«Wohnungskrise»

Die Ursachen der Wohnungsnot – und was dagegen hilft

image 4. März 2023 um 04:30
In Windisch müssen Mieter eine Liegenschaft verlassen, damit sie für Asylbewerber genutzt werden kann. (Bild: Keystone)
In Windisch müssen Mieter eine Liegenschaft verlassen, damit sie für Asylbewerber genutzt werden kann. (Bild: Keystone)
Es fehlen bald 50’000 Wohnungen in der Schweiz. Hohe Mieten drücken auf die Haushaltskassen. Ohne Erbschaft können sich Normalverdiener nur noch schwer ein Eigenheim leisten. Bloss: Knappheit von Wohnraum und hohe Preise sind keine Neuigkeit. Aber seit Mietern in Seegräben (ZH), Windisch (AG) und in der Stadt Zürich gekündigt worden ist, um Platz für Asylbewerber zu schaffen, ist das Problem plötzlich in aller Munde.
Politik und Medien haben die nächste Krise ausgerufen, die «Wohnungskrise». Und wenn man auf der Linken etwas beeindruckend gut kann, dann ist es, in jeder Krise sein ideologisches Süppchen zu kochen.

Vorschläge nach Pippi Langstrumpf

Entsprechend einfach fallen Analyse und Lösungsvorschläge aus. Schuld ist natürlich die Immobilienwirtschaft, die mit Wohnraum ein Geschäft macht. Und die Lösung ist mehr Staat. Sei es durch ein Verbot von Airbnb, des Vermittlers von Unterkünften, durch ein Vorkaufsrecht des Staates auf Immobilien oder mehr angeblich gemeinnützigen Wohnungsbau. (Noch) mehr Staat im Immobiliensektor, und alles wird gut. Es ist Politik nach dem Pippi-Langstrumpf-Prinzip: Man macht sich seine Welt, wie sie gefällt. In einer solchen Welt funktionieren auch die dümmsten Vorschläge.
Die Wirklichkeit sieht anders aus. Der Immobilienmarkt ist schon hoch reguliert. Das Angebot an Land wird durch dreissig Jahre links-grüne Raumordnungspolitik künstlich tief gehalten. Die sozialistische «Kostenmiete», Bau-, Lärm- und Umweltvorschriften und jahrelange Verfahren machen zusammen mit gestiegenen Zinsen Wohnungsbau beinahe unrentabel. Selbst in längst überbauten und nicht denkmalgeschützten Quartieren ist die Anzahl Geschosse auf drei oder vier beschränkt. Neues Land darf kaum mehr eingezont werden, schon gar nicht in ländlichen Regionen. Die Bautätigkeit ist fast zum Erliegen gekommen.

Siedlungsbrei aus Bauklötzen

Unter Verdichtung verstehen die Schreibtischtäter in den Baudepartementen meist bloss das Zusammenschieben von Einfamilienhäusern oder das Aufeinanderstapeln von höchstens drei Wohnungen. Wo doch noch gebaut werden darf, wird jeder Quadratzentimeter aus der vorgeschriebenen Ausnutzungsziffer und der maximalen Eckhöhe herausgeholt. Das Resultat ist ein Siedlungsbrei von lieblosen Bauklötzen von Romanshorn bis Genf – der trotzdem zu wenig Wohnraum bietet. In wenigen Ländern mit dieser Bevölkerungsdichte wird der Platz derart schlecht genutzt.
Neben der Begrenzung des Angebots haben wir eine enorm gestiegene Nachfrage. Allein im vergangenen Jahr sind gut 180’000 Menschen in die Schweiz eingewandert. Eine Trendwende ist nicht in Sicht. Dies ist Folge einer nicht nachhaltigen Nachfrage des Arbeitsmarktes (Link zum PDF), insbesondere des Staatssektors – und einer falschen Asyl- und Flüchtlingspolitik, mit der zu viele Menschen ohne Aussicht auf Asyl zu uns kommen und trotz ablehnendem Bescheid bleiben können. Und wer hier ist und es sich leisten kann, bewohnt heute mehr Fläche als je zuvor (46,6 m² pro Kopf).

Das Immobiliendilemma

Das Resultat: Die Nachfrage nach Wohnraum und das Angebot driften auseinander. Wir haben hohe Zuwanderung und kaum mehr Neubauten, um diese zusätzlichen Menschen unterzubringen. Eine Kombination aus links-grüner Angebotsverknappung und einer Ignoranz gegenüber den Folgen der Zuwanderung von Grünen, SP, Mitte und Freisinn ist das Problem. Das Resultat: hohe Preise.
Wir sind vor die Wahl gestellt: Wenn wir die Zuwanderung nicht begrenzen wollen, müssen wir den Bau von Wohnraum zulassen, sowohl in die Höhe wie auf neuem Bauland. Wenn wir dies nicht wollen, müssen wir die Zuwanderung begrenzen. Es ist ein Dilemma. Und genau über dieses Dilemma wollen die meisten Politiker in allen Parteien nicht reden.

Bürgerliche haben zugeschaut

Links bringt deshalb lieber die altbekannten ideologischen Rezepte. Und was machen die Bürgerlichen? Sie «verfolgen» die Lage, wie Bundesrat Guy Parmelin. Jahrelang haben Mitte und FDP von der Zuwanderung als alternativlose Bedingung für den Wohlstand der Schweiz geschwärmt. Sie haben gleichzeitig die links-grüne Raumpolitik zugelassen oder sogar mitgemacht und das Staatswachstum sogar gutgeheissen.

Privateigentum ist eines der wichtigsten Bollwerke der individuellen Freiheit.


Für die Bürgerlichen steht jedoch viel auf dem Spiel. Die Aussicht auf Eigentum ist einer der wichtigsten Klammern bürgerlicher Wähler. Der Kauf eines Eigenheims ist – durchaus zurecht – Ausdruck ökonomischen und sozialen Aufstiegs. Aus Besitz entsteht Verankerung und Verantwortung. Privateigentum ist eines der wichtigsten Bollwerke der individuellen Freiheit. Geht die Aussicht auf Eigentum trotz harter Arbeit verloren, gibt es einen Grund weniger, die Mitte, FDP oder SVP zu wählen. Die Konzepte von staatlich geförderten, sogenannten «gemeinnützigen» Wohnraum überzeugen dann mehr, selbst wenn sie lebenslange Abhängigkeit vom Kollektiv der sozialdemokratischen Genossenschaft bedeuten.

Es ist ganz einfach

Was tun? Die Bürgerlichen sollten den sozialistischen Rezepten von links-grün eine saubere Analyse entgehen setzen. Und sie sollten für Lösungen sowohl beim Angebot, wie bei der Nachfrage arbeiten. Das ist gar nicht so schwer: Die Vorschriften sind zu liberalisieren. Vorrangig soll in den Städten in die Höhe gebaut werden können. Das Bundesamt für Raumentwicklung muss entmachtet werden. Die Raumplanung ist zu dezentralisieren. Die Zuwanderung muss gesteuert werden. Und genossenschaftliches Bauen darf nur noch gefördert werden, wenn es echtes Wohneigentum schafft, das über einen Genossenschaftsschein hinaus geht.
Die «Wohnungskrise» ist durch Staatsversagen verursacht. Nur weniger Staat wird sie überwinden.

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