser auf die (wenig erfolgreiche) internationale Zusammenarbeit zu verweisen?
  • PUK-Präsidium: Wer übernimmt die Leitung der PUK? Ist es ein besonnener Ständerat aus der Mitte, zum Beispiel der hoch gehandelte Appenzeller Daniel Fässler, oder macht ein Heissporn der Grünen überraschend das Rennen? Gelingt den Grünliberalen der Coup mit Martin Bäumle – womit sie zur führenden Fraktion in der Mitte aufsteigen würden?

Was sonst noch läuft

Ständerat Thomas Minder (SH, SVP) kann sich mit der Nicht-Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative nicht abfinden. Er fordert in einem Postulat faktisch einen neuen Anlauf, dem Text in Artikel 121a BV neues Leben einzuhauchen. Lust darauf hat ausser der SVP niemand, schon gar nicht Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider.
Forderungen für Verbote von Nahrungsmitteln gibt es nicht nur von links-grüner Seite, sondern auch aus der SVP. Martin Haab (ZH) will Stopfleber verbieten. Der letzte Anlauf scheiterte insbesondere an links-grünen Ständeräten aus der Romandie, die sich danach – Gerüchten zufolge – in einem Berner Lokal den Bauch mit «foie gras» vollschlugen.
Am Mittwoch finden die Fraktionsausflüge statt. Die Destinationen sagen in der Regel viel über den Zustand der Parteien aus. So auch dieses Jahr: Die Mitte fährt nach Salgesch in die Heimat von Fraktionspräsident Philippe Bregy (VS). Die Partei soll darauf eingeschworen werden, bei den Wahlen wenigstens so viele Prozent zu machen wie ein kräftiger Walliser Weisswein (13 %). Die SP besucht das Val de Travers (NE) und dort die Asphaltminen, ein Museum über Jean-Jacques Rousseau und die Produktion von Absinthe. Der einst in der Verfassung verbotene Schnaps hat zwischen 45 und bis zu 85 Prozent Alkoholgehalt.
Die SVP fährt in den Kanton Glarus (wo sie derzeit weder einen National- noch einen Ständerat hat). Die Parlamentarier können entweder eine Schokoladenfabrik oder die Herstellung von Schiefertafeln besichtigen. Ob letztere parteiinterne WhatsApp-Gruppen ersetzen werden? Die FDP besucht in der Region Grenchen mehrere «Traditionsfirmen», darunter die Herstellung von Velos oder Zahnimplantaten. Wir wünschen (kein) Hals- und Beinbruch.
Die Grünen beschäftigen sich im Fricktal nicht ganz überraschend mit biologischem Landbau. Die Grünliberalen – ganz urban – besuchen die ETH auf dem Hönggerberg in der Stadt Zürich.
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