Bundeshaus-Briefing #11
Albert Rösti, Stromversorgung, Milliarden für die Ukraine
Im Abstimmungskampf mit sich selber: Bundesrat Albert Rösti. (Archivbild: Keystone)
Willkommen zum Bundeshaus-Briefing Nummer 10 des Nebelspalters. Hier lesen Sie, was nächste Woche aktuell ist.
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Der Abstimmungskampf über die Vorlagen vom 18. Juni ist eher flau. Umfragen sehen deutliche Ja-Mehrheiten voraus. Der SP gelingt es nicht, mehr als ihre Basis und jene der Grünen gegen eine Erhöhung der Unternehmenssteuern zu mobilisieren. Das Referendumskomitee gegen die Verlängerung des Covid-Gesetzes bleibt im Biotop der schrillen Anti-Corona-Szene hängen und die SVP erreicht beim Kampf gegen das Klimaschutzgesetz zwar die Hälfte der FDP-Basis. Die Taktik der Befürworter, mit Zielen, aber wenig Massnahmen eine Zustimmung zu mehr Klimaschutz zu bekommen, scheint aufzugehen.
Umso mehr interessiert der Rollenwechsel des Umweltministers Albert Rösti (SVP). Der frühere Co-Präsident des Referendumskomitees gegen das Gesetz muss es nun verteidigen. Er tut dies nicht nur mit der dem Kollegialitätsprinzip geschuldeten Minimum, sondern tritt auch an Abstimmungsveranstaltungen für das Gesetz auf. Die SVP muss ihn angreifen und tat dies diese Woche mit einem Video auch. Von einer mindestens stillschweigenden Vereinbarung zwischen der Partei und ihrem Bundesrat darf ausgegangen werden. SVP-Nationalrat Michael Graber (VS) brachte es in der SRF-Sendung Rundschau auf folgende Formel (Quelle):
Gleichzeitig wiederholt Rösti mit stoischer Gelassenheit, dass «Verbiegen» zur Aufgabe eines Bundesrates gehöre:
Die Gegner des Gesetzes seien ihm gut bekannt, sagte er mit Schalk bei der Arbeitsgemeinschaft Wirtschaft und Gesellschaft in Sempach. Was auffällt: Mit Ankündigungen und Versprechen für die Zeit nach dem Abstimmungssonntag hält er sich zurück. Röstis Taktik ist deutlich erkennbar: Der 18. Juni ist bald vorbei. Der Wert eines Gesetzes mit blossen Zielen gering. Danach beginnt eine neue Ära in der Klimapolitik. Dafür setzte er schon im Januar einen neuen Akzent, den er seither immer wiederholt: Klimapolitik fange mit Energiepolitik an, nicht umgekehrt. Und er wolle dabei «nicht mit Scheuklappen» an die Arbeit gehen. Das würde eine komplette Änderung der Klimapolitik bedeuten – weg von der Symbolpolitik zu einer sachlich abgestützten und deshalb funktionierenden Vorgehensweise.
Fazit: Der Rollenwechsel Albert Röstis interessiert jetzt die Medien. Seine eigentliche Bewährungsprobe beginnt aber 19. Juni.
Was nächste Woche aktuell wird
Nächste Woche startet die Sommersession der eidgenössischen Räte. Das bedeutet drei Wochen Politikbetrieb in der Öffentlichkeit statt hinter geschlossenen Türen von Kommissionszimmern.
Der Ständerat debattiert in der ersten Woche vor allem über Energiepolitik. Der sogenannte «Mantelerlass» für eine sichere Stromversorgung, soweit dies mit erneuerbaren Energien möglich ist, sieht einfachere Verfahren für den Bau von Kraftwerken vor. Der Ständerat steht aber im Vergleich zum Nationalrat auf der Bremse, sei es bei den Restwassermengen oder einer Solardachpflicht.
Mit dem «Windexpress» kommt nach dem «Solarexpress» eine Beschleunigungsvorlage für den Bau von Windturbinen in den Ständerat. Ganz so schnell wie der Nationalrat will es aber die vorberatende Kommission nicht angehen. Standortgemeinden müssen einem Projekt zugestimmt haben, damit es beschleunigt wird und die Kantone sollen nicht einfach ausgeschaltet werden. Klar ist schon jetzt: «Mantelerlass», «Solar- und Windexpress» dürften weniger Energie bringen, als die Schweiz dringend braucht. Die Stromversorgung bleibt unsicher.
Auch ein Kompromiss zur Änderung des Kriegsmaterialgesetzes kommt am Donnerstag in den Ständerat. Der Bundesrat könnte dann ausnahmsweise eine Wiederausfuhr von Kriegsmaterial genehmigen, wenn der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen oder zwei Drittel der UNO-Generalversammlung einen Verstoss gegen das völkerrechtliche Gewaltverbot erkannt haben. Der ursprüngliche Vorschlag des Ständerates mit einer generellen Lockerung des Gesetzes (und damit einer Sicherung der Schweizer Rüstungsindustrie) fand im Nationalrat keine Gnade.
Der Nationalrat behandelt in der ersten Sessionswoche zahlreiche eigene Vorstösse. Weil Hunderte von Motionen und Postulaten nach zwei Jahren abgeschrieben werden, ohne dass sie behandelt wurden, ist insbesondere Links-grün dazu übergegangen, Vorstösse in den Kommissionen zu beantragen. Kommen sie dort durch, werden sie als «Kommissionsmotionen» auch im Rat behandelt.
Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates beantragt deshalb die Unterstützung der Ukraine mit Hilfsgütern für fünf Milliarden Franken. Die Aussenpolitiker sind nicht zufrieden mit den vom Bundesrat bis jetzt gesprochenen Hilfsgeldern. Das Geld soll «die humanitäre Hilfe, den Schutz der Zivilbevölkerung, die Minenräumung, die Friedensförderung oder die Stärkung der zivilen Infrastruktur» ermöglichen. Das Geld soll die bestehende Entwicklungshilfe «ergänzen». Das heisst. Im Kern geht es um die jedes Jahr im Rahmen des Budgets debattierte Frage, wie hoch das Budget für die Entwicklungshilfe sein soll. Genau deswegen sind SVP, FDP und einzelne Parlamentarier der Mitte gegen den Vorstoss.
Die Renteninitiative der Jungfreisinnigen wird im Nationalrat ebenfalls beraten. Der Ständerat hat einen Gegenvorschlag abgelehnt. Das dürfte auch im Nationalrat der Fall sein. Das Parlament will nichts wissen von einer Entpolitisierung des Rentenalters – auch wenn dies den Kern des Problems lösen würde. Kein Parlament stimmt gerne der eigenen Entmachtung zu. Die Mehrheit der vorberatenden Kommission wartet lieber auf die nächste Reform des Bundesrates, die bis 2026 erwartet wird.
Mitinitiant der Renteninitiative: Andri Silberschmidt (FDP, ZH). (Bild: Keystone)
Zu achten ist auf:
- Bundesrat Albert Rösti: Wie schlägt er sich im Ständerat beim «Mantelerlass» und beim «Windexpress»? Für welche Beschleunigungen setzt er sich besonders ein?
- FDP-Fraktion: Stimmt die Fraktion im Nationalrat geschlossen für die Renteninitiative oder gibt es Abweichler? (Nachtrag: mindestens genau so wichtig sind Abweichler aus der SVP-Fraktion)
- Mitte-Ständeräte: Halten Sie am Beschluss in Sachen Teuerungsausgleich des Bundespersonals fest?
Was sonst noch läuft
Der Ständerat behandelt am Mittwoch den Nachtragskredit zum Budget, der den Teuerungsausgleich für das Bundespersonal enthält. Bundesrat Ueli Maurer hat im November dem Personal 2,5 Prozent versprochen. Das Parlament hat im Dezember jedoch nur zwei Prozent bewilligt. Für die Differenz von gut 31 Millionen Franken muss sich nun Bundesrätin Karin Keller-Sutter (FDP) einsetzen. Die Finanzkommissionen beider Räte lehnen diesen Teil des Nachtragskredites ab. Bleibt es dabei, müssen die Departemente das Geld bei sich selber einsparen.
Und dann geht es gleichentags im Ständerat um eine Motion des Nationalrates, welche Anreize setzen will, damit Rentner über das eigentliche Pensionsalter hinaus arbeiten. Geprüft werden sollen Steuerabzüge, Steuerbefreiung ab einem bestimmten Mindesteinkommen oder die Senkung der Einkommenssteuer.
Der Nationalrat beugt sich über die Initiative «Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit», welche die Impfpflicht und ein Impfzertifikat unmöglich machen will. Ausser der SVP stimmte in der vorberatenden Kommission niemand für das Anliegen und (fast) niemand für einen Gegenvorschlag. Es sei zu allgemein formuliert und die Auswirkungen deshalb viel grösser als bloss auf das Thema «Impfen». Die von der Initiative aufgeworfenen Fragen dürften mit einer Revision des Epidemiengesetzes sowieso auf die Traktandenliste kommen.
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