Wirtschaftsfreiheit
Links-grün will Werbung einschränken oder ganz verbieten
Aussenwerbung soll in Zürich eingeschränkt oder ganz verboten werden – wie in Genf. (Bild: Keystone)
Werbeverbote für Fleisch, Feldzug gegen Zucker, Einschränkungen für das Marketing von Spirituosen: Der Nationalrat könnte in der Herbstsession Nahrungsmittel- und Werbevorschriften debattieren, damit wir «gute» Konsumenten werden. Die Werbebranche würde deutlich eingeschränkt. Zahlreiche entsprechende Vorstösse sind hängig und behandlungsreif.
Die grüne Nationalrätin Meret Schneider aus Zürich will zum Beispiel ein Werbeverbot für alle Lebensmittel, die der Ernährungsstrategie des Bundesrates widersprechen (Link). Der Bund hat diese vor bald zehn Jahren – ohne Rechtsgrundlage – erlassen und möchte, dass wir alle bewusster und gesünder essen (Link).
Meret Schneider ist vor allem ein Dorn im Auge, dass die Schweizer immer noch dreimal so viel Fleisch essen, wie der Bundesrat empfiehlt. Besonders «Werbung und Aktionen auf beispielsweise antibiotika- oder hormonbelastetes Fleisch aus Übersee oder für Maxipackungen», soll der Bund «im Dialog mit dem Detailhandel» verhindern, wie sie in ihrem Postulat schreibt.
Gegen «Dumping-Fleisch»
Ebenfalls auf die Fleischwerbung hat es die Schaffhauser SP-Nationalrätin Martina Munz abgesehen. Sie will Marketingmassnahmen nur noch für Fleisch erlauben, das von Tieren stammt, die regelmässig auf die Weide dürfen (Link). Mit einem Verbot von Werbung für «Dumping-Fleisch» ist sie beim Bundesrat bereits einmal aufgelaufen.
Nationalrätin Laurence Rielle Fehlmann (SP, GE) ist auf einem Feldzug gegen den Zucker. Jeder Schweizer konsumiert gemäss Bund rund 110 Gramm Zucker pro Tag. Wie das gemessen wurde, ist allerdings unklar. Es wäre gut doppelt so viel, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt. Rielle Fehlmann fordert den Bund auf, den Zuckergehalt in Süssgetränken und Speisen zu senken und auf die Werbung Einfluss zu nehmen. Es gehe ihr dabei um die Kinder (Link).
Immer wieder die gleichen Vorstösse
Rielle Fehlmann hat es aber auch auf Alkoholwerbung abgesehen. Sie sitzt im Vorstand eines Vereines zur Alkoholprävention in Genf. Vor einem Jahr scheiterte ein Vorstoss von ihr erst im Rat, Werbung für Alkohol noch mehr einzuschränken, als sie bereits jetzt ist. Der Bundesrat hatte das Anliegen befürwortet. Anstoss nimmt Rielle hauptsächlich an der Werbung im Internet. Da sie schon 2018 mit einem gleichlautenden Anliegen scheiterte, ist damit zu rechnen, dass sie das Anliegen bald wieder einreichen wird. Personalisierte Werbung im Internet gleich ganz verbieten will der Grüne Fabien Fivaz.
Der grüne Christophe Clivaz (VS) hat es vor allem auf die populären «Unboxing-Videos» im Internet abgesehen (Link). Das sind Filme, in denen Leute etwas auspacken, das sie gekauft haben. Besonders wenn es sich um Lebensmittel handelt, soll das Kindern «die Lust aufs Essen» steigern und «zu einem automatischeren und unbewussteren Essverhalten» führen. Deshalb sei dies gefährlich.
Die Aargauer SP-Nationalrätin Yvonne Feri sorgt sich derweil über Werbung für Schönheitsoperationen, die wegen bestehender Gesetze und der Standesregeln der Ärztevereinigung FMH sowieso kaum zugelassen sind. Trotzdem brauche es eine Statistik und die «Bekämpfung» dieser Werbung müsse insbesondere in den «sozialen Medien» verstärkt werden (Link).
Unter dem Radar
Die meisten dieser Vorstösse stammen von Parlamentariern aus der Romandie und sind unverbindliche Interpellationen oder Postulate. Die Absicht dahinter ist, dass sie möglichst unter dem Radar des Bundesrates und des Parlamentes durchrutschen.
Antwortet der Bundesrat dann auf eine Interpellation zustimmend, lässt sich darauf eine verbindliche Motion oder gar eine parlamentarische Initiative aufbauen, mit der ein Gesetzesprozess angestossen wird. Der zuständige Bundesrat wird dann argumentieren, dass sich die Regierung schon einmal positiv zum Anliegen geäussert habe und man nun nicht mehr anders könne.
Warnhinweise in der Autowerbung
So weit ist Isabelle Eichenberger-Pasquier (Grüne, GE) bereits. Sie fordert in einer parlamentarischen Initiative (Link), dass jede Werbung für «Landfahrzeuge» mit einem Warnhinweis zu versehen sei, der dazu motivieren soll, zu Fuss oder mit dem Velo zu gehen, Fahrzeuge zu teilen und den öffentlichen Verkehr zu nutzen.
Am weitesten fortgeschritten ist die weitere Unterbindung der Tabakwerbung. Vor einem Jahr wurde ein neues Tabakproduktegesetz beschlossen. Es ist noch nicht einmal in Kraft gesetzt, schon schlägt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) im Nachgang zur Zustimmung zur Volksinitiative zum Schutz von Kindern und Jugendlichen alle jene Massnahmen wieder vor, die das Parlament damals abgelehnt hat. Darunter ein umfassendes Werbeverbot, das weiter geht als der Text der Initiative und der Umsetzungsvorschlag der Initianten (Link). Auch müssten Tabakfirmen jährlich ihre Werbeausgaben dem BAG melden, eine Forderung, die Parlament ebenfalls schon abgelehnt hat.
Genf geht voran
Militanter sind nur noch links-grüne Parteien und Organisationen in links-grünen Städten: In Genf will der Gemeinderat Werbung im öffentlichen Raum gleich ganz verbieten (Link). Selbst an privaten Standorten soll Werbung verboten werden, falls sie vom öffentlichen Raum sichtbar ist.
In Bern schlägt zwar erst die linksextreme Alternative Liste ein generelles Werbeverbot vor (Link). Aber das Stadtparlament könnte dem Vorschlag zustimmen, denn das Verbot wird mit dem Klimawandel begründet: Das Werbeverbot werde den Konsum reduzieren und so das Klima schützen.
Gegen die «Konsumkultur»
Ähnliche Forderungen gibt es in Zürich. So hat der Gemeinderat entsprechenden Vorstössen gegen den Ausbau von Aussenwerbung bereits zugestimmt. Gemeinderat Michael Schmid (AL) sagte gemäss «NZZ», es sei Ziel von Werbung, «uns zu manipulieren». Werbung habe einen negativen Einfluss auf die Gesellschaft und heize die «Konsumkultur» an. Doch die Initianten wollen mehr. Der Vorstoss ist «nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung» (Link).
Gegen die Werbeverbote engagiert sich Jürg Bachmann, Präsident von Kommunikation Schweiz. Die zahlreichen Vorstösse machen ihm Sorgen: «Wir informieren mit Fakten, was Werbung macht und warum sie wichtig ist.» Sie sei Ausdruck von Wahlfreiheit der Konsumenten in einer freien Gesellschaft. «Man kann nicht gleichzeitig die Konsumenten in die Pflicht nehmen und Werbung verbieten», sagt Bachmann.
Die EU geht noch weiter
Auf internationaler Ebene sind noch viel mehr Werbeverbote in Ausarbeitung. Die EU will unter anderem Warnhinweise auf Weinflaschen einführen oder Werbung für fossile Brennstoffe verbieten. In Deutschland soll Werbung für Schwangerschaftsabbrüche und Fast Food verboten werden. In den Niederlanden soll Fleischwerbung verboten werden. In Belgien soll nicht mehr für Glücksspiele geworben werden dürfen. Wie in der Schweiz diskutiert man in Österreich Werbeverbote für Lebensmittel, die Zucker oder Salz enthalten und deshalb als ungesund gelten. (fi.)