Somms Memo

Das Klimaschutzgesetz ist ein Samichlaus-Gesetz. Ab 2050 Mandarinli für alle.

image 30. Mai 2023 um 10:00
Baukräne in der Schweiz. Seit 1979 nahm das besiedelte Land um fast einen Drittel zu.
Baukräne in der Schweiz. Seit 1979 nahm das besiedelte Land um fast einen Drittel zu.
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Die Fakten: Das Klimaschutzgesetz will bis 2050 den Treibhausgas-Ausstoss der Schweiz auf Netto-Null absenken. Dabei setzt man auch auf «Negativemissionstechnologien». Warum das wichtig ist: Negativemissionen? Noch befinden sich diese Technologien im Versuchsstadium, und unsere Böden, die am meisten CO2 aufnehmen, werden überbaut.


Wer in Bern Gesetze macht, gleicht zunehmend dem Samichlaus, wie wir ihn aus unserer Kindheit kennen:
  • Zuerst gibt es ein wenig Tadel: «Du solltest das Zimmer bis 2050 aufräumen! Sonst nimmt Dich der Schmutzli in den Wald mit (und die Eltern lächeln wie die schlechtesten Schauspieler der Welt, so dass wir Kinder immer wussten, dass das nicht stimmt)
  • Dann gibt es NüsseMandarinliSchoggi – bevor das Zimmer aufgeräumt ist, und ohne dass die Eltern je etwas dafür bezahlen mussten. Hat nicht der Samichlaus das alles eingekauft? (meinten wir Kinder)

So gesehen ist das Klimaschutzgesetz ein klassisches Samichlaus-Gesetz.
  • Es lebt von guten Vorsätzen (bis 2050 haben wir Netto-Null erreicht)
  • Ist arm an konkreten Massnahmen und glaubwürdigen Sanktionen
  • Und tut so, als ob der Samichlaus das alles selbst bezahlte
Das Klimaschutzgesetz ist ein Klimawunschgesetz. An zwei Beispielen soll das erläutert werden. 1. Negativemissionstechnologien Gewiss, es wird überall geforscht, wie man das ständig zunehmende CO2, das via Treibhauseffekt das Klima erwärmt, wieder der Atmosphäre entnehmen kann, um so Abhilfe zu schaffen. Helle Köpfe sitzen an der Arbeit – und doch sind wir noch weit davon entfernt, CO2 im erforderlichen Ausmass absaugen und dauerhaft speichern zu können.
  • Climeworks, ein in diesem Bereich führender Spin-off der ETH Zürich, plant derzeit das weltweit grösste Projekt. Es soll 36 000 Tonnen CO2 pro Jahr aus der Luft entfernen
  • Was eindrücklich klingt, ist ein Klacks: es entspricht weniger als einem Millionstel – oder besser: 0,0001 Prozentdes globalen CO2-Ausstosses. Und wir reden hier vom bisher «grössten» Projekt, das sich zudem im Planungsstadium befindet

Selbst der Bund räumt das ein, wenn er schreibt, diese Technologien «sind heute erst teilweise verfügbar» (Bundesamt für Umwelt, «CO2-Entnahme und -Speicherung»). Man wolle sich aber für «den dafür notwendigen nachhaltigen Ausbau dieser Technologien und entsprechende Rahmenbedingungen» einsetzen. Das beruhigt uns. Sind nicht gerade die Beamten im Bundesamt für Umwelt (BAFU) bekannt dafür, dass sie wie Löwenfür bessere Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und die Technologieentwicklung kämpfen? Bis 2050 bleiben uns noch rund 25 Jahre. Dann sind die meisten Löwen pensioniert. Mit anderen Worten, Wunschvorstellungen und Pipe dreams sollten nicht in einem Bundesgesetz stehen. Unseren Vorfahren wäre es in den 1920er Jahren nie eingefallen, ein Gesetz zu schreiben, wo Transatlantikflüge von Zeppelinenab 1955 vorgesehen waren. Offen blieb nur noch der Flughafen: ab Dübendorf oder ab Belpmoos? Natürlich ist dieses Klimaschutzgesetz deshalb auch ein unehrliches Gesetz. Es verspricht, was kein Samichlaus halten kann. Schlimmer noch: Während der Samichlaus die Kinder zum Zimmeraufräumen anhält, hinterlässt er in der eigenen Waldhütte eine Sauordnung. Das zeigt mein zweites Beispiel. 2. Natürliche «Negativemissionen» Selbstverständlich hofft der Bund auch auf natürliche Methoden, das CO2 in den Griff zu bekommen. Dabei stehen Wälder und vor allem die Böden im Vordergrund. Das Bundesamt für Umwelt hält fest: «Eine besonders wichtige Rolle spielt der Boden für das Klima. Im Boden ist mehr Kohlenstoff gespeichert als in der Atmosphäre und der Vegetation zusammen». (Bodenstrategie BAFU, 2020). Leider sind genau diese Böden, worin so viel CO2 auf Dauer versenkt werden könnte, bedroht: «Rund 60 % der Böden innerhalb der Siedlungsflächen sind versiegelt und haben somit keine ökologischen Bodenfunktionen mehr (…). Neben einer verminderten Lebensqualität steigen damit auch Risiken mit der Klimaerwärmung (…)». Der Bund hat recht. Doch woran liegt es, dass die Siedlungsflächen dauernd zunehmen und damit immer mehr Böden versiegelt sind?
An der unablässigen Einwanderung, die seit gut zwanzig Jahren alle historischen Rekorde bricht.
  • Seit 1979 hat die besiedelte Fläche in der Schweiz um 31 Prozent zugenommen
  • Dafür ist nicht die Tatsache verantwortlich, dass wir etwa immer mehr Wohnraum beanspruchten – wie das da und dort zu hören ist
  • Tatsächlich wuchs der Flächenbedarf pro Kopf in dieser Periode nur um 1 Prozent. Vielmehr sind dafür die vielen Immigranten zuständig, die (verständlicherweise) auch irgendwo wohnen möchten

2021 wanderten unter dem Strich rund 70 000 Menschen in unser Land ein. Um sie alle in Häusern und Wohnungen unterzubringen, wurde die Siedlungsfläche um etwa 27 km2 ausgedehnt. Das ist mehr als der ganze Walensee (24,2 km2). In den übrigen Jahren sah es nicht viel anders aus.
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Und es ist der gleiche Bund, der diese zusehends versiegelten Böden beklagt, der uns fast im Wochentakt die Vorzüge der ungebremsten Zuwanderung anpreist. Ja, was denn nun?
  • Einwanderung und mehr versiegelte Böden oder Böden freihalten, um CO2 zu versorgen?
  • Beides geht nicht

Wenn Sie das nächste Mal mit Ihren Kindern den Samichlaus empfangen, denken Sie daran: Immerhin geht er wieder und versiegelt Ihnen den Garten nicht. Oder um es mit Groucho Marx, dem Altmeister des amerikanischen Humors, zu sagen: «Das Geheimnis des Lebens ist Ehrlichkeit und Fairness. Wenn man das vortäuschen kann, hat man es geschafft.» Ich wünsche Ihnen einen herrlichen Tag Markus Somm PS Mit Freude melde ich mich aus Amerika zurück. PPS Das ist mein 300. Memo. Ich bedanke mich bei Ihnen, meinen treuen Leserinnen und Lesern, für die vielen, immer willkommenen Rückmeldungen und Ihr anhaltendes Interesse. Noch steigen die Abonnentenzahlen rasant und zum Zeichen meiner Wertschätzung erhalten Sie ein Jahresabo des Nebelspalters zur Hälfte des Preises. (Anleitung siehe oben).

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