Somms Memo

Es gibt keinen Klimanotstand. Sagt die Regierung Biden

image 11. September 2023 um 10:00
Grösste Investition in die Klimapolitik der amerikanischen Geschichte:  Joe Biden unterzeichnet den Inflation Reduction Act (August 2022). (Bild: Keystone)
Grösste Investition in die Klimapolitik der amerikanischen Geschichte: Joe Biden unterzeichnet den Inflation Reduction Act (August 2022). (Bild: Keystone)
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Die Fakten: Die Regierung Biden hat – je nach Berechnung – rund 1000 Milliarden $ an Ausgaben angekündigt, um den Klimawandel zu bekämpfen. Warum das wichtig ist: Gleichzeitig hat dieselbe Regierung ausgerechnet, was der Klimawandel kostet, würde man nichts tun: Peanuts. Als der amerikanische Präsident Joe Biden vor gut einem Jahr den sogenannten Inflation Reduction Act unterzeichnete, galt das Gesetz als ein Durchbruch, ein teurer zwar, aber ein lohnender:
  • Es handle sich um die «grösste Investition in saubere Energie und die Klimapolitik», die es in der amerikanischen Geschichte je gegeben habe, teilte das Weisse Haus mit
  • Und ein Jahr später meldet die gleiche Regierung, das Gesetz habe bereits «eine signifikante Wirkung» entfaltet, unter anderem seien 170 000 Jobs im Sektor der sauberen Energie geschaffen worden

In der Tat: Je nach Schätzung werden die USA in den kommenden Jahren 800 bis 1200 Milliarden $ bereitstellen, um den Klimawandel aufzuhalten oder dessen Folgen abzumildern. Kein Land hat sich so viel vorgenommen.
  • Offiziell sind es insgesamt 783 Milliarden $, da aber auch eine Reihe von komplexen Steuererleichterungen und schwer zu beziffernden Anreizen vorgesehen sind, dürften die realen Kosten für den Staat noch höher kommen
  • Die Prognosen reichen von 800 Milliarden $ (Credit Suisse) bis 1200 Milliarden $ (Goldman Sachs)

Noch ist es sicher zu früh, die langfristige Wirkung zu beurteilen, wenn auch feststeht, dass das Gesetz entgegen seinem Namen die hohe Inflation in Amerika kaum zurückführen dürfte, sondern weiter antreibt, – dringlicher scheint allerdings eine andere Frage: Sind die vielen Milliarden überhaupt nötig? Zu Deutsch: Was bringt das? Zweifel sind angebracht – und diese stützen sich nicht auf irgendwelche Verschwörungstheorien aus dem klimaskeptischen Lager, sondern ausgerechnet auf einen Bericht, den die gleiche Regierung Biden einige Monate später, im März 2023, veröffentlichen liess.
  • Der Council of Economic Advisers (CEA) und das Office of Management and Budget (OMB) haben untersucht, wie sich die Klimaerwärmung in Zukunft auf das Wirtschaftswachstum der USA auswirkt – auch um abzuschätzen, was das für die langfristige Finanzplanung des Bundes bedeutet
  • Die beiden Gremien üben sehr viel Einfluss aus, sie sind direkt dem Präsidenten unterstellt. Für den CEA arbeiten 35 Leute, für das OMB fast 500. Beide sind Teil des Weissen Hauses
  • Um ihre Aufgabe zu erfüllen, berücksichtigten die Beamten zwölf Studien – die aktuellsten und zuverlässigsten zum Thema, alle sind peer-reviewed, also von anderen Wissenschaftlern überprüft worden. Zudem stützten sie sich auf drei Szenarien, was die künftige Entwicklung der CO2-Emissionen betrifft

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In Anbetracht der Tatsache, dass die Regierung Biden die Klimapolitik zu einer ihrer bedeutendsten Anliegen gemacht hat, kann man den Wissenschaftlern des Weissen Hauses nur gratulieren:
  • Sie haben Mut
  • Sie sind ehrlich

Denn ihr Befund macht eigentlich klar, dass die USA sich diese 1000 Milliarden hätte sparen können.
  • Sie zeigen: Von einer Klimakrise kann keine Rede sein, von einem Notstand sind wir weit entfernt
  • Seit 1851/1900 ist die Temperatur auf der Erde um rund 1 Grad Celsius (ca. 2,2 Grad Fahrenheit) gestiegen: Das hat – gemäss dem Bericht– das Bruttoinlandsprodukt der USA um insgesamt 0,5 Prozent reduziert
  • Das sind Peanuts, wenn man bedenkt, dass das amerikanische BIP seit 1950 um mehr als 800 Prozent zugelegt hat. 800 versus 799,5 Prozent: Who cares?

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Wenn wir uns trotzdem Sorgen um die Zukunft machen, dann sind auch diese unbegründet.  Angenommen, die plausibelste Prognose des IPCC (International Panel on Climate Change der UNO) trifft ein, und die Erdoberfläche erwärmt sich bis 2100 um etwa 3 Grad Celsius (ca. 4,5 Grad Fahrenheit),
  • Dann würde sich das BIP der USA bis 2100 um weniger als 2 Prozent verringern – gemäss dem Durchschnitt der Prognosen
  • Wenn man davon ausgeht, dass die USA auch in Zukunft durchschnittlich um 1,5 Prozent pro Jahr wachsen, dann sprechen wir auch hier von: Peanuts
  • Insgesamt nähme das BIP bis 2100 statt um 232 Prozent «bloss» um 225 Prozent zu

Wenn das der Weltuntergang ist, dann können sich die Amerikaner noch einige solcher Weltuntergänge leisten. Und natürlich auch wir – weil bei uns der Befund nicht ganz anders ausfallen dürfte. Oder um es mit Martin Luther, dem deutschen Reformator, auszudrücken, der einmal gesagt haben soll: «Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.» Allerdings müsste dieses Apfelbäumchen nicht 1000 Milliarden $ kosten. Ich wünsche Ihnen einen wunderbaren Wochenbeginn Markus Somm Wer es genauer wissen will:
Bericht des CEA und OMB

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