Bundeshaus-Briefing #10
Eigenmietwert, Übergewinn-Steuer, Oligarchengelder, Geschlechtsidentität
2017 lachten sie noch: Christian Wasserfallen und Petra Gössi. (Archivbild: Keystone)
Willkommen zum Bundeshaus-Briefing Nummer 10 des Nebelspalters. Hier lesen Sie, was nächste Woche aktuell ist.
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Das gibt zu reden
Der «Solarexpress» gerät ins Stocken, bevor er den Bahnhof richtig verlassen hat. Das riesige Solarprojekt im Salflisch-Tal in der Gemeinde Grengiols (VS) wurde diese Woche von 5,6 auf noch einen Quadratkilometer zusammengestutzt. Die Promotoren haben unter anderem gemerkt, dass die mehr als 900'000 Solarmodule auf Stelzen mit ihren Fundamenten eine noch nie dagewesene Naturzerstörung bedeutet hätte. Und auch dass die Leitungen gar nicht da sind, um den produzieren Strom wegzubringen, hat man im Wallis gemerkt. Stinksauer ist dafür jener Mann, der die Idee einer riesigen alpinen Solaranlage im Januar 2022 lancierte, und dem das ganze Parlament mit dem «Solarexpress» folgte: Ex-SP-Präsident Peter Bodenmann.
FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen (BE) sieht sich in seiner Kritik bestätigt (Quelle):
«Bodenmann der #Solarphantast hat mit seiner windigen Idee das Parlament übertölpelt.»
Dessen Blockade-Haltung bei der Wasserkraft schade der Versorgungssicherheit mit Strom, so Wasserfallen. «Er sollte sich besser um sein Hotel kümmern.» Wasserfallen wurde wegen seiner Haltung von der früheren FDP-Präsidentin Petra Gössi aus der nationalrätlichen Energiekommission bugsiert. Er störte beim verordneten Kurs der Partei Richtung grün. Seither sitzen dort mit Susanne Vinzenz-Stauffacher (SG) und Matthias Jauslin (AG) zwei Exponenten vom links-grünen Rand der Partei.
Solar-Lobbyisten wie der Fachhochschul-Professor Jürg Rohrer haben aufgrund theoretischer Berechnungen behauptet, alpine Solaranlagen würden im Winter drei Mal mehr Strom produzieren als Anlagen im Flachland. Tatsächlich sind es im Jahresverlauf nur 25 Prozent mehr. Die tatsächliche Produktion liegt damit viel tiefer, wie die Betreiber des Solarkraftwerks Albigna im Bergell letzten Sommer zugeben mussten. Vielleicht führt der «Solarexpress» auch dazu, dass die Hoffnungen der Politik auf dem harten Boden der Realität landen.
Was nächste Woche aktuell wird
Eine Woche vor der Sommersession der Eidgenössischen Räte werden die letzten Geschäfte durch die Kommissionen gepeitscht, die man dann in der Session beraten will.
Dazu gehört in der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) des Nationalrates der Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung. Heute müssen Eigenheimbesitzer einen fiktiven Eigenmietwert versteuern. Dafür können sie eine Reihe von Abzügen machen, zum Beispiel für Hypothekarzinsen oder für Unterhaltskosten oder Sanierungen. Der Ständerat hat den Systemwechsel beschlossen. Der Eigenmietwert soll wegfallen, dafür auch die meisten Abzüge gestrichen werden. Die Abzüge von Schuldzinsen sollen unter Bedingungen weiterhin zulässig bleiben. Links droht in diesem Fall mit dem Referendum. Im letzten Herbst kam die Vorlage in den Nationalrat und wurde von einer Mitte-Links-Mehrheit an die Kommission zurückgewiesen, um einen Kompromiss mit den Kantonen zu finden. Diese wehren sich wegen der drohenden Steuerausfälle gegen die Vorlage. Das dürfte darauf herauslaufen, dass der Systemwechsel nur halb (oder gar nicht) vollzogen wird.
Balthasar Glättli, Präsident der Grünen, will mit einer «Windfall-Tax» sogenannte «Übergewinne» aufgrund der russischen Invasion der Ukraine besteuern. Er denkt vor allem an «Energieproduktion und Energiehandel, Rohstoffhandel und Rüstungsproduktion». Das Anliegen könnte in der Kommission Chancen haben, weil sich Mitte-Präsident Gerhard Pfister öffentlich für eine solche Steuer ausgesprochen hat. Zusammen mit den Grünliberalen würde dies reichen.
Löhne bei Krankenkassen
Die Sozial- und Gesundheitskommission des Ständerates beschäftigt sich mit den Löhnen an der Spitze von Krankenkassen. Diese sollen in gesetzlich festgeschrieben werden. Geschäftsleistungsmitglieder sollen in Zukunft nicht mehr als 250'000 Franken, Verwaltungsräte nicht mehr als 50'000 Franken verdienen. Der Nationalrat hat dem Vorstoss bereits zugestimmt. Da die meisten Krankenkassen neben der obligatorischen Grundversicherung auch private Krankenversicherungen anbieten, fragen sich Ständeräte, ob es überhaupt Aufgabe der Politik ist, deren Löhne zu deckeln. Und es dürfte ein leichtes sein, eine gesetzliche Grundlage zu umgehen: Das Management lässt sich einfach sowohl bei der obligatorischen Versicherung wie bei der privaten Krankenkasse anstellen. Doch wenn populistische Symbolpolitik dominiert, spielen solche praktischen Überlegungen keine Rolle mehr.
In der Rechtskommission des Ständerates geht es um die Schaffung einer Task Force bei der Bundesanwaltschaft für die Sperrung von russischen und belorussischen Oligarchengeldern. Der Vorstoss von Carlo Sommaruga (GE, SP) und der Wirtschaftskommission des Nationalrates hat (ausgerechnet) die USA zum Vorbild. Die Task Force soll «Guthaben in der Schweiz von reichen russischen und belorussischen Staatsangehörigen, die auf der Liste der im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine sanktionierten Personen stehen, aufzuspüren, zu sperren und gegebenenfalls zu konfiszieren.» Auch dieser Vorschlag hat viel mit Symbolpolitik zu tun – und mit Forderungen aus dem Ausland. Der Bundesrat findet, es werde bereits heute nach Guthaben gesucht – und solche gefunden.
Die nächste Trans-Debatte
Nicht weniger als sechs gleichlautende Parlamentarische Initiativen wollen Aufrufe zu Hass und Gewalt aufgrund des Geschlechts strafbar machen. Sie wurden von Mitte-Links eingereicht, angeführt von der Zürcher SP-Nationalrätin Min-Li Marti bis und mit FDP-Nationalrätin Jacqueline de Quattro (VD). Nach der Einführung der Antirassismus-Strafnorm 1994 und einer Strafnorm gegen Hass und Gewalt wegen der «sexuellen Orientierung» im Jahr 2020 soll nun auch «Geschlecht» in den Strafgesetzparagraphen 261bis aufgenommen werden. Das ist auf den ersten Blick eigentlich nur logisch. Offen ist, ob mit «Geschlecht» nur das biologische Geschlecht oder auch das gefühlte Geschlecht gemeint ist. Aus der Kommission hört man, das habe man bewusst offen gelassen, dafür aber über die Rechtmässigkeit von Männersaunas diskutiert. 2018 scheiterte die Verankerung der «Geschlechteridentität» im selben Strafgesetz-Artikel im Ständerat (23 gegen 18 Stimmen), weil es sich um ein «privates Gefühl» (Thomas Hefti, GL/FDP) handle. Vermutlich hat man das jetzt offen gelassen, um schlafende Hunde nicht mehr zu wecken.
Im Vorstoss enthalten ist jedoch, dass sich strafbar macht, wer jemandem aufgrund des Geschlechts eine Leistung verwehrt, die für die Allgemeinheit bestimmt ist. Statt Anstand zu vermitteln, wird Unanständiges unter Strafe gestellt. Gute Erziehung soll durch Polizeiarbeit ersetzt werden.
Spielt bis jetzt den Spielverderber der Abschaffung der Eigenmietwerbetsteuerung: Markus Ritter (SG).. (Bild: Keystone)
Zu achten ist auf:
- Markus Ritter (Mitte): Der St. Galler Nationalrat hat letztes Jahr die Rückweisung der Vorlage zum Eigenmietwert beantragt. Ist er nun mit der Vorlage zufrieden oder schwenkt er (zusammen mit dem Rest der Mitte-Delegation) ganz auf links-grün ein?
- Beat Rieder, Heidi Z'graggen, Daniel Fässler: Stimmen die drei nicht als progressiv geltenden Mitte-Ständeräte mit beim weiteren Ausbau der Strafnorm gegen «Hass»?
- Gesundheitskommission des Ständerates: Machen die Ständeräte, darunter auch Vertreter von Interessen von Kassen, mit bei der Symbolpolitik des Nationalrates in Sachen Löhnen der Geschäftsleitungen und Verwaltungsräte?
Was sonst noch läuft
Der Bundesrat wird (wie schon diese Woche) mehrere hundert Vorstösse beraten, damit sie in der Sommersession vom Parlament behandelt werden können.
Ebenfalls in der Rechtskommission des Ständerates geht es um einen «Fachbeirat für die Auswahlverfahren der Gerichtskommission». Der Vorstoss ist das Eingeständnis des Parlamentes, dass es heute bei der Auswahl von Richtern für das Bundesstrafgericht, das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesgericht weniger um fachliche Eignung, also um das richtige Parteibuch geht. Für die Parteien sind die Parteisteuern der Richter (rund fünf Prozent des Lohnes bei den Bürgerlichen, zehn Prozent bei SP und Grünen) eine wichtige Einnahmequelle. Da das Verfahren vollständig hinter verschlossenen Türen stattfindet, schaffen es auch Kandidaten ohne brillante juristische Qualifikationen in höchste Gerichte.
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