Somms Memo
Musse und Verschwendung: Wenn Zürich Geld ausgibt.
Dagobert Duck nimmt ein Bad. Nach Angaben seines Arztes hilft das bei Rheuma. (Bild: Keystone)
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Die Fakten: Zürich erhielt 2020 von der ZKB eine Jubiläumsdividende von 14 Millionen Franken. Ein Bericht zeigt, was die Stadt damit gemacht hat.
Warum das wichtig ist: Zürich leidet unter dem Dagobert-Duck-Syndrom: Man schwimmt im Geld – und weiss nichts Besseres, als darin unterzugehen.
Aus Anlass ihres 150-jährigen Jubiläums im Jahr 2020 hat die Zürcher Kantonalbank (ZKB) allen Zürcherinnen und Zürchern ein Geschenk von 150 Millionen Franken gemacht, konkreter: den Politikern und Beamten
- 100 Millionen gingen an den Kanton
- 50 Millionen wurden an alle Gemeinden verteilt – je nach Bevölkerungsgrösse, was natürlich bedeutete, dass niemand mehr bekam als Zürich, die grösste Stadt
Auf Franken und Rappen genau waren es 13 636 109.20, also rund 14 Millionen Franken.
Was tun, wenn man so reich ist wie Zürich, und eigentlich gar kein Geld bräuchte?
Man macht einen Projektwettbewerb – was immer besser klingt als: Wir haben keine Ahnung. Das beschloss der Gemeinderat vor zwei Jahren. Mit knapp der Hälfte der Jubiläumsdividende, 6,6 Millionen Franken, sollten Projekte unterstützt werden, die insgesamt
- die «Lebensqualität» in der Stadt «nachhaltig erhöhen»
- «nicht-kommerzielle Zwecke» verfolgen
- Ausserdem sollten sie im Bereich «Kinder und Jugendliche» oder «Klima und Umwelt» für Verbesserungen sorgen
Um die beschenkte Bevölkerung doch noch in den Genuss ihres Geschenkes kommen zu lassen, so muss man vermuten, gab es nun also einen Wettbewerb, wo sich jedermann – aber auch Organisationen – um Geld bewerben konnte.
Und wie immer, wenn Geld verteilt wird, durften die Behörden mit Genugtuung feststellen, dass die Nachfrage ungebrochen ist:
- 253 Ideen gingen ein. Sie zeichneten sich durch «Vielfältigkeit und Kreativität» aus, stellten die sicher ebenso kreativen Beamten fest, alle entsprachen den «Zielsetzungen aktueller städtischer Strategien»
51 Projekte wurden bewilligt, dann floss das Geld. Bis Ende 2023, so teilte die Stadt vor kurzem mit, sollen alle umgesetzt sein
Gott sei Dank. Dann wird sich die Stadt von Grund auf erneuert haben.
Weil es in der Rhetorik keine schwierigere Spielart gibt als die Ironie, sage ich es noch einmal ohne Ironie:
Selten habe ich einen besseren Beweis dafür gesehen, dass der Staat so lange Geld ausgibt, wie er hat, ganz gleich, ob er damit etwas erreicht. Hauptsache, wir geben es aus, Hauptsache, wir Politiker und Beamten geben das Geld aus – nicht die Bürger und Steuerzahler, die sonst nur auf dumme Ideen kämen.
- Der Projektwettbewerb hiess «Für Züri», besser wäre wohl die Bezeichnung gewesen: «Fürs Nirwana»
Eine Auswahl der subventionierten Verschwendung mag veranschaulichen, was ich meine – die Zitate stammen aus dem Bericht des Finanzdepartements (Juni 2023, leicht gekürzt):
- «Pizza für Kreis 5» (18 000 Franken): Eine Schulklasse baut mit professioneller Unterstützung einen mobilen Pizzaofen und weiht diesen mit Gratispizzen auf der Josefwiese ein. Der mobile Ofen lässt sich später für unterschiedliche Anlässe nutzen
- «Tandem mit Wirkung – Drachenläuferinnen» (82 400 Franken): Drachenfliegen als typisch afghanische Sportart soll Jugendliche verschiedener Herkunft mittels Workshops und organisierten Wettbewerben in Zürich zusammenbringen
- «Stadtzürcher Maroni» (70 000 Franken): das Projekt widmet sich der Esskastanie und ihrer Kultivierung in der Stadt. In Zürich werden Bäume identifiziert – und zur Ernte ermutigt, also dem Aufsammeln und der Nutzung der Maroni als Nahrungsmittel
- «Cargovelo-Workshop» (50 000 Franken). Es werden 6 e-Cargo-Trikes in kostenlosen Workshops gebaut. Deren Sicherheit ist gemäss Hersteller gewährleistet. Ein Rahmenprogramm soll den Einstieg in die Welt der Cargovelos erleichtern und den Nutzen aufzeigen
The Big Picture:
Dagobert Duck hiess der Millionär in Walt Disneys «Lustigen Taschenbüchern». Er lebte in Entenhausen und pflegte in seinem Geld zu baden, wofür er eigens ein Schwimmbad hatte bauen lassen, das er mit Goldstücken aufgefüllt hatte. Natürlich konnte er nie genug vom Geld bekommen – worin er sich nicht von den Zürcher Politikern unterschied.
Immerhin war er geizig. Was man von den Zürcher Politikern nicht behaupten kann – solange sie das Geld ausgeben, das ihnen nicht gehört.
Oder um es mit Milton Friedman zu sagen:
«Wenn Sie der Regierung die Verwaltung der Sahara übertragen, wird es dort in fünf Jahren einen Mangel an Sandgeben.»
Ich wünsche Ihnen ein geruhsames Wochenende
Markus Somm
Wer es genauer wissen will:
Bericht des Finanzdepartements