Männer sind einfache Wesen. Wer uns nicht versteht, denkt zu kompliziert. Derzeit diskutiert das ganze Land, warum wir so viel Zeit auf dem Klo verbringen. Ganz einfach: Weil wir nur dort unsere Ruhe haben. Und die lassen wir uns nicht nehmen.
Sigmund Freud hat den Begriff der «analen Phase» geprägt. Etwa mit zwei Jahren beherrscht ein Kind seine Ausscheidungsfunktionen. Darüber ist es total begeistert und über Nacht davon überzeugt, der Herrscher des Universums zu sein. «Pipi und Kaka» im Griff zu haben, ist der erste Schritt zur Selbstbestimmung. Die Eltern können danach schon mal langsam den Auszug des Kinds planen.
Shitstorm neu definiert
Ohne jede Vorwarnung ist die finale Phase des Stoffwechsels in unserem Land zum beherrschenden Thema geworden. Es begann damit, dass sich eine Frau auf einem sozialen Netzwerk über ihren Mann beklagte. Der sitze jeweils rund 40 Minuten mit dem Handy auf dem Klo. «20 Minuten», das keine falsche Scheu vor den Niederungen des menschlichen Daseins hat, nahm das zum Anlass für eine Offensive. Die Zeitung thematisierte das ergreifende Schicksal der Dame, befragte andere Betroffene und ging mit Experten der Frage auf den Grund, was die Kloschüssel für Männer zum Sehnsuchtsort macht.
Einen Tag später durften Ärzte erklären, dass lange Sitzungen gesundheitlich bedenklich sind. Länger als drei Minuten sollte man sich nicht damit beschäftigen, die Restposten der letzten Mahlzeit loszuwerden. Ansonsten drohen Hämorrhoiden. Und weil Corona vorbei ist, der Ukrainekrieg schon ein Weilchen dauert und wir immer noch genügend Strom haben, sprangen danach auch andere Medien auf den Zug auf.
Die ganze Debatte ist völlig realitätsfern. Man hätte einfach den durch die Schlagzeilen gezogenen Mann fragen müssen, was es mit den 40 Minuten auf sich hat, und die Erklärung wäre einfach ausgefallen. Die Wahrheit ist: Wir Männer bunkern uns im Klo ein, weil wir nur dort unsere Ruhe haben. Da ist keine Frau, die uns sagt, dass wir den Müll rausbringen oder endlich die Glühbirne im Bastelraum auswechseln sollen. Da ist kein Kind, das sich gerade Knete in die Haare geschmiert hat. Da ist nur wundervolle Stille. Männer und ihr Klo: Eine Liebesgeschichte.
Das wahre Problem
Was die Hämorrhoiden angeht, so sind die medizinischen Tipps völlig überflüssig. Mag sein, dass wir mit unserem Rückzugsverhalten empfindliche Körperregionen strapazieren. Aber dagegen gibt es Salben. Die wahren Hämorrhoiden des einfachen Mannes sind keifende Frauen und der nervige Nachwuchs, und gegen die hat die Schulmedizin noch keine Rezepte entwickelt.
Dazu kommt, dass der Mann, nennen wir ihn Stuhli, auf dem Klo ja keineswegs untätig ist. Er beantwortet dort unter anderem E-Mails. Wenn er nach 40 Minuten wieder auftaucht, hat er also Arbeit erledigt und einen freien Kopf für die Familie. Soll er seine berufliche Korrespondenz vielleicht am Küchentisch erledigen, wo sich die Katze auf den Laptop legt, die Arme festkleben auf verschüttetem Sirup und die Angetraute über die Nachbarin lästert?
Flucht ergreifen
Gemäss den Medienberichten schreibt die Frau dem guten Stuhli eine Nachricht via Handy, wenn sie selbst dringend zur Toilette sollte. Reagiert er dann nicht sofort, weil er vielleicht gerade einen wichtigen Deal mit einem Handelspartner aus Südkorea abschliesst, verlässt sie die Wohnung, um ein öffentliches Klo zu nutzen.
Was keine der Zeitungen hinterfragt hat: Was zur Hölle ist das für eine Frau, die mit der Stoppuhr kontrolliert, wie lange ihr Mann auf dem Klo sitzt? In dieser Zeit hätte sie den Müll raustragen, die Glühbirne wechseln und die Knete aus den Haaren des Kindes entfernen können. Stattdessen liegt sie lieber vor der WC-Tür auf der Lauer wie ein verhungernder Löwe, der auf ein Zebra wartet. Frauen sind nicht mehr, was sie mal waren. Darüber könnte man mal schreiben.