Das erste echte Kompakt-SUV

image 2. Juli 2021 um 06:35
Der Eljot kommt noch durch, wo sich ein aktuelles SUV halbieren müsste.
Der Eljot kommt noch durch, wo sich ein aktuelles SUV halbieren müsste.
Die Verbreitung der 4x4 gelang der Emil Frey-Gruppe mit der Lancierung des Subaru Leone AWD 1979. Die damals auf Augenhöhe operierende Hugo Erb AG reagierte mit dem Suzuki LJ 80 schnell.
Die Schweiz hat die Alpen und hatte den Käfer. Dank schmalen Rädern in Verbindung mit der effizienten Traktion wegen dem hinten liegendem Motor galt er für die Bergbauern als gesetzt, sofern sie das Gemolkene nicht mit einem einachsigen Zapfwellen-Rapid oder geschultert in die Milchzentrale tragen wollten. Deshalb baute man den Beifahrersitz aus und schaffte so Raum für vier Milchkannen. Der «VW» stand wegen seiner Traktion, aber auch mit cleverem Marketing über den Dingen. Mit einem flächendeckenden Servicenetz, und kostengünstigen Revisionen konnte sich das Krabbeltier trotz regelmässigen Wehwehchen über das erwartete Ablaufdatum hinaus halten; der Golf übernahm dann volley. Aber die Bergler vermochten mit dem Fronttriebler nichts anzufangen. Die Milchkannen hätte man über eine hohe Ladekante hieven müssen. Die bessere Heizung interessierte nicht: Bergbauern sind gewohnt, mit dicken Handschuhen Auto zu fahren. Umso mehr begrüssten sie 1979 den japanischen Kombi mit Allradantrieb.

4x4 für Hokkaido

Japan hat die Nordinsel Hokkaido, ungefähr doppelt so gross wie die Schweiz, in den 70er Jahren rund fünf Millionen Einwohner stark. Ein idealer Bodensatz für die dortige Autoindustrie, sich um die schneereiche Gegend zu kümmern. 1972 fand die Olympiade eben dort in Sapporo statt. Im Medaillenspiegel erreichte die Schweiz hinter der Sowjetunion und der DDR den dritten Platz. Marie Therese Nadi gewann die Abfahrt und den Riesenslalom, und Bernhard Russi landete mit über einer halben Sekunde Vorsprung vor Roland Collombin nach der Herrenabfahrt zuoberst auf dem Podest. Im gleichen Jahr wurde der Subaru Leone 4WD Wagon vorgestellt.
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Ein jüngerer Eljot in der Werbung
Suzuki stieg 1978 mit dem LJ80 auf den Allrad-Zug. Der erste Kompakt-SUV! Ein japanisches Nischenprodukt, den Leone nicht unmittelbar konkurrenzierend. Der seinerzeit als Suzuki-Importeur agierende Erb-Konzern entdeckte das Potential 1980 für die Schweiz, lag aber bei der angepeilten Kundschaft ziemlich daneben; die Bergbauern verschmähten den Eljot ziemlich, weil man samt Familie kaum zur Kirche fahren konnte.
Frauenauto
Aber die Frauen liebten ihn aus dem Stand heraus. Kompakt, schneesicher, als Cabrio auch kultig, sofern man mit dem Auto nicht zu weite Strecken pendeln musste, den Tennisplatz aber stilsicher ansteuern wollte. Das hat prächtig funktioniert. Preisschild ab 10 990 Franken, ein Renault 5 TL kostete Fr. 10 580.-. Für den gewöhnungsbedürftig aussehenden Subaru konnte sich das auf schöne Dinge fokussierte weibliche Geschlecht nicht erwärmen. Die alternative Optik des LJ80 aber gefiel, also geriet der Allradantrieb in den Fokus der Frauen in Zeiten, als die Männer noch glaubten, mit fahrerischem Geschick verschneite Strassen überwinden zu können.
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Viel kühlendes Blech, wenig Haptik, kein Klappern.
Wir besteigen einen Suzuki LJ80 4x4 Jahrgang 1981. Viel Blech, wenig Verkleidungen, klappern tut aber das von Emil Frey Classic restaurierte Exemplar nicht. Es bewegt sich im Gelände wie ein Jungbrunnen, schmal wie es ist (1,46 m ), eckt es selbst dort nicht an, wo nicht nur ein Hummer die Waffen strecken muss. Eigentlich alles kapituliert, während der Suzuki unverdrossen weiter wühlt und in das Gestrüpp eines Naturwaldes abbiegt. Der originale Verkaufsprospekt von damals, mit dem Logo «Suzuki, mehr Spass am Verkehr» triffts genau. Es gibt kaum ein Geläuf, das den Kleinen in Verlegenheit bringt, es sei denn eine ausgedehnte Anfahrt. Die Sitzposition ist ok, und wenn man zu zweit fährt, kann man auch genügend Zeltaccessoires mitnehmen. Auf längeren Strecken erdrosselt sich der 0,8 Liter-Vierzylinder mit 41 PS fast von selbst. Immerhin; das Flatterverdeck verstaut, erlebt man ein grandioses Offenfeeling.
Jimny der Aktuelle
Einerseits gilt der Eljot heutzutage als sympathischer und günstiger Oldtimer, andererseits hält der mittlerweile als archaisch geltende und neu aufgelegte Suzuki Jimny die Fahne des frugalen 4x4 ungebrochen aufrecht. Das Mindeste an Assistenzsystemen, Heckantrieb, Allrad zuschaltbar, aber flotter (102 PS-Benziner): eine fröhliche Kiste, wie es das Urmodell vorgemacht hat, und unbedingt vergnügungssteuerpflichtig. In der von dicken SUVs überdüngten Szene bewahrt der Jimny nicht bloss das Kultpotential, sondern echten Fun beim Fahren. Im Nachsatz der Erbpleite 2003 gingen die Suzuki-Importrechte an die Frey-Gruppe und dort reiht sich der Jimny an der Basis in ein lückenloses Sortiment von über alle Räder angetriebenen Fahrzeugen bis hin zu den Jaguar-Sportwagen ein.

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