Yaron Brook in Zürich

«Die Idee des Individualismus verhindert Krieg»

image 28. Februar 2023 um 20:30
Yaron Brook sprach an der Uni Zürich. (Bild: Wikimedia Commons)
Yaron Brook sprach an der Uni Zürich. (Bild: Wikimedia Commons)
Warum gibt es Krieg, wenn ihn doch eigentlich niemand will? Ist Krieg die Fortsetzung kapitalistischer Krisen oder Folge von übermächtigen Staaten? Der israelisch-amerikanische Publizist und Aktivist Yaron Brook nahm sich an der Uni Zürich der seit einem Jahr wieder wichtigen Fragen Europas und der Welt an.

Was wichtig ist

  • Für den amerikanischen Publizisten Yaron Brook ist Vernunft und individuelle Freiheit das beste Mittel gegen Krieg.
  • Wo das Individuum im Kollektiv aufgeht und Vernunft durch den Glauben an eine höhere Sache ersetzt wird, droht Krieg.
  • Genau dies hat zum russischen Angriff auf die Ukraine geführt.


Die meisten Europäer haben lange nicht mehr an Krieg gedacht, selbst die Kriege auf dem Balkan haben viele man als regionale Konflikte abgetan. Die Idee, dass Handel zu Frieden führt, schien sich hier bewährt zu haben. Das war seit dem Ende des Kalten Krieges auch die Idee mit Russland. «Und wenn das stimmt, dann hätten wir weder von Russland noch von China etwas zu befürchten.»

Auf die Ideen kommt es an

Doch der Krieg in der Ukraine habe uns gelernt, dass dies nicht immer funktioniere. Die Gründe für Krieg liegen gemäss Brook tiefer. «Es sind die Ideen, die zu Krieg führen.» Doch welche Ideen haben zum Krieg in der Ukraine geführt?
«Wir stehen an einem Wendepunkt in der europäischen Geschichte, möglicherweise sogar der Geschichte überhaupt», findet Brook. Europa war ein gefährlicher Ort bis zu den napoleonischen Kriegen. Mit der Aufklärung brach das Zeitalter der Vernunft und der individuellen Freiheit an. Mit diesen Ideen wurde Absolutismus und Kollektivismus überwunden und damit auch die Möglichkeit von Herrschern, Menschen in einen Angriffskrieg zu schicken. «Genau das ist in Russland wieder passiert», findet Brook.
Der russischen Führung sind Menschenleben egal, individuelles Leben hat keinen Wert. Die Ablehnung von Vernunft und Individuum für einen mystischen, höheren Zweck führt zu Krieg. Der Einzelne wird wieder auf ein Teil eines Kollektivs reduziert und seine individuelle Vernunft durch den Glauben an eine höhere Sache ersetzt.

Kapitalismus verhindert Angriffskriege

Aus einer ökonomischen Perspektive sieht es Brook ähnlich. Im Kapitalismus werde man durch möglichst viele freiwillige Verträge, durch Win-Win-Situationen reich. «Krieg ist das Gegenteil, Krieg ist lose-lose». Krieg ergebe nur Sinn, wenn man glaube, Wirtschaft sei ein Nullsummenspiel und man könne nur durch Gewalt jemandem etwas wegnehmen und auf Kosten anderer wachsen. «Kapitalismus basiert auf der freiwilligen Win-Win-Haltung. Darum verhindert Kapitalismus Angriffskrieg.» Kapitalistische Länder müssten sich nur verteidigen.
Heute werde Liberalismus und die Idee von Vernunft und Individuum von überall her attackiert. «Putin ist die Fleischwerdung der uralten dunklen Kräfte, die schon immer zu Krieg geführt haben.» Er rede von einer höheren Sache, vom russischen Imperium, dem russischen Schicksal, für das es sich lohne zu kämpfen. «Das Individuum gibt es bei ihm nicht mehr, nur noch das Kollektiv der Russen. Die Hunderttausenden von Toten wurden für «Mutter Russland» geopfert.» Putin sei auf ein Nullsummenspiel fokussiert, nicht auf Handel, sondern auf Erobern von Land und Rohstoffen, vor allem ehemaligen Sowjetrepubliken oder Teilen des Zarenreiches.

Putin und die Nato

Aber wurde er nicht von der Nato bedroht? «Das ist ein Witz», findet Brook. Die Nato sei bis vor der russischen Invasion so schwach gewesen wie noch selten. Erst der Krieg habe die Nato stark gemacht. «Das Gegenteil ist wahr: Der Krieg wurde möglich, weil Putin glaubte, die Nato sei schwach und weil die Ukraine nicht Mitglied der Nato wurde. Wenn Putin das Ziel hatte, die Nato von sich wegzuhalten, dann hat er bereits verloren, weil mit Finnland und Schweden die Nato näher rückt denn je.»
Putin habe seit 2008 den Westen immer wieder provoziert und getestet, in Georgien, Syrien zuletzt ab 2014 auf der Krim und im Donbass. Und er bekam den Eindruck, als sei der Westen zu schwach, um zu reagieren. Deshalb griff er die Ukraine an. Er glaubte, Kiew falle innert einer Woche und er könne als «Putin der Grosse» in die Geschichte eingehen.

Gegen die Feinde der Freiheit

«Frieden gibt es nur, wenn wir die Ideen verteidigen, die zum Frieden führen: Vernunft und Individualismus. Es gibt heute wieder viele Feinde dieser Ideen, Feinde der individuellen Freiheit. Unser Leben ist ziemlich gut, aber es ist nicht sicher, dass dies so bleibt.» Der Westen müsse für diese Ideen kämpfen, um den Frieden zu sichern.
Hier das Video des Referates (hinzugefügt am 11.03.23, fi.):


Publizist und Aktivist

Der amerikanische Publizist und Objektivist Yaron Brook sprach in Zürich auf Einladung des Liberalen Instituts und der Studierenden für die Freiheit. Brook wuchs in Israel als Kind sozialistischer Eltern auf. Durch das Buch «Atlas shrugged» von Ayn Rand entdeckte er die Ideen der Freiheit. Er ist Vorsitzender des Ayn Rand Institute, Autor zahlreicher Bücher und betreibt einen erfogreichen YouTube-Kanal.

#WEITERE THEMEN

image
Medien mit Millius

Bayerische Unsitten in Zürich

21.9.2023

#MEHR VON DIESEM AUTOR

image
Bern einfach

Spezial mit Thierry Burkart: Tabak, SNB, Bundesratswahlen, Mitte, Alain Berset

21.9.2023