Printausgabe
Der Ziegenpeterhof
Steffen Butz
Kein Tier passt besser in extreme Kältezonen wie die Ziege – von Polarbären natürlich abgesehen. (Den letzten seiner Art hat man 1983 im Ursenental gesichtet – und mit dem Bipolarbär verwechselt.) Die Ziege hat in den letzten Jahrzehnten – trotz der sog. «Null-Bock-Generation» – eine klare Imageverbesserung erfahren: Ho-Chi-Minhs Bärtchen trug dazu ebenso bei wie der «Goatee» der Grunge-Szene oder die Gourmets, die die Zimtziege unermüdlich in höchsten Tönen priesen. Politiker sind weniger begeistert.
Familie der Hornträger
In frühchristlichen Zeiten galt sie als sprichwörtlich schlecht und teuflisch, ja oftmals reduziert auf ihre Triebhaftigkeit, was per se ja nicht übel ist, wenn man vom griechischen Hirtengott Pan absieht, der uns diese unsägliche Flöte hinterlassen hat. Die Ziege gehört zur Familie der Hornträger, den Familiensitz haben sie im Bernischen, wo der «Ziegenpeterhof» zu finden ist, der an der Peripherie von Schwarzenburg liegt, das heute allerdings «People-of-color-Castle» heissen sollte.
Drei Tage Ziegen pur
Der Ziegenpeterhof beeindruckt mit seiner Vielfalt: Hier, das schleckt keine Geiss weg, tummeln sich Ziegen in allen Geschmacksrichtungen, ob Hausziege oder Dachziege, ob Angina- oder Gewitterziege – allesamt in artgerechter Haltung. Die Tiere fühlen sich wohl und an ihren Gestank müssen sie sich halt gewöhnen – die Ziegen. In einem kleinen Museum erhält der Besucher Informationen über die zähe Gattung Capra, es gibt sogar einen Film des Regisseurs Frank Capra (Arsen und Spitzenhäubchen) in Endlosschleife.
Vergessen Sie alles, was Sie bisher über Ziegen argwöhnten. Ziegenkäse ist gesund und trotzdem bekömmlich, der Tofu des kleinen Mannes. Ziegenfleisch regt den Stoffwechsel an. Zigarren verbreiten Gemütlichkeit. Machen Sie sich selbst ein Bild und besuchen Sie den Hof des Ziegenpeters, des grössten Ziegenzüchters Europas. Drei Tage Ziegen pur, in denen Sie lernen können, was man mit Ziegenkäse alles anstellen kann: kneten, rollen, abdichten, auslegen, ja, ganz Verwegene möchten ihn sogar essen.
Nahe der Endstation
Nicht nur Zicken wissen das zu schätzen. Dazu das Merchandising: Neben den Lebensmitteln finden Ziegenfellmützen – bzw. -mäntel oder Goatees to go reissenden Absatz. Der Ziegenpeterhof ist mit dem öffentlichen Nahverkehr zu erreichen, er liegt recht günstig nahe der Endstation der Berner S6.