Bundeshaus-Briefing #2
EU-Politik, Waffenlieferungen, Armee
Die erste grosse Debatte von Bundesrat Alber Rösti: Mantelerlass zum Energiegesetz. (Bild. Keystone)
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Das gibt zu reden
FDP-Nationalrätin Susanne Vincenz-Strauffacher (SG). Bild: Parlament.ch
Der Nationalrat hat es diese Woche abgelehnt, die Kernkraft als klimaneutrale Technologie anderen zukunftsträchtigen Technologien gleich zu stellen. In der Debatte argumentierte Susanne Vincenz-Stauffacher (FDP, SG) damit, dass man das erst mit der nächsten Generation Kernkraftwerken tun solle. Es ist das letzte Argument der AKW-Gegner in der FDP. SVP-Nationalrat Christian Imark (SO) fragte Vincenz darauf, ob sie den Unterschied zwischen den Generationen von Kernkraftwerken kenne.
Die Antwort von Susanne Vincenz-Stauffacher:
Tatsache ist, dass Kernkraftwerke der neusten Generation bereits bestellt werden können. Sie dienen gemäss der Internationalen Atomenergiebehörde der Vermeidung von CO₂-Emissionen.
Was nächste Woche aktuell wird
Nach der Session ist vor der Session: In Bern kommen ab Montag wieder die vorberatenden Kommissionen zusammen, welche die Geschäfte der nächsten Sessionen besprechen. Am Montag versammelt sich die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates. Zwei wichtige Themen stehen auf der Traktandenliste:
EU-Politik: Die Mitglieder der Kommission haben sich diese Woche mit EU-Vizekommissionspräsident Maroš Šefčovič ausgetauscht. Die Unterhaltung soll «nett» gewesen sein. Die SVP-Vertreter versuchten dem Gast aus Brüssel klar zu machen, was die ungelösten Fragen in den Beziehungen der Schweiz und der EU sind.
Die Mehrheit der Kommission wollte Šefčovič hingegen davon überzeugen, dass es jetzt trotz ungeklärten Punkten «schnell vorwärts gehen» müsse. Dies dürfte auch die Stossrichtung in der Kommissionssitzung sein. Schon im April möchten einige Mitglieder der Kommission ein Verhandlungsmandat besprechen. Die Aussenpolitiker des Parlaments mischen sich damit in die Sondierungsgespräche ein, obwohl dies gemäss Bundesverfassung Aufgabe des Bundesrates ist. Für Carl Baudenbacher, denen ehemaligen Präsident des Efta-Gerichtshofes, schwächt dieses Vorgehen die Verhandlungsposition des Bundesrates.
Ukraine: Die Kommission lässt sich wie in jeder Sitzung über den Krieg in der Ukraine und die Folgen für die Schweiz informieren. Thema ist eine Einladung Kiews an Bundespräsident Alain Berset. Auch die APK selbst ist zu einem Besuch nach Kiew eingeladen worden. Ziel der Ukraine ist es, die neutrale Position der Schweiz aufzuweichen. Die ukrainische Botschafterin Iryna Wenediktowa lobbyierte in der Session für direkte Waffenlieferungen an die Ukraine. Dies wäre ein Verstoss gegen das Neutralitätsrecht.
Die weiteren Geschäfte: SP und Grüne versuchen, mit Vorstössen die abgelehnte Konzernverantwortungs-Initiative doch noch umzusetzen. Die Aussenpolitische Kommission bespricht eine Parlamentarische Initiative des Genfer Grünen Nicolas Walder und einen Antrag von SP-Nationalrat Fabian Molina (ZH) zum Aussenwirtschaftsgesetz, mit dem umfassende Standards in zukünftige Freihandelsverträge eingebaut werden sollen.
Zu achten ist auf:
- Bundesrat Ignazio Cassis: Der EDA-Chef (FDP) musste EU-Vize-Kommissionspräsident Maroš Šefčovič wohl oder übel empfangen. Ob er die Euphorie der Mehrheit der Aussenpolitischen Kommission für den baldigen Start von Verhandlungen teilt, ist fraglich. Ob er sich von den Parlamentariern zu Zugeständnissen bewegen lässt, ebenso. Der Bundesrat ist gut beraten, bei seiner Position von 2021 zu bleiben, als er gegenüber den ultimativen Forderungen EU nicht nachgegeben hat. Sonst droht ein Gesichtsverlust.
- Franz Grüter: Der Luzerner SVP-Nationalrat steht der Aussenpolitischen Kommission vor. Er bewilligte die Gespräche mit Šefčovič, allerdings nur als informelles Treffen, wodurch das Amtsgeheimnis nicht galt. Er kommuniziert stets vorsichtig, steht jedoch unter Druck der Kommissionsmehrheit. Schafft er den Spagat zwischen seiner Partei und der europhilen Kommissionsmehrheit?
Die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates wird sich dem Kriegsmaterialgesetz annehmen. Dabei geht es (wieder) um die Frage, ob aus der Schweiz ins Ausland gelieferte Waffen an die Ukraine weitergegeben werden können. Entsprechende Vorstösse haben National- und Ständerat bisher mit Verweis auf die Neutralität abgelehnt.
Die Kommission wird sich mit der zunehmenden Cyberkriminalität befassen. Die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates wird mit der Beratung über das Informations-Sicherheitsgesetz beginnen. Der Bund will damit Wirtschaft und Gesellschaft besser von Cyberangriffen schützen. Die Vorlage könnte aber zum Bürokratiemonster werden.
Das Problem: Diese Woche verabschiedete der Nationalrat die Vorlage und führte eine Meldepflicht von Cyberangriffen innert 24 Stunden für kritische Infrastrukturen ein. Weil sehr breit definiert ist, was alles darunter fällt, würden auch kleine Wasserwerke oder Seilbahnen mit 100'000 Franken gebüsst, wenn sie eine Attacke nicht innert 24 Stunden dem Bund melden. FDP-Nationalrat Marcel Dobler (SG) fragte in der Debatte Bundesrätin Viola Amherd (Mitte), wie viele Unternehmen davon betroffen seien. Diese musste zugeben, dass ihr dies nicht bekannt sei. Auch eine sorgfältige Regulierungsabschätzung liegt nicht vor. Anträge auf eine längere Frist oder tiefere Bussen hatten keine Chance. Die Ständeräte könnten hier kritischer sein als die Nationalräte.
Bundesrätin Viola Amherd diese Woche im Nationalrat. (Bild: Keystone)
Am Mittwoch behandeln die sicherheitspolitischen Kommissionen beider Räte zusammen die Armeebotschaft 2023. Dabei geht es um die unmittelbaren Beschaffungsvorhaben der Armee, aber indirekt auch um die Frage, ob der geplante Aufbau der Verteidigungsbereitschaft der Armee angesichts der knappen Finanzmittel des Bundes möglich bleibt.
Zu achten ist auf:
- Bundesrätin Viola Amherd: Bleibt sie bei ihrer mit dem Bundesrat nicht übereinstimmenden Position in Sachen Waffenlieferungen? Wie geht sie mit dem Dilemma zwischen Finanzpolitik und notwendiger Rüstung um?
- SVP-Ständeräte: Bleiben sie bei ihrer ablehnenden Haltung zur Weitergabe von bereits gelieferten Waffen oder finden sie einen Ausweg zwischen der Neutralitätsinitiative ihrer Partei und der indirekten Unterstützung der Ukraine respektive der Schweizer Rüstungsindustrie?
Was sonst noch läuft
Den Bundesrat und die Schweizerische Nationalbank dürften auch in der kommenden Woche die Schieflage der Credit Suisse beschäftigen. Der Abfluss von Kundengeldern, auch aus der profitablen Credit Suisse Schweiz ist nach wie vor gross – und der Börsenkurs im Keller.
Die Kampagne für die OECD-Mindestbesteuerung von Unternehmen wird bald anlaufen. Diese Woche wurden im Bundeshaus die Befürworter mit Ja-Parolen fotografiert. Die SP bekämpft die Vorlage. Auch in der SVP gibt es Widerstand. Direkt betroffene Kantone wie Zug bereiten sich sowohl auf ein Ja wie ein Nein vor.
Die Verkehrskommission des Nationalrates beugt sich über den gemäss Bundesrat dringend benötigten Ausbau der Nationalstrassen und das Agglomerations-Programm. Während SP und Grüne den Ausbau der Strasseninfrastruktur bekämpfen, befürworten sie die Agglomerations-Programme, weil darin Millionen für Projekte zur Verkehrsberuhigung, die Gegner sagen «Verkehrsbehinderung», in mehrheitlich links-grün dominierten Städten enthalten sind.
Die Sozial- und Gesundheitskommission nimmt sich der Renteninitiative der Jungfreisinnigen an. Im Ständerat war die Idee eines Gegenvorschlages chancenlos. Das dürfte im Nationalrat nicht anders sein, weil die Mitte darauf keine Lust hat.
Die Umweltkommission des Ständerates arbeitet am nächsten CO₂-Gesetz. Nach der Ablehnung des ersten Versuches geht die Frage, wie CO₂ in Zukunft besteuert und vermieden werden soll, in die nächste Runde.
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Dominik Feusi