Elon Musk greift nach Twitter. Ist das der Dritte Weltkrieg?
Elon Musk, CEO, Gründer und Mitbesitzer von Tesla, SpaceX, Neuralink und The Boring Company.
Die Fakten: Tesla-Besitzer Elon Musk hat 9,1 Prozent von Twitter erworben. Nun will er die ganze Firma für 43 Milliarden Dollar kaufen. Der Verwaltungsrat wehrt sich.
Warum das wichtig ist: Musk schwebt vor, Twitter von neuem zu einer Plattform der Meinungsfreiheit zu machen. Das gefällt nicht allen. Besonders die Linke ist entsetzt. Das lässt tief blicken.
Ob Elon Musk wirklich 43 Milliarden Dollar in Twitter investieren will, weiss nur er selbst. Zwar gilt er derzeit mit einem geschätzten Vermögen von 273 Milliarden Dollar als der reichste Mann der Welt – aber selbst ihn würde ein solcher Betrag wohl herausfordern. So liquid dürfte auch er nicht sein, der CEO, Mitbesitzer oder Gründer von
- Tesla (Auto)
- SolarCity (Solarenergie) und Tesla Energy (Batterien)
- SpaceX (Raumfahrt)
- Neuralink (Künstliche Intelligenz)
- The Boring Company (Tunnelbau)
Was will Musk? Gewiss, wenn ein Milliardär so viel Geld in die Hand nimmt, hat er auch ans Geschäft gedacht. Und sicher sieht Musk in Twitter mehr Potential, als das derzeitige Management auszuschöpfen vermag. Schon sein Angebot liegt deutlich über dem aktuellen Börsenwert von Twitter, der bei 37 Milliarden Dollar veranschlagt wird.
Wenn aber ein Musk sich für etwas interessiert, dann geht es immer um mehr: Entweder um eine Kolonisierung des Weltraums, die zweite Erschaffung des Menschen oder um eben um die Rettung der Demokratie. Musk sagt:
«Twitter ist zu einer Art Marktplatz der Meinungen geworden, wo alle sich versammeln, und es ist wichtig, dass die Menschen die Möglichkeit haben, sich innerhalb der Grenzen des Gesetzes vollkommen frei zu äussern.»
Offensichtlich ist Musk überzeugt, dass dies heute nicht der Fall ist. Womit er ausspricht, was fast alle in Amerika, die rechts der Mitte stehen, beklagen – und zwar mit Blick auf alle Social Media. Twitter gilt als dezidiert linke Firma, die linke Meinungen fördert, wogegen sie rechte zum Verstummen bringt. Twitter wendet dafür diverse Methoden an:
- die Algorithmen werden so eingesetzt, dass sie diesem Ziel dienen
- rechte Meinungen erscheinen erst als «trending», wenn eine linke Kritik darauf geäussert worden ist. Dann wird diese (linke, meist negative) Stellungnahme weiterverbreitet, während das rechte Original im Orkus verschwindet
- indem Twitter schlicht und einfach streicht, was der Firma nicht passt
Als kurz vor den letzten Präsidentschaftswahlen in der New York Post eine Recherche über Joe Bidens Sohn erschien, die in der Lage schien, dem Kandidaten der Demokraten zu schaden, wurde sie von Twitter unterdrückt (übrigens auch von Facebook oder der New York Times).
Man tat dies mit dem Hinweis, es handle sich um «russische Desinformation». Man wollte die Bürger vor Fake News «schützen».
Inzwischen ist klar: Alles stimmte. Die Russen hatten nie etwas damit zu tun. Und die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Hunter Biden. Die Affäre ist keinesfalls ausgestanden – auch für Präsident Biden nicht.
Was Twitter heute als «moderierten Diskurs» versteht, läuft häufig auf die schlechte, alte Zensur heraus – wie wir sie in den meisten Ländern des Westens seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr kennen.
Musk will Abhilfe schaffen. Insbesondere möchte er mehr Transparenz herstellen.
- Wenn Twitter den Algorithmus ändert, dann soll Twitter das sagen. Heute wissen die Nutzer gar nicht, wie und ob dieser ihre Tweets gesteuert hat
- Wessen Tweet zensiert wird, hat ebenfalls Anspruch auf eine Erklärung
- Neu soll ein Tweet nachträglich redigiert werden können. Das würde die Debatte mildern. Nicht alles, was man im ersten Ärger in die Welt setzt, hält einer späteren Überprüfung stand. Einmal darüber schlafen, kann Wunder wirken
Auf den ersten Blick, vernünftige Ideen, sollte man meinen. Doch die Linke in Amerika ist in helle Aufregung geraten, seit Musk sein Übernahmeangebot bekannt gemacht hat. Sie spürt, was sie zu verlieren droht. Eine private Zensurbehörde, die Meinungen einstampft, die der Linken nicht zusagen.
Vielleicht ist «Aufregung» das falsche Wort:
- Man warnte vor einem «Dritten Weltkrieg», sollte Musk zum Zug kommen. «Das würde unseren Planeten zerstören» (David Leavitt, Journalist)
- Ein Professor in New York schrieb: «Heute auf Twitter zu sein, fühlt sich an wie der letzte Abend in einer Berliner Bar, bevor die Weimarer Republik unterging» (Jeff Jarvis)
- Ein dritter besorgter Zeitgenosse gab an, Musks Einstieg bei Twitter bedeute im Wesentlichen «das Ende der Welt». Musk werde die Stimme «jedes rechtsextremen Nazi» verstärken, den er finde könne (Michael Volpe)
Das Ende der Welt? Der Dritte Weltkrieg? Are you serious?
Wenn es um den Dritten Weltkrieg geht, war Albert Einstein vermutlich etwas realistischer:
«Ich weiss nicht, mit welchen Waffen der Dritte Weltkrieg ausgetragen wird, aber der Vierte Weltkrieg wird mit Stecken und Steinen ausgetragen.»
Ich wünsche Ihnen einen Twitter-freien Tag
Markus Somm