Gioia redet Klartext
Ein Fass ohne Boden
Sparen muss man lernen. Es ist der Verzicht auf etwas im «jetzt», für etwas Ungewisses in der Zukunft. Es ist eine gewisse Geduld und Reizkontrolle gefragt. Es gibt viele Leute, die können das nicht. Und viele von denen sitzen in der Politik.
Bis ich ungefähr 16 Jahre alt war, wurde mir Sparen als eine gute Sache verkauft. Meine Eltern und Grosseltern haben für mich ein Sparkonto angelegt. Mein Weihnachtsgeld habe ich auf die Seite gelegt und man hat mir immer gesagt «tues doch spare, denn chasch der mal öbis schöns chaufe».
Ich habe zwar keinen finanzpolitischen Hintergrund – aber ich habe ein finanzpolitisches Gewissen. Das ist in politischen Breitengraden offenbar schon viel. Wer sich das Budget der Stadt Winterthur anschaut, der fragt sich: Kann, wer hier nicht eingreift, wegen unterlassener Hilfeleistung zur Rechenschaft gezogen werden? Und es steht exemplarisch für so viele Städte und am Schluss auch den Bund.
Ein Schuldenberg von 1,2 Milliarden wird in meiner Stadt munter vor sich hergeschoben. Warum? Weil es sich über seinen Verhältnissen einfach besser lebt. Und weil Politiker nicht gerne sparen. Denn Sparen heisst, jemandem etwas wegnehmen. Schulden sind da das kleinere Übel und das «Gute» daran – damit macht man die eigenen Wähler nicht wütend. Soll sich doch die nächste Generation darum kümmern, die kann eh noch nicht wählen. Ich sehe das anders. Ich bin 30 – und ich werde das auch mitzahlen müssen. «tues doch spare, denn chasch der mal öbis schöns chaufe» - das «mal» ist schon lange vorbei. Für unsere Finanzpolitik gilt: «tue der öbis schöns chaufe, spare chönd denn nie negste». Die nächsten, das sind wir.