«Klimaschutzgesetz»

Netto-Null-Ziel infrage stellen

image 12. Februar 2023 um 07:30
Das «Klimaschutzgesetz» subventioniert den Ersatz von Ölheizungen mit Wärmepumpen. (Bild: Keystone)
Das «Klimaschutzgesetz» subventioniert den Ersatz von Ölheizungen mit Wärmepumpen. (Bild: Keystone)
Das Parlament hat es schon wieder versucht: Mittels eines indirekten Gegenvorschlags sollte die Volksabstimmung über eine potenziell umstrittene Volksinitiative umgangen werden. So letztmals praktiziert bei der so genannten «Fair-Preis-Initiative». Sie wurde zurückgezogen, nachdem das Parlament sie über einen indirekten Gegenvorschlag auf Gesetzesebene faktisch umgesetzt hatte. Das grenzt an Missbrauch der Volksrechte.
Analog das Vorgehen des Parlaments in der Behandlung der Volksinitiative «Für ein gesundes Klima (Gletscher-Initiative)». Mit einem Unterschied: Gegen den indirekten Gegenvorschlag, «Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit (KIG)», die Initiative wurde bedingt zurückgezogen, wurde erfolgreich das Referendum ergriffen – das Volk hat das letzte Wort, das ist erfreulich.

Grosse Zahl an Unterschriften

Zunächst schien es, als würde das von der SVP ergriffene Referendum scheitern, die Unterschriftensammlung kam nicht in die Gänge. Schliesslich gelang es doch, innert den 100 geforderten Tagen gut 100'000 gültige Unterschriften zu sammeln. Das ist eine sehr hohe Zahl, nötig wären 50'000 Unterschriften gewesen. Der Sammelerfolg ging in der Öffentlichkeit weitgehend unter, die «Gletscher-Initiative» geniesst in Politik und Medien breite Unterstützung.
Der indirekte Gegenvorschlag scheint sich in einem Punkt von der Initiative zu unterscheiden: Er verzichtet auf ein explizites Verbot, ab 2050 fossile Brenn- und Treibstoffe in Verkehr zu bringen. Implizit aber gilt das Verbot auch da: Das Netto-Null-Ziel wird festgeschrieben. In vielen Punkten geht der indirekte Gegenvorschlag sogar über die Initiative hinaus. Demnach sorgt der Bund dafür, dass das Netto-Null-Ziel erreicht wird. Dabei erhält er die Kompetenzen zu sehr weit gehenden Eingriffen in die Wirtschafts- und Eigentumsfreiheit der Unternehmen wie auch der Individuen. Zudem erhält er die Kompetenz, massive Subventionen zu sprechen. Wie genau allerdings die Ziele zu erreichen sind, wird nicht festgehalten. Der Bundesrat erhält gleichsam eine «carte blanche» – das ist äusserst gefährlich.

Etikettenschwindel

Die im Titel des Erlasses genannten Ziele werden dennoch nicht erreicht. Der Klimaschutz, als globales Ziel begriffen, wird nicht verbessert. Die Schweiz ist gerade für ein Promille des globalen CO2-Ausstosses verantwortlich. Selbst wenn dieser Ausstoss in der Schweiz von einem Tag auf den anderen auf Null reduziert würde, würde sich das Klima nicht verändern. Es ist weiter eine Illusion zu glauben, die Innovation könne über gesetzliche Vorschriften und Subventionen angekurbelt werden. Und die Energiesicherheit wird nicht gestärkt, sondern eher noch in Frage gestellt. Wie der künftig zusätzlich benötigte Strom produziert werden soll, bleibt offen. Der indirekte Gegenvorschlag ist ein Etikettenschwindel.
Dieser Erlass öffnet die Tür zum Gang in die Planwirtschaft in der Energie- und Klimapolitik vollends. Da ist es nicht nachvollziehbar, dass nicht nur die links-grünen Parteien (von ihnen ist nichts anderes zu erwarten) das Gesetz unterstützen, sondern auch die bürgerlichen Parteien – mit Ausnahme der SVP. Die FDP hat offenbar vollständig vergessen, dass in ihrem Parteinamen auch der Begriff «Die Liberalen» vorkommt – wie sonst könnte die Partei einem Gesetz, das dem Staatsinterventionismus Tür und Tor öffnet, zustimmen? Will sich die Partei wirklich dem links-grünen Mainstream anbiedern?

Sand in die Augen

Der indirekte Gegenvorschlag streut der Bevölkerung, gleich wie die «Gletscher-Initiative» selbst, Sand in die Augen. Das Netto-Null-Ziel bis 2050 ist illusorisch. Heute beruhen rund 60% der Schweizer Energieversorgung auf fossilen Energieträgern. Diese bis in 25 Jahren durch Elektrizität zu ersetzen, ist technisch und finanziell ganz einfach nicht möglich. Es ist politisch und intellektuell höchst unredlich, dem Volk zu suggerieren, mit diesem Gesetz könne das Netto-Null-Ziel ohne Probleme erreicht werden. Der indirekte Gegenvorschlag dürfte im Juni zur Abstimmung gelangen. Die Debatte sollte für eine ehrliche Diskussion über Sinn und Unsinn des Netto-Null-Zieles genutzt werden – es ist radikal in Frage zu stellen.

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