Printausgabe

Bei dunklen Wolken braucht jeder einen Schirmonazzi

image 27. Februar 2023 um 08:00
Ian Marsden
Ian Marsden
Rettungsschirme feiern Hochkonjunktur. Hätte man das früher gewusst, wäre eine Investition in eine Herstellerfirma von solchen mehr als lohnenswert gewesen. Unlängst brauchte die Axpo einen, der Swiss verhalf er zu einer weichen Landung und nicht zu vergessen die UBS, die von bestbezahlten Managern erfolgreich in die Finanzkrise manövriert wurde. International gesellen sich dazu Griechenland oder die deutschen Banken.
Und der Markt ist noch lange nicht erschöpft. Vielleicht wäre es angebracht, neben jeden Defibrillator an öffentlichen Orten zusätzlich einen Rettungsschirm zu montieren. Nicht zuletzt im Bundeshaus würde sich diese Investition rechnen. Der wohl bekannteste Rettungsschirm dort heisst André Simonazzi. Seines Zeichens Vizekanzler, Bundesratssprecher und jeweils in beratender Funktion für die Bundespräsidentin oder den Bundespräsidenten.

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Heuschrecken degustieren

In diesem Jahr ist er demnach so eine Art Babysitter für Alain Berset, das vergnüglich fliegende, konspirierende Enfant terrible der Landesregierung, das gerne in den Schwarzwald fährt. Eine Kindergärtnerin würde ob einer solchen Herkulesaufgabe schon vorsorglich ein Burnout anmelden. Kaum hatte das Jahr begonnen, musste der Rettungsschirm erstmals geöffnet werden.
Der Primus inter Pares musste bezüglich seiner Corona-Informationspolitik mit Ringier zuerst vor seinen Bundesratskolleginnen und -kollegen die Hosen herunterlassen und dann vor den Medien. Sekundiert von André Simonazzi. Dessen Gesichtsausdruck erinnerte dabei an eine Degustation mit frittierten Heuschrecken. Dabei machte ihm höchstens noch Berset selbst Konkurrenz. Heroisch stürzte sich Simonazzi in die fragenden Speerspitzen der Medien. Diese besannen sich, nach Coronajahren des Etatismus, für kurze Zeit ihres Auftrags und stellten kritische Fragen.
Die Bilder erinnerten stark an jenes Tribunal, zusammengesetzt aus Schulvorsteher, Klassenlehrerin und Eltern, das zusammen ein Geständnis aus dem Beschuldigten herauspresste. So wurde der Fall mit dem illegal eingeführten Alkohol im Skilager aufgeklärt. Damals gab es keinen Rettungsschirm. Wie gerne hätte man da einen Schirmonazzi an der Seite gehabt.

Der Vizekanzler kanzelt

Als die Fragen an Berset allzu kritisch wurden, «ob die vollumfängliche Zusammenarbeit mit der Untersuchungskommission auch die private Korrespondenz einschliessen würde», gestellt von ‹Nebelspalter›-Kollege Dominik Feusi, schüttelte der Bundespräsident nur bedröppelt den Kopf. Der Kragen platzte Vizekanzler Simonazzi. Dieser kanzelte die Frage ab, womit jetzt auch geklärt ist, woher seine Bezeichnung stammt, und brach die Fragerunde abrupt ab.
Übrigens: Der jugendliche Schmuggler von Alkohol musste neben einer schriftlichen Entschuldigung vier Mittwochnachmittage beim Bohnern von Schulhausböden sein Verhalten reflektieren. Man hört, es wäre zielführend gewesen und hätte aus dem jungen Mann doch noch ein brauchbares Mitglied der Gesellschaft gemacht.

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