Printausgabe
Carte blanche: Lieber Herr Rösti
Philipp Ammon
Sehr geehrter Herr Bundesrat Rösti
Sie sind wirklich nicht zu beneiden. Sie haben in der Vergangenheit bezweifelt, dass der Klimawandel primär auf menschliche Treibhausgasemissionen zurückzuführen ist. Andererseits können Sie als SVP-Vertreter und studierter Agronom auch nicht laut sagen, unsere furzenden Kühe seien daran schuld, schliesslich gehören diese – bildlich gesprochen – zu Ihrer Wählerschaft. Auch haben Sie mal gesagt, die Massnahmen zum Schutz der Umwelt seien kontraproduktiv und «teuflisch». Und jetzt sind Sie auf einmal der oberste Umweltschützer der Schweiz, also der Teufel selber! Wahrlich, ich möchte nicht mit Ihnen tauschen.
Aber ich verrate Ihnen, wie Sie sich aus dieser Zwickmühle befreien können: Setzen Sie beim Thema Erderwärmung auf Einwanderung, da kennen Sie sich ja aus. Machen Sie Ihren AnhängerInnen die notwendigen Umweltmassnahmen mit nachhaltiger Migrationspolitik schmackhaft. Die SVP mag ja keine Wirtschaftsflüchtlinge. Und was sind Menschen, welche ihre Lebensgrundlagen verlieren, weil die Böden klimabedingt nichts mehr hergeben, und dann zu uns kommen?… Bingo, Wirtschaftsflüchtlinge! Klar, Sie bezweifeln, dass wir Konsummenschen in der gemässigten Klimazone für diese Auswirkungen verantwortlich sind, aber das ist ja das Praktische an Zweifeln: sie lassen sich gäbig in die andere Richtung biegen, diese Flexibilität ist ganz normal für einen Bundesrat.
Und schauen Sie, diese sogenannten Klimaflüchtlinge, die kümmern sich ja ebenso wenig um effektive Zusammenhänge; die verlassen ihr Land einfach, weil ihre Kühe nicht mehr furzen, sondern verdursten, warum auch immer. Und Sie wissen es am besten, Herr Rösti, sobald diese Menschen (viele von ihnen Bauern) dann bei uns sind, liegen sie uns nicht nur auf der Tasche, sondern – und jetzt wird es für einen Vorsteher des Umweltdepartements interessant – sie vergrössern mit dem Betreten der Schweiz auch automatisch ihren ökologischen Fussabdruck, denn sie wollen natürlich in unsere zivilisierten Fussstapfen treten, ist ja klar.
Also, Herr Bundesrat, verkaufen Sie Ihren Leuten die Klimamassnahmen als kleineres Übel. Sagen Sie ihnen: Wir lassen uns doch nicht von irgendwelchen dahergelaufenen Klimaflüchtlingen unsere nationale Ökobilanz vermiesen! Oder: Wer seine Ölheizung mit einer Wärmepumpe ersetzt, muss keinen Flüchtling aufnehmen. Kurz: weniger C02 = weniger Ausländer. Schütz das Klima, und du schützt die Schweiz, win-win!
Sie haben mal gesagt, die SVP sei die einzige Partei, die ihre Politik nicht am Wetter (das Klima, die Red.) orientiere. Aber eben, was interessiert uns Ihr Geschwätz von gestern? Denn die SVP ist auch die einzige Partei, welche eine strahlende Sonne im Logo hat, und nicht etwa ein AKW. Ich sage Ihnen, Herr Rösti, noch nie war ein Umweltminister derart auf Parteilinie: Isolation (der Fenster und Aussenwände), Unabhängigkeit (von ausländischer Energie) und (Klima-)Neutralität. Und da ist es auch völlig egal, ob die Sonne um die Schweiz kreist oder umgekehrt.
Herr Umweltminister – Sie schaffen das!
Hochachtungsvoll, E. Schweizer
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