Somms Memo
Joe Biden macht die Hälfte Amerika zu Extremisten. Das kommt nicht gut
Joe Biden, Präsident der USA, an einer Wahlveranstaltung in Philadelphia.
Die Fakten: US-Präsident Joe Biden wirft Donald Trump und seinen Anhängern «Extremismus» vor. Einige Tage zuvor sprach er von «Semi-Faschismus».
Warum das wichtig ist: Biden wurde Präsident, weil er nicht Donald Trump war. Auch nach zwei Jahren im Amt spricht nichts anderes für ihn. Und er weiss es.
Es ist grotesk. Obschon Donald Trump, der am meisten geliebte und verhasste Präsident der amerikanischen Geschichte, vor geraumer Zeit nicht wiedergewählt worden ist, bleibt er der einzige Politiker in den USA, um den sich alles zu drehen scheint:
- Am Donnerstag warnte Joe Biden, der eigentliche Präsident, vor dem ehemaligen Präsidenten, als ob Trump bereits wieder im Weissen Haus sässe und er, Biden, geistig schon die Möbel gepackt hätte
- An einer Wahlveranstaltung in Philadelphia, Pennsylvania sagte er: «Donald Trump und die MAGA-Republikaner verkörpern einen Extremismus, der die Fundamente unserer Republik bedroht». Dabei steht MAGA für den alten Wahlkampfslogan von Trump: «Make America Great Again».
Wann gab es das je, dass ein amtierender Präsident sich erneut mit einem verbrauchten Wahlkampfslogan auseinandersetzen muss, der mehr als sechs Jahre alt ist?
Das liegt an Trump, der einfach nicht vergehen will, aber es liegt genauso an Biden, der als Präsident so wenig erreicht hat, dass er sich auf das besinnt, was er am besten kann:
- Nicht Trump sein
Das brachte ihn 2020 ins Weisse Haus, und das bringt auch jene in der Demokratischen Partei zum Schweigen, die in den vergangenen Monaten anfingen, sich über den mentalen Gesundheitszustand des 79jährigen Biden Gedanken zu machen.
- Wer nicht Trump ist, scheint unsterblich zu sein, weil Trump selbst ewig lebt
Die Frage ist, ob Bidens Strategie aufgeht.
Gemessen an der sich fortwährend radikalisierenden Anti-Trump-Rhetorik, die er einsetzt, ist Biden wohl selbst nicht ganz sicher, wie lange er damit durchkommt – zumal er sonst wenig Erfreuliches zu verantworten hat:
- Die Inflation nimmt nach wie vor unaufhaltsam zu
- Um die Wirtschaftsaussichten steht es schlecht, was noch jeden Präsidenten in Schwierigkeiten gebracht hat
- Immigration ausser Kontrolle, hohe Kriminalität, verbreitete Obdachlosigkeit in Demokratisch beherrschten Städten: längst nicht für alle dieser Katastrophen ist Biden zuständig, trotzdem gilt: Der Erfolg hat immer viele Väter und Mütter, der Misserfolg ist ein Waisenkind, – das Joe Biden zu betreuen hat
Ein Zweites kommt hinzu. Je überzogener sich Biden äussert, desto sicherer bringt er die Hälfte der Amerikaner gegen sich auf, weil er eben nicht nur Trump ausgrenzt, sondern alle, die je Sympathien für Trump gehabt haben oder nach wie vor haben:
Als «Semi-Faschisten» hat Biden die Anhänger von Trump vor wenigen Tagen bezeichnet.
Semi-Faschisten? Was immer der gelernte Jurist Biden unter diesem historisch schwer belasteten Begriff versteht: In einem Land, das den Faschismus in Italien, die militärische Autokratie in Japan und den Nationalsozialismus in Deutschland besiegt hat, kommt das nicht überall gut an:
- Sind demnach die rund 73 Millionen Amerikaner, die 2020 Trump gewählt haben, gerade solche Verbrecher wie Mussolini und Hitler?
- Heisst das Land neuerdings UNSA? The United Nationalsocialist States of America?
Gewiss, das «Semi», also «Halb-Faschisten», sollte Biden vor solchen unangenehmen Fragen wohl bewahren, doch was soll es bedeuten, wenn man ihn beim Wort nähme?
Dass es Halb-Nazis gab, die zwar ihre politischen Gegner ins KZ sperrten und sie dort bloss folterten – aber nicht töteten?
Semi-Faschismus. Halbfaschistisch, halbschlau.
Das kann niemand ernst nehmen, selbst wenn es vom amerikanischen Präsidenten der Vereinigten Staaten kommt.
Wenn die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage zutreffen, wonach 43 Prozent der Amerikaner damit rechnen, dass innert der nächsten zehn Jahren in ihrem Land ein Bürgerkrieg ausbrechen könnte, dann liegt das auch an dieser Rhetorik, die Biden anwendet, wo der politische Gegner nicht mehr bekämpft, sondern moralisch und menschlich dermassen herabgesetzt wird, dass er nicht mehr bloss als Gegner erscheint, sondern als Feind.
Ich weiss, ich weiss: Die Demokraten halten dem entgegen, Trump habe damit angefangen. Das mag sein oder auch nicht: Es entlastet die Demokraten nicht. Wer mit Verweis auf den Zerfall der politischen Sitten, Trump kritisiert, kann nicht gegen Trump vorgehen und die gleichen Methoden einsetzen:
- Die Demokraten gleichen Dieben, die andere Diebe des Diebstahls überführen
Sam Harris, ein amerikanischer Philosoph, den ich für seine klugen Podcasts bewundere und schätze, hat neulich gesagt, es sei richtig gewesen, dass Twitter, Facebook & Co. seinerzeit kurz vor den Wahlen eine peinliche Enthüllung über Joe Bidens Sohn Hunter unterdrückt hatten.
Inzwischen ist bekannt, dass der Bericht der New York Post, der so zensiert wurde, stimmte. Das FBI ermittelt (seit Monaten ohne Fortschritte, aber das ist eine Geschichte für ein anderes Memo).
Obwohl Sam Harris das weiss und anerkennt, bleibt er dabei: Es sei richtig gewesen, die Wahrheit zu verschweigen, wenn es dazu gedient hat, die Wahl von Trump zu hintertreiben.
Whatever it takes. Was immer nötig ist, um Trump zu erledigen, scheint legitim.
Wann zieht Harris eine Grenze? Wenn es nichts Schlimmeres gibt als Trump im Weissen Haus, dann müsste alles erlaubt sein, um das zu verhindern:
- Hausdurchsuchungen, ein Prozess?
- Wahlfälschung?
- Ein politisches Attentat?
Wenn selbst so intelligente, durchaus vernünftige Linke wie Harris so denken, dann bekommt man ein Gefühl dafür, warum die Rede vom Bürgerkrieg nicht mehr so surreal wirkt wie noch vor wenigen Jahren.
Abraham Lincoln, 16. Präsident der USA, 1861-1865.
Es scheint, als wären Jahrtausende vergangen, seit Abraham Lincoln (1809-1865), einer der grössten Präsidenten Amerikas, seinen Mitbürgern diesen Rat mit auf den Weg gab:
«Die beste Methode, einen politischen Gegner zu besiegen, besteht darin, ihn zum Freund zu machen.»
Lincoln war Präsident, als in Amerika ein Bürgerkrieg wütete. Lincoln starb durch die Hand eines Attentäters.
Ich wünsche Ihnen ein friedliches Wochenende
Markus Somm