Somms Memo
Bundesrat: Wer unvorsichtigerweise ein Mann ist, wird in der SP nichts mehr.
Cédric Wermuth und Mattea Meyer, Co-Präsident und Co-Präsidentin der SP.
Die Fakten: Die SP will nur weibliche Kandidaten für die Nachfolge von Simonetta Sommaruga. Das schlägt die Parteileitung vor.
Warum das wichtig ist: Die Revolution frisst ihre Kinder. Wer Mann und links ist, wird in der SP nie mehr etwas.
Wenn im 19. Jahrhundert in Amerika ein Geschäftsinhaber einen Angestellten suchte, brachte er manchmal ein Schild am Eingang an:
- «Help Wanted», stand da. «Wir stellen ein!» Und darunter schrieb er:
- «No Irish Need Apply» – Iren unerwünscht.
Zwar wird in der amerikanischen Geschichtsschreibung inzwischen gestritten, wie oft solche Inserate überhaupt auftauchten und ob es sich nicht um einen Mythos handelte, – in der Schweiz des 21. Jahrhunderts dagegen steht das Schild offenbar vor einem Comeback.
Die grösste linke Partei, die SP, ruft:
- «Bundesratskandidat gesucht» – um danach anzufügen:
- «Männer unerwünscht».
Selten hat eine Parteiführung die eigenen Leute, sofern männlichen Geschlechts, derart vor den Kopf gestossen.
- Jahre der Karriereplanung gingen in Rauch auf
- Das Leistungsprinzip kollabierte
- Eine Partei, die vorgibt, für Opfer einzustehen, macht andere zum Opfer, weil sie die Opfer von früher für die besseren Täter von heute hält
Das kann nicht aufgehen. Und es wird nicht aufgehen.
Seit Mattea Meyer und Cédric Wermuth, die Co-Präsidenten der Partei, diese offene Diskriminierung eines Geschlechts ankündigt haben, ist in der SP jedenfalls Feuer im Dach.
Noch hat sich nur Daniel Jositsch, Zürcher Ständerat und ein Mann, der seit Jahren als Bundesrat gehandelt wird, geäussert und das Vorgehen öffentlich kritisiert, (da es ihm die weiteren beruflichen Aussichten verhagelt hat.) Doch im Bauch der Partei rumort es gewaltig.
- SP-Männer sagen Interviewtermine ab, weil sie nicht zum Thema reden wollen. Haben sie Angst, die Contenance zu verlieren?
- Deutschschweizer SP-Männer nerven sich über ihre welschen männlichen Kollegen, weil diese auffällig oft nun Deutschschweizer Frauen als Kandidatinnen über den grünen Klee loben
- während Deutschschweizer Männer die welschen Frauen als politische Genies entdeckt haben. Selten war so viel Freundliches über linke Westschweizerinnen zu hören
Ursache des Kampfes der Titanen: Die SP stellt zwei Bundesräte, eine Frau und einen Mann, einer kommt aus der Deutschschweiz, einer aus dem Welschland.
- der Deutschschweizer Sitz war bisher von Simonetta Sommaruga besetzt worden, die jetzt zurücktritt
- der welsche von Alain Berset, der noch ausharrt (– wie lange, weiss kein Mensch, womöglich selbst Berset nicht)
Alles schien in bester Ordnung in einer Partei, die die Welt mit Quoten und Identitäten retten will, es war ein kluges, wohl austariertes Arrangement, mit dem alle leben konnten – sofern es auf Zeit galt.
Denn die Deutschschweizer Männer wollen natürlich auch wieder einmal Bundesrat werden.
So gab es eine unausgesprochene Übereinkunft, dass der Männersitz irgendwann wieder in die Deutschschweiz gelangen sollte. War es nicht unfair, wenn die welschen Männer, die aus der viel kleineren Sprachregion stammen, diesen Sitz auf ewig für sich monopolisieren?
Dann trat Sommaruga zurück, und Meyer/Wermuth meinten schon wenige Stunden danach, diese stille Übereinkunft in die Luft sprengen zu müssen.
- Das war taktisch ungeschickt
- Strategisch eine Sackgasse
- Vor allen Dingen: überflüssig
Tatsächlich steht es der Fraktion ja immer frei, nur Frauen als Kandidaten vorzuschlagen – in einer geheimen Wahl, ohne dass man Männer von vorneherein wie Iren hätte behandeln müssen.
Das wäre taktisch eleganter gewesen, und strategisch klüger.
Denn die SP hat ein Männerproblem.
Schon heute wird die Partei von mehr Frauen gewählt als von Männern. Und diese Wählerinnen erweisen sich zusehends als ausgesprochen männerfeindlich:
- Wenn sie eine Wahlliste mit männlichen und weiblichen Kandidaten sehen, dann packt sie offenbar die Wut. Systematisch streichen sie alle Männer
- Seit den Nationalratswahlen 2019 bis im Januar 2022 hatte die Partei in kantonalen Wahlen insgesamt 31 Sitze verloren, davon waren 30 von Männern besetzt worden, nur eine Frau wurde abgewählt
Die Revolution frisst ihre Kinder. Welche Partei hat jahrelang von der angeblichen Diskriminierung der Frauen gesprochen, selbst zu einem Zeitpunkt noch, da die formelle Gleichstellung längst erreicht war?
- Die SP
Wer ortet überall toxische Männlichkeit, selbst wenn es um linke Männer geht, die sich brav in feministischen Lesegruppen hatten ausbilden lassen?
- Die SP
Kann es vor diesem Hintergrund erstaunen, dass die sozialdemokratischen Wählerinnen die Konsequenzen ziehen und selbst linke Männer in die Wüste der männlichen Einsamkeit schicken?
Angesichts der Tatsache, dass die Verhältnisse bei den Grünen nicht eben männerfreundlicher erscheinen und selbst die GLP unwirtlich geworden ist, stellt sich die Frage, wohin sich linke Männer, die die Welt verbessern wollen, in Zukunft wenden?
Womöglich gar nirgendwohin. Sie interessieren sich einfach nicht mehr für Politik und kümmern sich stattdessen um den Haushalt und ihre Kinder.
Marilyn Monroe, Schauspielerin und Lebensberaterin.
Oder vielleicht finden die linken Männer Trost bei Marilyn Monroe, der amerikanischen Schauspielerin, die einmal sagte:
«Karriere ist etwas Herrliches, aber man kann sich nicht in einer kalten Nacht an ihr wärmen.»
Ich wünsche Ihnen einen prächtigen Wochenbeginn
Markus Somm