Printausgabe
Die iKuh
Burkh (Burkhard Fritsche)
Viele Nichtschweizer sind der irrigen Ansicht, den Schweizer verbände mit dem Hausrind mehr als nur eine stille Leidenschaft, das trüge obsessive Züge, die in fragwürdigen Ritualen wie dem «Ranz des Vaches» gipfelten, einem Heimatlied, das nichts weiter als eine Kuhpreisung darstellt und früher sogar Soldaten der Schweizerregimenter im Ausland massenhaft zur Desertation bewog, was ohnehin keine schlechte Option war.
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März-Ausgabe 2023:
Dem Vernehmen nach handelt es sich bei Kühen um Wiederkäuer. Die Süddeutsche Zeitung zitierte zu diesem Thema den Erlanger Medizinpsychologen Siegfried Lehrl: «Mit dem Kauen verhält es sich so, dass durch die dabei üblichen Kieferbewegungen starre Lernsituationen aufgebrochen werden und das Auffassungsvermögen sich erholt.» Wenn das schon beim Kauen so ist, wie mag das dann erst beim permanenten Wiederkauen sein? Und wieso diskrimienieren wir dann die Amerikaner mit ihrer unstillbaren Sucht nach Kaugummi? Und weshalb sieht man so wenige Jugendliche in Kauerstellung?
Kuhdörfer wird man auf der Landkarte freilich nicht finden. Andere Tierarten erfahren in der helvetischen Geografie deutlich mehr Berücksichtigung – es seien hier nur das Säuliamt und das Entlebuch angeführt. Dennoch hat nicht mal die gemeine Rinderbremse den Siegeszug der Kuh aufhalten können. Das Lieblingsgetränk gleich nach Ovomaltine (mit Milch) und Rivella (auf Milchbasis) heisst Red Bull. Und endlich, endlich, endlich erfährt die Kuh im ausgehenden Jahrtausend ein wenig mehr Anerkennung, in der grossen Ausstellung «Ranz de Vaches» beispielsweise in Bulle.
Die Kuh inspiriert den menschlichen Forschungsgeist: So wurde im Kanton Uri seine Viehseilbahn für die Hochalm Alplen konstruiert, weil der Weg verschüttet war. Die Tiere wurden einfach nach oben gegondelt. Allerdings können menschliche Eingriffe fatal enden: Im XX-Tal mussten circa zwanzig Zuchtstiere wegen totaler Erschöpfung notgeschlachtet werden. Als durch einen Stromausfall die Füssener Samenbank lahmgelegt wurde und die Stiere die Besamungen in echt vornehmen mussten. Diesen Strapazen zeigten sich die Tiere nicht gewachsen.
Als Fazit darf festgehalten werden: Die Schweiz ist das Indien Europas, wo die heilige Kuh noch die Kuh selbst ist – dies gilt auch für Gewohnheits-Stiere und Gletscherkälber.