Somms Memo
Jositsch for Bundesrat? Er hat keine Chance.
Daniel Jositsch, Ständerat, Sozialdemokrat, Bundesratskandidat. (Bild: Keystone)
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Die Fakten: Heute hat Daniel Jositsch angekündigt, dass er Bundesrat werden möchte.
Warum das wichtig ist: Er wäre ein sehr guter Bundesrat. Er hat keine Chance.
Eigentlich ist es ein No-Brainer.
Daniel Jositsch (58), Ständerat des Kantons Zürich, ist mit Abstand der beste Kandidat, den die SP für die Ersatzwahl von Bundespräsident Alain Berset vorschlagen kann:
- Er ist intelligent, wenn nicht brillant, und ohne Frage ein begabter Rhetoriker
- Er hat mehrere Jahre im Ausland gelebt (Kolumbien). Wenn er also von «weltoffen» redet, meint er damit nicht eine Auswanderung von Baden nach Zofingen
- Er ist bestens ausgebildet (Dr. jur., Professor an der Universität Zürich)
- Er ist Oberstleutnant in der Schweizer Armee; er weiss im Gegensatz zu den meisten seiner Parteikollegen, wie man eine Gruppe führt, die grösser ist als eine zwei-Kind-Familie (mit Katze)
Vor allen Dingen entspricht er dem politischen Profil, dem seit 1943 noch jeder sozialdemokratische Bundesrat entsprechen musste, sofern er in einem (formell) bürgerlich geprägten Parlament zum Zug kommen wollte:
- Er ist ein Zentrist, er ist anschlussfähig
- Ja, die Bürgerlichen mögen ihn sogar – besonders im Ständerat
Ernst Nobs wurde 1943 als erster Sozialdemokrat in die Landesregierung gewählt. (Bild: Keystone)
Last but not least:
- Er besitzt eine starke Persönlichkeit, so leicht lässt er sich nicht herumschubsen, ob von den Kollegen im Bundesrat oder anderen Politikern, Beamten und Wirtschaftsführern
Mit anderen Worten, die SP kann gar nicht anders, als ihn zu portieren, zumal mit Berset ein Schwergewicht den Bundesrat verlässt, was die Macht der SP schmälert, weil ihre zweite Vertreterin in der Regierung, Elisabeth Baume-Schneider, seit ihrer Wahl im Dezember 2022 nicht unbedingt als eine neue jurassische Maggie Thatcher aufgefallen wäre.
- Nett, aber schwach, hört man aus dem Bundeshaus
- Und das weiss auch die SP
No-Brainer?
Wäre die SP eine Partei, die das Leistungsprinzip hochhielte, würde sie Jositsch (mit einem zweiten Kandidaten) nominieren – und Jositsch würde mit allergrösster Sicherheit zum Bundesrat gewählt werden – die Hälfte der eigenen Partei und die Bürgerlichen (vor allem FDP und Mitte, und hier besonders die Ständeräte) gäben ihm die Stimme.
Doch die SP ist keine Partei des Leistungsprinzips. Sie bekämpft es nicht nur an den Schulen, in der Wirtschaft oder bei der Zuwanderung, sie hat es auch bei sich selbst in die Luft gesprengt.
Deshalb meine Prognose:
- Nie im Leben wird die SP-Fraktion Daniel Jositsch nominieren.
Warum?
- Vordergründig heisst es in der SP, Jositsch habe sich bei der letzten Bundesratswahl illoyal verhalten, als er sich dem Entscheid der Partei, nur Frauen vorzuschlagen, nicht unterwarf, sondern ihn gar kritisierte. Er wollte selber antreten. Es ging um die Nachfolge von Simonetta Sommaruga (SP).
- Noch mehr kreidet man ihm allerdings an, wie er sich im ersten Wahlgang verhalten hatte. Jositsch, obwohl nicht offizieller Kandidat, erhielt 58 Stimmen (mehrheitlich von bürgerlichen Ständeräten). Wer die SP kennt, weiss, was die Parteidisziplin in solchen Fällen verlangt: Dass er «nach vorne» geht und darauf besteht, kein Kandidat zu sein. Jositsch blieb sitzen. Er distanzierte sich nicht von sich selbst.
Das dürfte ihn nun teuer zu stehen kommen. Sozialdemokraten sind keine barmherzigen Samariter. Sie vergessen nicht, sie verzeihen nicht:
- «Die Partei, die Partei, die hat immer recht», sangen die Kommunisten, doch die Sozialdemokraten stehen in derselben Tradition des parteipolitischen Kadavergehorsams
Wenn ich aber «vordergründig» geschrieben habe, dann mit Grund:
- Jositsch ist den Parteichefs in erster Linie zu unbequem. Inzwischen vollständig beherrscht von den Juso, also den Pubertär-Sozialisten, wollen diese keinen Bundesrat, den sie kaum steuern können, weil er ein Erwachsener ist
- Jositsch wäre ein starker Bundesrat. Wäre er auch ein starker Sozialdemokrat?
Denn aus Sicht der SP sollten ihre Bundesräte zwei Anforderungen erfüllen
- Entweder schwach und verlässlich
- oder stark und verlässlich
Aber stark und unverlässlich? Das ist im SP-Parteiprogramm nicht vorgesehen.
Oder wie es im «Lied von der Partei» auch heisst, wenn es um die Partei geht:
«Sie hat uns alles gegeben.
Sonne und Wind. Und sie geizte nie.
Wo sie war, war das Leben.
Was wir sind, sind wir durch sie.
Sie hat uns niemals verlassen.
Fror auch die Welt, uns war warm.
Die Partei,
Die Partei, die hat immer recht.»
Ich wünsche Ihnen einen guten Tag auf Parteilinie
Markus Somm