Somms Memo

Die böse FDP fälscht böse Bilder. Und die gute Linke ist ganz aus dem Häuschen

image 5. Juli 2023 um 10:00
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Die Fakten: Die FDP hat auf einem Wahlkampfplakat zur Klimapolitik eine Szene nachgestellt, die es in der Realität nicht gab. Die Linke ist empört. Warum das wichtig ist: Was die Linke der FDP vorhält, hat sie wiederholt selber getan. Auch Heuchler müssen sterben. Die FDP hat alles richtig gemacht. «Anpacken statt ankleben» heisst es auf einem neuen Plakat der FDP, und man sieht, wie Klimakleber auf der Strasse sitzen und den Verkehr blockieren, darunter auch eine Ambulanz, die trotz Blaulicht nicht weiterkommt.
  • Das Bild ist mit künstlicher Intelligenz hergestellt worden – allerdings handelt es sich um einen Vorfall, der in der Wirklichkeit schon dutzendfach vorgekommen ist
  • Erst vor wenigen Monaten legten Klimaaktivisten am Gotthard den gesamten Nord-Süd-Verkehr Europas lahm, indem sie sich auf die Fahrbahn klebten
  • Das Einzige, was in der Schweiz noch nie zu beobachten war: Dass eine Ambulanz durch eine solche widerrechtliche Aktion daran gehindert wurde, so rasch als möglich zu einem Notfall zu gelangen (wogegen das in Deutschland geschah: 15 Ambulanzen kamen in Berlin wegen Klimaklebern nicht mehr durch)

Natürlich gibt sich die Linke jetzt empört. Zum Beispiel Florin Schütz, ein junger Sozialdemokrat, der in der Geschäftsleitung seiner Kantonalpartei sitzt und auf dem Zentralsekretariat der SP Schweiz arbeitet:
  • Die FDP, so schrieb Schütz auf Twitter: «nutzt ein Fake-Bild für ihre nationale Wahlkampagne, um Hass gegen Klima-Aktivist*innen zu schüren. Spürt ihr euch eigentlich noch?»
Zwar hat die FDP oben rechts in kleiner Schrift angegeben, dass es sich um ein Bild handle, das mit künstlicher Intelligenz entworfen worden war – korrekter geht es nicht.
  • Aber selbstverständlich reicht das den linken Kritikern nicht (Durchschnittsalter unter 30). Trotz ihrer jungen, sicher noch guten Augen ist ihnen die Schrift viel zu klein
  • «Es ist kein guter Stil», tadelt Nicola Siegrist, Chef der Juso, «wenn in kaum lesbarer, winziger Schrift oben rechts angeschrieben ist, dass das Bild KI-generiert ist».

Und morgen sind alle Haifische lieb.  Juso und Stil? Wenn es jemanden gibt, der nicht kompetent ist, um über Stilfragen Urteile zu fällen, dann der Präsident der Juso. Seine Partei der permanenten Adoleszenz hat seinerzeit auf einem Plakat Doris Leuthard als Mörderin denunziert:
  • Die Juso zeigten die damalige CVP-Bundesrätin mit Händen, die vor Blut nur so tropften
  • Sie warben damit 2009 für eine Initiative, die Kriegsmaterialexporte verbieten wollte
  • Wahrscheinlich war es eine Fotomontage, denn soviel ich weiss, hat Leuthard noch nie als Metzgerin gearbeitet. Dass es eine Fotomontage war, stand allerdings nirgendwo auf dem Plakat – auch nicht in kleiner Schrift

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Im Tages-Anzeiger liess sich ausserdem ein Ethiker vernehmen, Peter G. Kirchschläger, ein Theologie-Professor an der Universität Luzern, der aus Österreich stammt.  Auch er gab sich betroffen:
  • Das Werbemittel der FDP hält er für inakzeptabel, «da es Fake News abbildet»
  • «Die auf dem FDP-Wahlplakat prominent dargestellte und inhaltlich höchstrelevante Blockade einer Ambulanz ist frei erfunden.» Damit werde eine politische Bewegung mit künstlich geschaffenen Bildelementen «gezielt dämonisiert»

Vielleicht täusche ich mich, aber ich kann mich nicht erinnern, dass sich der sensible Ethiker Kirchschläger 2020 auch zu einem Plakat der Befürworter der Konzernverantwortungsinitiative je so kritisch geäussert hätte. Damals kam ebenfalls ein Fake-Bild zum Einsatz:
  • Auf dem Plakat stand ein kleines Indianermädchen vor einem riesigen Loch, das offensichtlich ein Bergbauunternehmen hinterlassen hatte: «Trinkwasser verseucht. Kind vergiftet. Rohstoffkonzern haftet», erfuhren wir: «Ja! Konzernverantwortung»
  • Und das Mädchen blickte dabei sehr traurig in eine traurige Welt

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Plakat der Befürworter der Konzernverantwortungsinitiative, 2020.

Tatsächlich war es Fake. Das Mädchen gab es, aber auf dem Originalbild befand es sich vor einem Sportplatz. Die linken Befürworter hatten das eindrückliche Gesicht des Mädchens mit einem anderen Bild einer Mine zusammengefügt, wie die NZZ seinerzeit herausfand.
  • Sie riefen damit den Eindruck hervor, genau dieses Kind sei von einem Konzern vergiftet worden
  • Stimmen Sie ja! Damit das traurige Indianermädchen wieder lachen kann

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Originalbild: Indianermädchen in Cerro de Pasco, Peru.

Kurz, eine klassische, politisch motivierte Fotomontage, wo «Fake News» abgebildet wurden, um Konzernchefs «gezielt zu dämonisieren» – wie Kirchschläger das ausdrücken würde, was er aber zu jener Zeit unterliess. Warum bloss? Weil es immer darauf ankommt, ob die Bösen (FDP, SVP) Fake News verbreiten oder die Guten (SP, Juso, Konzernverantwortungsinitianten). Kirchschläger selbst ist ein Guter. 2020 schrieb er auf «kath.ch», einem katholischen Medium:
  • «Ich werde mich mit meinen Forschungsergebnissen und Argumenten persönlich im Abstimmungskampf für die Konzernverantwortungsinitiative engagieren, damit skrupellose Konzerne dafür geradestehen müssen, wenn sie Menschen vergiften, auf Kinderarbeit setzen oder Flüsse verschmutzen.»

Ich wünsche Ihnen einen guten Tag ohne Heuchler Markus Somm

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